Elternvertreter von Caritas-Kitas in Rhein-Berg fordern Politik und Verwaltungen auf, nach Lösungen für Kitas in Not zu suchen.
Kita-KriseEltern und Erzieher in Rhein-Berg sind am Limit
Es könnte ganz einfach sein, die ungewisse Situation in den Kitas zu verbessern. Funktioniert aber leider nicht. Es ist vor allem das NRW-Kinderbildungsgesetz (Kibiz), das den Weg in eine gesicherte finanzielle und personelle Zukunft blockiert. Dies ist die ernüchternde Erkenntnis von Experten aus Politik, Stadtverwaltungen, Kita-Leitungen und freien Trägervereinen. Elternvertreter von neun Caritas-Kindertagesstätten in Bergisch Gladbach haben das Forum im Kreishaus einberufen, um über die Parteigrenzen hinweg nach konkreten Lösungen in der Kita-Krise zu suchen.
Die Not ist groß. „Das ist allen hier bewusst“, stellt Christian Maimer, Vater von sechs Kindern, zur Begrüßung fest. Angebote wie Waldtage, Abschlussfeiern, Brauchtumsaktivitäten wie Sankt Martin müssen gestrichen werden. Fast wöchentlich gibt es Notgruppen, Eröffnungszeiten müssen reduziert werden, weil Erzieher fehlen.
Davon weiß Judith Häuser, alleinerziehende Mutter von zwei Kindern, ein Lied zu singen. „Eltern haben Angst, ihren Arbeitsplatz zu verlieren“, betont sie. Und Jan-Theo Leininger, ebenfalls als Elternbeirat auf dem Podium, betont: „Es wird wirklich Zeit, dass endlich etwas passiert.“ Das Thema ziehe sich hin, ohne dass finanzielle und konzeptionelle Lösungen gefunden werden. Aber, was ist schiefgelaufen? Und viel wichtiger noch: Was muss sich ändern, damit es vorangeht?
17 fachkundige Vertreter der Politik aus Bergisch Gladbach, Rösrath und Kürten sowie Geschäftsführer der Wohlverbände von Caritas und Diakonie, Vertreter des Jugendamtselternbeirats Bergisch Gladbach sowie Kita-Leiterinnen sind gekommen, um Vorschläge zu machen, wie die Kita-Infrastruktur mit freien Trägern im Kreisgebiet konkret abgesichert werden könnte. Als Vertreter der Verwaltungen bringen sich Jürgen Langenbucher, Dezernent für Soziales des Rheinisch-Bergisch Kreises, sowie Ragnar Migenda, Dezernent für Jugend und Soziales, und Petra Liebmann, Leiterin der Abteilung Soziales, in Bergisch Gladbach mit ihrer Expertise ein.
„Viele Millionen Euro sind in die Kindertagesbetreuung geflossen. Doch wo ist das Geld hin?“, kritisiert Migenda. Die Kommunen könnten nicht als „Ausfallbürge für Land und Bund einspringen“. Statt der Vielzahl von Förderprogrammen sei es seiner Meinung nach sinnvoller, ausreichende Sockelbeträge an die Einrichtungen zu zahlen, damit sie sich selbst organisieren könnten. Ein zusätzliches Wahlrecht für Eltern mit Kindern könnte ebenfalls für ein politisches Umdenken beim Thema Bildung von Kindern sorgen.
Rechtsanspruch kann nicht eingehalten werden
„Die jährliche Anpassung der Kindpauschalen zum Wechsel des Kita-Jahrs müsse im zeitlichen Zusammenhang mit Tarifabschlüssen stehen“, fordert Langenbucher. „Die Buchung der Betreuungszeiten müsste flexibler in Fünf-Stunden-Schritten möglich sein“, lautet ein Vorschlag von Petra Liebmann. So könnten Gruppenangebote und Öffnungszeiten den tatsächlichen Wünschen der Eltern angepasst werden.
Alles Strategien, die nur mit einer umfassenden Gesetzesreform des Kibiz umsetzbar wären. Die Novellierung sei dringend erforderlich, darüber sind sich alle im Saal einig. Aber viel zu langwierig, um kurzfristig nachhaltige Konzepte zu finden, damit Kommunen den Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz überhaupt aufrechterhalten können und nicht, wie Andreas Reball-Vitt, Regionalbeauftragter der Diakonie Rhein-Berg, befürchtet, „auf die Eltern verlagert wird“.
Die Erzieher gehen auf dem Zahnfleisch
Denn es gibt bei Weitem nicht genügend Menschen, die sich hauptberuflich um kleine Kinder kümmern wollen. Im Alltag bedeutet dies, dass die Einrichtungen bereits seit Jahren mit einer erheblichen Personalunterdeckung arbeiten müssen. Zeit für die individuelle Betreuung der Kinder bleibt kaum. Die Erzieher gehen auf dem Zahnfleisch, macht sich Michael Ufer vom Cartias-Vorstand Sorgen um das Personal: „Wir brauchen jetzt Ruhe in den Einrichtungen.“
Deshalb fokussieren sich die Diskussionsteilnehmer auf pragmatische Lösungen, die in den Kommunen umsetzbar sind: „Pensionierte Lehrer und Erzieher, warum setzen wir sie nicht auf Honorarbasis ein?“ fragt Bibi Opiela (CDU). Als Vorlage bringt Langenbucher das „Mikibu-Konzept“ ins Spiel, was in Bergisch Gladbach zur Leseförderung erfolgreich an Grundschulen läuft.
Leininger spricht den Wunsch vieler Eltern nach Betriebskindergärten an, zum Beispiel in Krankenhäusern, aber auch in Verwaltungen. Langenbucher und Migenda versprechen, das Thema in ihren Gremien vorzubringen. Rebecca Henkelmann vom Trägerverein Fröbel setzt sich für eine enge Zusammenarbeit mit dem Job-Center ein, um Alltagshelfer zur Entlastung der Erzieherinnen zu gewinnen.
Das wäre ein Anfang, immerhin. In einem Jahr soll die Diskussionsrunde wiederholt werden. „Bleiben Sie so laut“, sagt Dezernent Langenbucher zum Abschied.