Mit einer Vorkaufssatzung kann die Stadt das Areal der Pappenfabrik Wachendorff erwerben. Die Politik unterstützt das Vorhaben
PlanungBergisch Gladbach will sich Vorkaufsrecht für Wachendorff sichern

Der Zugang zum Wachendorff-Gelände, bevor s abgeriegelt wurde
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„Wachendorff“: Die Brache der alten Pappenfabrik im Bergisch Gladbacher Stadtteil Gronau rückt, neben der Papierfabrik Zanders in der Stadtmitte, in den Mittelpunkt des Interesses. Es gibt eine neue Entwicklung: Die Stadt plant den Zugriff auf das Industriegelände und den angrenzenden Bereich Kradepohl.
Mit einer Besonderheit im kommunalen Planungsrecht kann das gelingen: Einer Satzung für ein außerordentliches Vorkaufsrecht stimmte am Donnerstagabend der Gladbacher Planungsausschuss einstimmig zu. Die Abstimmung im Rat Anfang April ist Formsache. Nach der dann unmittelbar folgenden Bekanntmachung im Amtsblatt ist die Satzung rechtskräftig.
Rat muss zustimmen
Das könnte schon am 10. April der Fall sein, dem Tag nach der Ratssitzung. Sollten die Grundstücke am Kradepohlsmühlenweg irgendwann zum Verkauf kommen, kann sich die Stadt die Immobilien sichern. Und damit entscheidenden Einfluss auf die Entwicklung der sechs Hektar großen Industriefläche im Stadtteil Gronau nehmen. Das ist die Absicht.
Denn Wachendorff gilt als wichtiger Baustein der Stadtentwicklung, mit Ideen für sozialen Wohnungsbau, Seniorenanlagen und einer Grundschule auf dem Gelände. Bei der Papierfabrik Zanders in der Stadtmitte, mit 37 Hektar deutlich größer, war die Stadt mit einem Vorkaufsrecht ebenfalls in die Planungen eingestiegen, der seinerzeitige Eigentümer Mutares AG hatte mit der Papiersparte nichts mehr anfangen können.
Planungen laufen weiter
Auch am Gleisdreieck, ebenfalls in Gronau, hat sich die Stadt im Zuge eines Vorkaufsrechts die Grundstücke gesichert, dies im Kontext des S11-Ausbaus. Eigentümer des Wachendorffgeländes ist die Firma CG Elementum. Nach ihren jüngsten Aussagen laufen die Planungen für ein großes Neubaugebiet unverändert weiter. Nach der kurzzeitigen Insolvenz der Mutterunternehmung herrscht in Verwaltung und Politik allerdings Skepsis vor.
CG Elementum betonte gegenüber der Stadt bislang, dass diese Insolvenz keinerlei Auswirkungen auf das laufende Verfahren habe. Im vergangenen Jahr gab es laut Stadt aber nur eine Artenschutzprüfung für die sechs Hektar, der Bebauungsplan sei nicht vom Fleck gekommen. Intern sei bereits über eine Herabstufung aus den wichtigsten Planungsverfahren nachgedacht worden.
450 Wohnungen geplant
Die Vorkaufssatzung ist jedenfalls eine unmittelbare Reaktion auf die jüngsten Vorgänge. Ob es tatsächlich zum Erwerb der Immobilie kommt, bleibt aber abzuwarten. Die CG Elementum beabsichtigt bislang, für rund 306 Mio. Euro das Gelände zu erschließen, rund 450 Wohneinheiten sollen entstehen, in mehreren bis zu zwölfgeschossigen Gebäuderiegeln.
Kita und Seniorenheim soll es geben, das Projekt im beschleunigten Planungsverfahren entstehen. Im Juli 2022 hatte die Stadt die Aufstellung eines Bebauungsplans beschlossen. Über einen tatsächlichen Grundstückserwerb und eine Kauffinanzierung soll der Rat später entscheiden.
Politik unterstützt
In der Politik herrschte angesichts der als Tischvorlage kurz vor der Sitzung eingereichten Information keine Überraschung. Es ist daher anzunehmen, dass Bürgermeister Frank Stein (SPD) und sein Erster Beigeordneter Ragnar Migenda (Grüne) vorab die Fraktionen informiert hatten. „Wir müssen uns für alle Eventualitäten wappnen. Plan B zu haben, ist gut“, sagte die Co-Fraktionsvorsitzende der Grünen Theresia Meinhardt.
Für die CDU unterstützte Sprecher Hermann-Josef Wagner im Schulterschluss: „Wir sind den Bürgern schuldig, dass aus dieser Brache endlich was wird.“ Es müsse sich jetzt was beim Eigentümer bewegen. „Es sieht allerdings nicht danach aus.“ Bevor andere Investoren das Grundstück in die Hände bekämen, müsse die Stadt handeln. Die Satzung sei ein „gutes Zeichen“, meinte Corvin Kochan (SPD).
Bis 2003 produziert
Auf den in erheblichen Umfang dort geplanten geförderten Wohnungsbau wies der Ausschussvorsitzende Andreas Ebert (SPD) hin, von einer „klaren Kante“ sprach der SPD-Fraktionsvorsitzende Klaus W. Waldschmidt. Das Gelände an der Strunde ist einer der ältesten Industriestandorte im Stadtgebiet, seit dem Jahr 1740 sind unterschiedliche Mühlen urkundlich nachgewiesen. Derzeit ist das Areal durch Absperrungen hermetisch abgeriegelt.
Von außen ist kaum erkennbar, dass es sich um eine sehr große Immobilie handelt. Bis 2003 produzierte hier die Pappenfabrik C.F. Wachendorff. 1873 hatte Unternehmer Carl Friedrich Wachendorff den Standort von der Papierfabrik Zanders abgekauft, Wachendorff gilt als einer der Industriepioniere der Stadt.
Krepppapiere und Packpapiere
Krepppapiere und wasserdichte Packpapiere produzierte Wachendorff, in den 1930er Jahren waren 160 Mitarbeiter beschäftigt, in den 1980ern sogar 240. 1959 baute man ein Zweitwerk in Bergisch Gladbach, Hartteile aus Pappe für die Innenverkleidung von Pkw entstanden. 1990 übernahmen die Wanderer-Werke Wachendorff.
Nach der Stilllegung scheiterten Versuche, die Brache zu reaktivieren, unter anderem in der Regionale 2010, hochwertige Wohn-Lofts sollten damals entstehen. Kurzzeitig waren auch Kreative im Quartier aktiv. Viele der Industriebauten sind zwischenzeitlich abgebrochen worden, Denkmalschutz besteht für die Gebäude nicht. Kesselhaus und Wasserturm gelten als bedeutende Landmarken, die erhalten bleiben sollen.
Seit Erwerb des Geländes durch CG Elementum ist im Stadtteil umstritten, auf welche Weise eine Entwicklung gelingen soll. Für das in Vorbereitung liegende Städtebauliche Konzept Gronau hat Wachendorff eine bedeutende Rolle.