Häuser zu Schnäppchenpreisen?So laufen Zwangsversteigerungen in Bergisch Gladbach ab
Bergisch Gladbach – Begleitet von zwei Justizwachtmeistern sind die Rechtspflegerinnen Lara Schmidt und Simone Nenn aus dem Gerichtsgebäude unterhalb des Bensberger Schlosses in die Aula des Albertus-Magnus-Gymnasiums umgezogen.
Einen Riesensturm von Immobilieninteressenten bei der Zwangsversteigerung um 11.30 Uhr erwarten sie zwar nicht, aber: „Wir wissen bei der Festlegung der Termine noch nicht, welche Coronaschutzmaßnahmen zwei Monate später gelten werden und wollen nicht in die Verlegenheit kommen, eine Auktion wegen zu kleiner Räume im Gericht kurzfristig absagen zu müssen“, erklärt Lara Schmidt die Wahl der Location. Auch der Zeitpunkt der Auktion ist mit Bedacht gewählt: Damit sich nicht ganze Schulklassen in die öffentlichen Versteigerungen verirren und damit die behördliche Gesundheitsvorsorge zunichte machen, finden die Aula-Auktionen nur während der Schulferien statt.
Knapp ein Dutzend Personen in der Bensberger Aula
Heute ist die gut belüftete Schulaula von Überfüllungs-Gefahr besonders weit entfernt. Auf den Stuhlreihen verliert sich knapp ein Dutzend Personen: zwei gemischtgeschlechtliche Paare, ein männliches Paar und ein paar Einzelpersonen, darunter der Gläubiger, sein Anwalt und eine Justiz-Auszubildende. Unter den Hammer kommt ein 400 Quadratmeter großes Grundstück in Kürten-Breibach. Nicht erste Sahne, denn vor einer Bebauung muss noch ein Kanal umgelegt werden, außerdem Hanglage.
Mehr als 20 Minuten lag stellt Lara Schmidt den Besuchern Grundstück und rechtlichen Rahmen vor, weist darauf hin, dass sich die Interessenten die maßgeblichen Unterlagen im Internet anschauen konnten und auch jetzt noch Gelegenheit zur Einsichtnahme haben. Den Verkehrswert hat ein Gutachter auf 79.000 Euro festgelegt, für weniger als „fünf Zehntel“ davon, also 39.500 Euro, sei das Grundstück aber nicht zu kriegen.
Bergisch Gladbach: Vom Eigentümer nichts zu sehen
Mehr muss es aber auch nicht werden, denn mit diesem Erlös wären die jeweils nur vierstelligen Forderungen des die Zwangsversteigerung betreibenden Immobilienbüros sowie der Gemeinde Kürten gegen den Eigentümer gut zu begleichen. Von dem Eigentümer ist an diesem weit und breit nichts zu sehen und zu hören.
Um 11.51 Uhr endlich beginnt die „Bieterstunde“, die in Wirklichkeit eine halbe Stunde ist. Wer bieten will, melden sich, geht zu den beiden Rechtspflegerinnen auf die Bühne, nennt sein Angebot und weist sich mit einem Ausweis aus. 43.000 Euro lautet das erste Angebot, es stammt von einem der beiden gemischten Paare. Dann ist erst einmal Ruhe, nichts passiert, außer dass der Anwalt des Schuldners nachfragt, warum die Veranstaltung in der großen Aula stattfinde und den Hinweis auf Corona zur Antwort bekommt: „Manchmal kommt keiner, manchmal kommen 80 – man weiß es vorher nicht“, sagt Schmidt.
Besuch für Interessenten zu empfehlen
Wieder ist Ruhe, bis um 12.08 Uhr das männliche Paar den Saal verlässt, ohne ein Gebot abgegeben zu haben. „Wir haben häufiger Interessenten aus anderen Bezirken, die sich erst einmal über den Ablauf von so einer Versteigerung informieren wollen“, sagt Nenn hinterher. So ein Besuch könne Interessenten nur empfohlen werden, damit sie sich besser zurecht fänden, wenn es wirklich mal so weit sei.
In die Ruhe hinein fragt der Anwalt noch einmal: „Noch zwei Minuten?“ „Noch vier“, antwortet Schmidt, und als sie dann anhebt, ganz langsam „Zum Ersten, zum Zweiten…“ zu zählen, meldet sich die Frau des zweiten Paars: „45!“ Bei den 45.000 Euro bleibt es am Ende auch, weitere Meldungen gibt es nicht, die Bieterin erhält den Zuschlag. Sie habe das Grundstück nicht gekauft, um für sich selbst ein Haus zu bauen, sondern es gehe um ein Bauträgergeschäft, sagt sie, aber freuen über das Ergebnis tue sie sich trotzdem: „Ich bin zufrieden.“
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Die 43.000 Euro, die sie zahlen muss, sind gerade etwas mehr als die Hälfte des Verkehrswertes. Für die beiden Rechtspflegerinnen kommt das magere Ergebnis nicht überraschend. Von einem Boom bei den Zwangsversteigerungen könne aktuell keine Rede sein. Viele Interessenten warteten ab, seien vorsichtig, wüssten nicht, was die Zukunft bringe – für Leute mit Geld und Nerven eine gute Zeit für Schnäppchen.