Refrath hat ein Verkehrsproblem und beim neuen Mehrgenerationen-Park gibt es Nachbesserungsbedarf.
Serie „Ein Tag in. . .“In Refrath vollzieht sich gerade ein Generationenwechsel
Mit dem Mehrgenerationen-Park gibt es ein neues Highlight, bei dem aber noch Nachbesserungsbedarf besteht. Abgesehen von starkem Durchgangsverkehr gibt es in Bergisch Gladbachs drittgrößtem Stadtteil Refrath wenige Probleme, und es lebt sich gemütlich.
Am Brunnen vor dem Peter-Bürling-Platz sitzt der Kölner Stefan Tomecki: „Ein paar Mal in der Woche komme ich mit dem Fahrrad hierhin“, erzählt er. In Neubrück, wo der 69-Jährige wohnt, sei es langweilig: „Hier am Springbrunnen ist immer etwas los.“ Nachdem er sich einen Kaffee am Kiosk an der Dolmanstraße geholt hat, setzt sich der Rentner auf „seine“ Bank, die heute frei ist, und macht eine Pause.
Kommt ein Windstoß, wehen Spritzer der meterhohen Fontäne zu Tomecki hinüber – eine echte Erfrischung an einem Sommertag wie diesem. An seinem Lieblingsort stört ihn nur eins: „Der Autoverkehr von der Dolmanstraße ist wirklich sehr laut“, meint der Besucher aus Köln.
Bis zum Springbrunnen hat es Eva Brennecke mit ihren beiden kleinen Töchtern Pauline (3) und Luise (11 Monate) nicht geschafft. Pauline spielt Kaufmannsladen auf dem kleinen Spielplatz auf dem Peter-Bürling-Platz, zu dem noch ein Kletterstapel und ein Rutschehäuschen gehören.
Vor einem Jahr sind die Brenneckes aus Köln-Ehrenfeld hierhin gezogen: „In Refrath kann man alles für den Alltag fußläufig oder mit dem Fahrrad erledigen.“ Sie lobt den Wochenmarkt am Freitag und den kleinen Biomarkt am Dienstag. Und natürlich die gute Anbindung über die Autobahn oder mit der Straßenbahn nach Köln, wo sie und ihr Mann arbeiten.
Im Ortszentrum vermisst die junge Mutter nette Cafés. Vor allem aber fehle ein abwechslungsreicher Spielplatz: „Das hier ist ja wirklich Mini.“ Aber Brennecke ist sich sicher: „Das wird sich bald wandeln“, in Refrath finde gerade ein Generationenwechsel statt: „Hier wohnen sehr viele Familien mit Kindern.“
Im Eiscafé La Piazza sind alle Tische besetzt. „Heute Abend bin ich bestimmt zehn Kilometer gelaufen“, sagt Anabela Chirico. Zur Seite stehen ihr im Familienbetrieb Guiseppe, Enzo und Maria Cannizaro: sieben Tage die Woche von morgens bis abends. Wie man das schafft? „Mit Fleiß“, sagt Enzo und füllt gerade eine Kugel Popcorn-Eis, die neueste Kreation, in ein Hörnchen.
„Wir haben viele Stammgäste, die jeden Tag kommen, zum Glück auch bei schlechtem Wetter.“ Sie seien zufrieden mit dem Standort. Eines will Anabela Chirico aber noch loswerden: „In Refrath fehlt eine öffentliche Toilette.“ Immer wieder ärgere sie sich über Passanten, die ungefragt ihre Sanitäranlagen benutzten.
Das Gesicht der Einkaufsstraße Siebenmorgen prägen immer noch alteingesessene Geschäfte. Klaus Garvens, der gerade sein Fahrrad anbindet, betont: „Mir fehlt hier nichts. Es ist alles da, was ich brauche.“ Die Radwege seien auch ok. Herausfordernd sei der Straßenverkehr, meint er und blickt in Richtung Dolmanstraße, wo die Autos fast täglich Stoßstange an Stoßstange stehen.
Garvens ist in Refrath aufgewachsen und erinnert sich an seine Jugend, als er sich mit seinen Freunden am Kahnweiher getroffen hat. „Wenn ich hierhin komme, habe ich immer ein Gefühl von Heimat.“ Auch wenn sich in seinem Dorf, wie viele Einheimische Refrath in einem liebevollen Ton nennen, viel verändert habe: „Alle wollen eben im Speckgürtel von Köln leben.“
In der City selbst funktioniert das Nebeneinander der Verkehrsteilnehmer dafür aber noch mit einer gewissen Lässigkeit. Aktuell wird es vor allem in der Einfahrt zur Kirche St. Johann Baptist eng, weil Baufahrzeuge hin und her fahren zur Rückseite des Rewe-Marktes, der gerade renoviert wird.
