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Schlag ins WasserAusschuss lehnt Verkehrsgutachten ab – Arbeitskreis berufen

Lesezeit 4 Minuten

Die Haltestelle „Markt“ ist für viele unverzichtbar. Auch wenn das Stadthaus umgezogen ist, wird hier die obere Fußgängerzone an den Busverkehr angebunden.

  1. Das Kölner Verkehrsbüro VIA war damit beauftragt worden, Lösungen für den Verkehr in der westlichen Gladbacher Innenstadt zu suchen.
  2. Weder der vorgeschlagene Verkehrsversuch wurde beschlossen noch eine Machbarkeitsstudie zu der empfohlenen Variante der Netzergänzungen in Auftrag gegeben.
  3. Jetzt soll sich ein Arbeitskreis und die Beiräte für Inklusion, Senioren und andere mit dem Problem beschäftigen.

Bergisch Gladbach – Erstmal keine Gnade fanden die beiden Gutachten des Kölner Verkehrsbüros VIA zur Verkehrssituation in der westlichen Gladbacher Innenstadt und dem Bau zweier möglicher Ersatzstraßen im Bereich Gleisdreieck in den Augen der Fraktionen im Planungsausschuss am Mittwoch: Die Zustimmung zu den Maßnahmen, von denen sich die Gutachter die günstigste Wirkung versprechen, wurde versagt.

Weder der vorgeschlagene Verkehrsversuch wurde beschlossen noch eine Machbarkeitsstudie zu der empfohlenen Variante der Netzergänzungen in Auftrag gegeben. Stattdessen wurde beides vertagt, und ein interfraktioneller Arbeitskreis unter Einbeziehung der Beiräte (Inklusion, Senioren et cetera) soll nach Auswegen aus der Sackgasse suchen.

Rückstaus und gefährliche Situationen auf Stationsstraße

Problem ist, dass die Stationsstraße, die Bus- und S-Bahnhof und demnächst auch das neue Stadthaus von der Fußgängerzone abschneidet, heute schon von 16.000 Fahrzeugen täglich befahren wird. Gleichzeitig queren die Passanten die Fahrbahn ohne Ampel über mehrere Zebrastreifen, aber auch dazwischen, was zu heftigen Rückstaus und oft prekären Situationen führt.

Durch die anvisierten Neubaugebiete Am Kalkofen (Cox-Gelände) und Jakobstraße (Köttgen-Gelände) sowie die Bahnhofskopfbebauung (Stadthaus, Bücherei) würde laut Gutachter Peter Gwiasda das Verkehrsaufkommen in Zukunft allein auf der Stationsstraße um zirka 2300 Fahrzeuge zunehmen. Zugleich wird die Einführung des Zehn-Minuten-Taktes der S-Bahn dazu führen, dass der Bahnübergang Tannenbergstraße ineffizient werde und Warteschlangen produzieren würde.

Rampe zur Paffrather Straße vorgeschlagen

Der Vorschlag der Gutachter war daher: Die Rampe zur Paffrather Straße sperren, den Verkehr im Gegenverkehr um die Rhein-Berg-Passage herumleiten (bisher Einbahnstraße), den Bahnübergang Tannenbergstraße kappen und von der Kalkstraße aus eine Entlastungsstraße nach Westen bauen.

Die Kosten dieser Y-förmigen Netzergänzung wurden grob auf 6,7 Millionen Euro beziffert (davon 5,25 Millionen für die neue Gleisbrücke). Die Sperrung der Rampe würde auch den Wegfall der Bushaltestelle „Markt“ bedingen, nach den Busbahnhöfen in Gladbach und Bensberg meistfrequentierter Haltepunkt der Stadt, da die Busse die Rampe für die An- und Abfahrt benötigen.

Straßen Ypsilon könnte Standort der Fachhochschule gefährden

Andreas Ebert (SPD) sah in dem Szenario eine enorme Menge von Chancen, aber vor allem zwei Pferdefüße: Erstens würde man mit der Umfahrung der Rhein-Berg-Passage zehntausend Autos täglich mitten durch die neuen Wohngebiete Am Kalkofen und an der Jakobsstraße führen. „Da würden wir unsere Arbeit der letzten vier Jahre massiv konterkarieren.“

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Zum anderen führe der untere Ast des neuen Straßen-Ypsilons unmittelbar vorbei an der Fachhochschule der Wirtschaft oder sogar zwischen dem Campus und den Gebäuden jenseits des Bahndamms mitten hindurch. Da fürchtet Ebert, dass das auf Dauer den Standort der Fachhochschule gefährden würde.

CDU: „Haltestelle Markt ist unverzichtbar“

Für die CDU führte Harald Henkel größte Bedenken an, was den Wegfall der Rampe angeht, da sie für die Feuerwehr von hoher Bedeutung sein. Noch entschiedener wehrte sich allerdings Friedhelm Bihn vom Verkehrsclub Deutschland, der die Belange von ÖPNV-Nutzern als beratendes Mitglied im Ausschuss vertritt, gegen den Wegfall der Rampe: Sie müsse zumindest für Omnibusse offenbleiben.

Die Haltestelle „Markt“ sei unverzichtbar, für das Erreichen der Innenstadt und die als Alternative vorgeschlagene Haltestelle „An der Gohrsmühle“ kein Ersatz. Das beweise die Erfahrung der vorübergehenden Aufhebung der Haltestelle Markt während der zurückliegenden Strunde-hoch-vier-Baustelle: Von der Haltestelle Gohrsmühle seien täglich 1093 Fußgänger über die Zebrastreifen am Kreisverkehr Schnabelsmühle Richtung Fußgängerzone gewandert.

Grünen fordern alternative Untersuchung durch neues Büro

Da sei nur ein Bruchteil der Fahrgäste der 900 Busse, die täglich den Markt anfahren. „Das zeigt: Die Haltestelle Gohrsmühle wird nicht angenommen.“ Im Übrigen sei die Situation vor dem Kreisverkehr, wo sich auf kürzester Strecke die Verkehre aus dem Tunnel, die nach Bensberg wollen, mit dem Geradeaus-Fluss Richtig Kürten mischen, hochriskant und für die Fußgänger gefährlich.

Noch härter gingen die Grünen mit den VIA-Vorschlägen zu Gericht. Die Gesichtsweise der Gutachter stelle immer noch den Autoverkehr in den Mittelpunkt, rügte Roland Schundau. Die Grünen forderten eine alternative Untersuchung durch ein neues Planungsbüro: ohne neue Straßen, mit Stärkung von ÖPNV, Rad- und Fußverkehr sowie Verlagerung des Durchgangsverkehrs in den Tunnel.

Stadtbaurat Harald Flügge bedauerte, dass jetzt schon Details diskutiert würde, statt die Möglichkeiten des Vorschlags zu testen. Er werde die Fußgängerzone stärken und habe den Vorteil, Gewerbegebiete besser zu erschließen, die diesen Vorteil gebrauchen könnten. „Wir haben ja nicht so viele davon.“