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EnergiewendeBürger in Bergisch Gladbach müssen Wärmeplan schultern

Lesezeit 4 Minuten
Luftbild vom Krankenhaus-Komplex und seiner Umgebung.

Eins der Fokusgebiete, die die Stadt Bergisch Gladbach in Bezug auf Klimaneutralität prüfen will, ist das Viertel um das evangelische Krankenhaus

Die Stadt Bergisch Gladbach legt Zwischenbericht zur Wärmeplanung vor. Um eine Lösung müssen sich die Einwohner aber selbst kümmern.

Das Ziel ist groß: Spätestens 2045 soll in Bergisch Gladbach Schluss sein mit fossilen Brennstoffen. Doch wie kann die Wärmeerzeugung klimaneutral werden? Grundlage dafür soll der städtische Wärmeplan sein. „Es ist eine zentrale Aufgabe für die nächsten Jahrzehnte“, sagt Beigeordneter Ragnar Migenda. Um eine Lösung müssen sich die Bürger aber selbst kümmern.

Einen Zwischenbericht legt die Stadtverwaltung jetzt vor. „Wir sind auf der Zielgeraden als eine der ersten Kommunen in Deutschland“, freut sich Migenda beim Pressetermin im Rathaus. Bereits im Dezember dieses Jahres soll der Endbericht dem Hauptausschuss zum Beschluss vorgelegt werden. Dies gelinge nur deshalb, weil das Aachener Ingenieurbüro BET-Energie sowie die Belkaw als externe fachkundige Unterstützung beteiligt sind.

Das Tempo ist für alle von Vorteil: Denn die Menschen, die sich um eine Heizung für ihr Haus kümmern müssen, brauchen zügig Planungssicherheit. Alle großen Kommunen müssen ein solches Strategiepapier vorlegen, so will es das entsprechende Gesetz des Bundes.

Verwaltung sieht Wärmeplan als Leitfaden für jedermann

Die Wärmewende bezeichnet Migenda als „alternativlos“ angesichts der Erderwärmung. Dass die Ängste in der Bevölkerung groß sind, ist auch Jana Latschan, Leiterin der Stabsstelle Wärmeplanung, bewusst. Sie bezeichnet den Wärmeplan als einen „Leitfaden für jedermann, ohne Zwang, ohne Fristen und Verpflichtung“. Bürger könnten sich orientieren, welche Optionen es an ihrem Wohnort für eine Umstellung gebe. Unternehmer könnten darüber nachdenken, ob es mögliche Interessenten für ihre Abwärme gebe.

„Jeder Eigentümer muss selbst entscheiden, was für ihn sinnvoll ist“, erläutert Philipp Schönenborn, Teilprojektleiter bei der Belkaw. Der Plan zeige auf, was alles möglich wäre. Die Möglichkeit, an ein kommunales Wärmenetz angeschlossen zu werden, sind jedenfalls gering, so muss man die Analysen des 150 Seiten starken Zwischenberichts interpretieren. Grund ist die Siedlungsstruktur mit vielen Einfamilienhäusern. „Die sehr kostspielige Verlegung von Leitungen zur Versorgung einzelner Siedlungen oder Einrichtungen würde sich ökonomisch nicht rechnen“, sagt Schönenborn.

Die meisten werden wohl auf dezentrale Angebote für die Wärmeversorgung auf Basis von Luft- und Wärmepumpen setzen müssen, auch von Wasserwärmepumpen ist die Rede. „Stadt, Handwerk und Belkaw stehen den Menschen beratend zur Seite“, versichert Schönenborn. Im Wärmeplan wird davon ausgegangen, dass klimaneutrale Wärme langfristig günstiger sein wird als fossil erzeugte Wärme.

Heute werden noch neun von zehn Heizungen in den 28.327 Gebäuden im Stadtgebiet fossil betrieben: zu 75 Prozent mit Gas und zu 16 Prozent mit Öl. Die Treibhausgasemissionen betragen jährlich 334.000 Tonnen CO2. Der Anteil erneuerbarer Energien liegt derzeit bei nur 3,2 Prozent. „In unserem städtischen Immobilienbestand hängen wir auch meilenweit hinterher“, gibt Migenda zu, „das ist ein Versäumnis der letzten Jahrzehnte.“

85 Prozent der Häuser sind älter als 40 Jahre

„Problematisch ist, dass wir in der Stadt einen extrem alten Baubestand haben“, berichtet Latschan. 85 Prozent der Gebäude sind älter als 40 Jahre, entsprechend schlecht ist die Energieeffizienz. Ihr Ratschlag an die Eigentümer: „Zuerst alle Möglichkeiten der Energieeinsparung wie Dämmung, Austausch von Fenstern nutzen oder beim Heizen ein paar Grad herunterdrehen.“ Migenda erinnert daran, dass die Energiekrise zu Beginn des Ukrainekrieges gezeigt habe, dass Einsparpotenzial vorhanden sei.

Trotzdem werden gewaltige Investitionen nötig sein. Wie das bezahlt werden soll, müsse die Politik entscheiden, meint Migenda. Angesichts der Kosten, jetzt nichts zu tun, sei keine Alternative: Die Ausgaben für die Klimaanpassung in der Klimakrise wären dann deutlich größer.

Die Stadt selbst will sich zunächst auf drei Fokusgebiete konzentrieren: Quirlsberg mit dem evangelischen Krankenhaus, einen Teil der Gronauer Gartensiedlung mit dem Finanzamt sowie Frankenforst mit der Anbindung an das Gewerbe- und Industriegebiet.

Die drei Gebiete zeichneten sich durch eine unterschiedliche Struktur aus: „klassisches Wohngebiet, Baudenkmäler oder Gewerbebetriebe“, zählt Migenda auf. Die Erkenntnisse, die dort gewonnen werden, könnten dann kopiert werden, so der Plan. Für das Zanders-Areal sehen die Planungen vor, komplett klimaneutral zu bauen.