Auf dem Kirchplatz hat sich der öffentliche Bücherschrank zu viel mehr als nur zu einem Ort, entwickelt, an dem man sich mit Lektüre eindecken kann. Er ist zu einem Ort des Austausches geworden. Gerade heute, wo das Café Credo geschlossen ist, hält er den Ort lebendig. „Ich habe schon einige Bücher hierher gebracht. Das ist sehr praktisch“, sagt Dörte Horbach und fügt hinzu: „Refrath ist nicht mehr mein Dorf.“
Der Charakter vom Leben im Grünen sei verloren gegangen durch den Bau der vielen neuen Mehrfamilienhäuser, die Einfamilienhäuser ersetzen. „Aber irgendwie kann man es auch verstehen. Wohnungen sind knapp.“ Sebastian Vornweg, vor sechs Jahren wegen des Jobs nach Refrath gezogen, findet heute im Schrank nichts für seine dreijährige Tochter. Als Vater bedauert er ebenfalls, dass es keinen attraktiven Spielplatz gebe.
Wie eine Oase wirkt das alte Herrenhaus an der Steinbreche. „Im ältesten Haus Refraths wohnt es sich sehr gut“, freut sich Robert Peters (64), der sich als Mieter einer Erdgeschosswohnung vorstellt. Seit kurzem sei er Rentner und widme sich nun ganz seiner Hausmeistertätigkeit im Bürgerzentrum. Richtig froh sei er darüber, dass er es sich im Ruhestand nicht mehr jeden Morgen antun müsse, sich auf die Dolmanstraße einzufädeln. Besonders an Refrath gefalle ihm „das lebendige, offene und herzliche Vereinsleben.“
Etwas verloren wirkt Lena Nickel mit ihrem Baby im Tragetuch und Sohn Iwen an der Hand im Mehrgenerationen-Park, dem neuen Anziehungspunkt an der Wilhelm-Klein-Straße. „Man kann hier schön verweilen, aber austoben können sich Kinder hier nicht“, bedauert sie. „Es gibt so viele Kinder in Refrath. Eine Schaukel oder eine Rutsche müssten hier noch hin“, findet sie. Ihr dreijähriger Sohn sei schnell durch gewesen: einmal hin und her auf der Balancierstange. Einmal hüpfen auf dem ebenerdigen Trampolin, das für Rollstuhlfahrer gedacht ist.
Achim Culmann, direkter Anwohner und leidenschaftlicher Boule-Spieler, wundert sich über die Konstruktion der neuen Bahn. „Sie hat eine Schräglage.“ Wirft man eine Kugel, rollt sie zum Schluss automatisch zur Seite weg. „Wir sind glücklich, eine neue Bahn zu haben, aber das müsse man wissen“, sagt er. Auch hätten der Zugang für Rollstuhlfahrer und der Weg entlang der Bahn breiter sein müssen. Culmann geht davon aus, dass auch in anderer Hinsicht noch Arbeit auf Stadt-Grün zukommen könne: Bei dem starken Regen in den vergangenen Tagen ist der komplette Weg zur Haltestelle geflutet worden. Auf einem Foto sieht der Park aus wie ein See.
Und noch eine andere Befürchtung der Anwohner scheint sich zu bewahrheiten. Nachts wird die Anlage offenbar zu einem Treffpunkt für Jugendliche. Wie eine Anwohnerin, die direkt gegenüber wohnt, erzählt, hätten Mitglieder des Bürger- und Heimatvereins zig Zigarettenkippen nach dem Wochenende eingesammelt. Die Sorge sei jetzt groß, dass sich der Ort zu einer Kiffer-Szene entwickle.
Drei Fragen an Jaqueline Höhner vom Vorstand der IG Refrath
Das wichtigste Motiv ins Stadtzentrum zu kommen, ist einzukaufen. Was hat Refrath zu bieten?
Refrath bleibt für mich immer mein liebevoll genanntes kleines „Örtchen“. Mit seiner gemütlichen, kleinen Atmosphäre bietet Refrath genau das, was ich für das Wohnen und den täglichen Bedarf benötige.
Vermissen Sie etwas in Refrath?
In Refrath vermisse ich als Mutter von zwei Kleinkindern einen schönen, großen und ausgefallenen Spielplatz. Ebenso fehlt ein gemütliches, lockeres „Tanz-Lokal“, in dem man den Abend mit dem Partner oder der Partnerin oder Freunden entspannt ausklingen lassen kann.
Ein Reizthema ist der tägliche Stau auf der Dolmanstraße. Was müsste sich ändern?
Hier in Refrath selbst lassen sich viele Dinge bequem zu Fuß oder mit dem Fahrrad erledigen. Die Dolmanstraße ist dabei unsere Hauptstraße. Täglich passieren hier tausende Autos, die zu verschiedenen Zielen gelangen möchten. Staus lassen sich in diesem Zusammenhang kaum vermeiden, besonders wenn gleichzeitig mehrere Baustellen vorhanden sind.
Die Serie „Ein Tag in...“
Ohne feste Termine ganz nah an die Menschen kommen – dafür machen sich unsere Redakteurinnen und Redakteure auf den Weg. Meist betreuen sie die jeweilige Kommune schon seit Jahren. Vor Ort treffen sie Bekannte und bekannte Themen. Aber eben auch ganz Neues und neue Gesichter. Gesucht ist auch der andere Blick, die andere Meinung. Jeder „Tag in...“ ist eine Wundertüte.