„Alle von mir angesprochenen Probleme in den Kitas bleiben unbeantwortet“, bedauert der 7-fache Familienvater.
Kita-KriseVater aus Bergisch Gladbach ist enttäuscht von Antwort des NRW-Ministeriums
Vor zwei Monaten reichte es Ralf Gebhardt aus Bergisch Gladbach. Der Vater von sieben Kindern schrieb einen Brief an NRW-Familienministerin Josefine Paul und Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, weil er sich die allergrößten Sorgen macht um die mangelnde Betreuung der Kinder in den Kindertagesstätten in der Stadt. Jetzt hat er eine Antwort der Ministerin erhalten und ist enttäuscht: „Alle von mir angesprochenen Probleme bleiben unbeantwortet.“
Es handele sich um ein „allgemeines Rechtfertigungsschreiben“, bedauert Gebhardt am Telefon. Und der Mann hat recht. Die Überprüfung durch die Redaktion ergibt, dass das Antwortschreiben, das er erhalten hat, identisch ist mit dem, das Bürgermeister Frank Stein als Antwort auf die Resolution bekommen hat, in der die Stadt eine auskömmliche Finanzierung von Kitas durch das Land NRW fordert.
Einzelne, offenbar vorgefertigte Textbausteine sind hintereinander gereiht. Im Schreiben an die Stadt Bergisch Gladbach gibt es einen zusätzlichen Absatz zum Thema frühkindliche Förderung. Unterschiedlich sind aber die Unterschriften: Den Brief an die Stadt unterzeichnet Ministerin Paul persönlich, den Brief an Gebhardt einer ihrer Mitarbeiter im Ministerium.
Gebhardt sieht sich in seiner Befürchtung traurig bestätigt: „Das ist ernüchternd.“ Er hatte sich, wie berichtet, die Mühe gemacht, auf drei Seiten die schlimme Lage zu beleuchten: die wirtschaftliche Not, in der die Kita-Träger stecken. Die Erschöpfung der Erzieher angesichts der Überlastung. Die alleine gelassenen Eltern, die jeden Mangel kompensieren müssen. Und vor allem die Kinder, die durch die fehlende pädagogische Betreuung Bindung und Vertrauen verlieren.
Die Arbeitsbedingungen in den Kitas müssten sich verbessern
Umso mehr ärgert Gebhardt, dass das Familienministerium seinen Fragen mit Allgemeinplätzen ausweiche und die Situation rein aus der finanziellen Sicht betrachte. Angeführt werden etwa die 100 Millionen Euro, die der Landeshaushalt 2024 vorsieht als einmalige Überbrückungshilfe zur Entlastung der Träger. Gebhardt rechnet aus, dass jede der rund 10.700 Kitas in NRW in etwa 9000 Euro bekäme. „Das bewirkt doch gar nichts“, meint er.
Ihn empört, dass die von ihm angesprochenen Probleme völlig unbeantwortet blieben. „Es geht wohl nur darum, zu beruhigen und Klagen abzuwehren.“ Die 140 Millionen Euro für Kita-Helfer könnten nach Gebhardts Meinung dem Fachkräftemangel nicht entgegenwirken. Am Kern des Problems, den schlechten Arbeitsbedingungen im Alltag, ändere das nichts. Stattdessen müsse das Berufsbild aufgewertet werden, betont der Familienvater, zum Beispiel durch einen kleineren Betreuungsschlüssel. „Damit die Beschäftigten Erfüllung und Freude an ihrem Erziehungsberuf haben“, meint Gebhardt.
Der Gladbacher Vater will weiter kämpfen
Den Retorten-Text sieht Gebhardt als Bestätigung dafür, dass die Landesregierung das Problem wahrnehme: „Sonst hätte das Ministerium nicht solche Textbausteine vorrätig.“ Dass das Ministerium ihm bei seiner Schilderung der Probleme nicht widerspricht, wertet er als „stillschweigende Bestätigung“: „Umso tragischer ist es, dass nichts passiert.“
Zwei seiner Söhne besuchen noch eine Kita. Täglich müssten die Eltern damit rechnen, dass wieder eine WhatsApp hereinschneie: „Personalengpass! Bitte Kinder nach Möglichkeit nicht bringen!“
Er habe nun vor, auf eine Vielzahl von überregionalen Medien zuzugehen. „Andere Bundesländer haben schon Lösungen gefunden“, sagt Gebhardt, „ich kann und will das nicht so stehen lassen.“
Textbausteine des Ministeriums
„Zunächst einmal möchte ich Ihnen dafür danken, dass Sie sich für eine Verbesserung der Situation in der frühkindlichen Bildung einsetzen. An dieser Stelle verfolgt die Landesregierung die gleiche Zielrichtung, da es uns ein besonderes Anliegen ist, für unsere Jüngsten ein gutes Umfeld zu schaffen.“
„Die Landesregierung ist sich der vielfältigen Herausforderungen im Bereich der frühkindlichen Bildung sehr bewusst. Im Rahmen der im KiBiz festgeschriebenen Dynamisierung wird der finanziellen Entwicklung auch in der Finanzierung der Einrichtungen Rechnung getragen. Die kommunalen und freien Träger erhalten im August 2024 mit der nächsten gesetzlich vorgesehenen Dynamisierung des KiBiz 9,65 % mehr Mittel für ihre Arbeit.“
„Klar ist aber auch, die Herausforderungen in der frühkindlichen Bildung sind vielfältig und sie werden auch nur mit einem Bündel an Maßnahmen bewältigt werden können. Dabei gibt es weder eine universelle Lösung, noch die ganz schnellen Lösungen.“
„Im Rahmen der Arbeiten zu einer Reform des Kinderbildungsgesetzes wird sich mit zahlreichen Fragestellungen beschäftigt (...), die die Verlässlichkeit des Betreuungsangebotes in Nordrhein-Westfalen verbessern und die allen Kindern einen Betreuungsplatz ermöglichen.“