AboAbonnieren

Tochter missbrauchtErmittlungen gegen Bergisch Gladbacher – Grausame Details

Lesezeit 4 Minuten

Kinderpornografie im Internet: Im aktuellen Fall wird bundesweit gegen 60 Beschuldigte ermittelt.

  1. Der Krankenhausmitarbeiter soll seine Tochter immer dann missbraucht haben, wenn seine Ehefrau arbeiten war. Er filmte die Taten und stellte die Videos ins Netz.
  2. Der mutmaßliche Täter gilt als eine der Schlüsselfiguren in einem Missbrauchskomplex mit bundesweit fast 60 Beschuldigten.
  3. Nun kommen immer mehr Details ans Licht.

Bergisch Gladbach – Er nutzte die Gelegenheit. Jörg L. soll seine Tochter immer dann missbraucht haben, wenn seine ahnungslose Ehefrau ihrer Arbeit nachging. Der Krankenhausmitarbeiter aus Bergisch Gladbach filmte seine Taten und stellte sie in einschlägigen Chats ein. Zwischen Juni 2018 und August 2019 listet die Staatsanwaltschaft 26 Fälle auf, darunter etliche schwere sexuelle Übergriffe. Das Opfer ist ein Kleinkind.

Der mutmaßliche Täter gilt als eine der Schlüsselfiguren in einem Missbrauchskomplex mit bundesweit fast 60 Beschuldigten, darunter 27 allein in Nordrhein-Westfalen. Wie der Kölner Oberstaatsanwalt Ulrich Bremer nun auf Anfrage bestätigte, sind die Ermittlungen gegen L. abgeschlossen. Es können aber wohl noch einige Wochen vergehen, ehe Anklage erhoben wird. Der Prozess könnte voraussichtlich im Juni beginnen.

Anfangs war von drei Missbrauchsfällen die Rede

Es ist der 20. Oktober 2019, als die Polizei bei Jörg L. an der Haustür klingelt und einen Durchsuchungsbeschluss präsentiert. Ermittler in Kassel haben aus den USA einen Hinweis auf einen Chat erhalten, in dem Kinderporno-Dateien kursieren. Die Spur führt aus Hessen nach Bergisch Gladbach zu Jörg L. Der 42-Jährige ist durch die selbst gefilmten Missbrauchsszenen ins Blickfeld der Fahnder geraten.

Als er mit seiner Familie aus einem Herbsturlaub zurückkehrt, beschlagnahmt die Kripo Datenträger des Verdächtigen. Drei Tage später kehren die Beamten zurück und nehmen den Mann in Untersuchungshaft.

Das könnte Sie auch interessieren:

Anfangs war von drei Missbrauchsfällen die Rede, doch die Zahl erhöhte sich sukzessive. Bei der Auswertung der Chatkontakte fanden sich immer mehr Dateien mit Zeitangaben im Sichtfeld der Videoclips. Die Aufnahmen stellte der Beschuldigte in geheime Gesprächsforen von Messenger-Diensten wie Threema ein. Dort erhielten Interessenten nur als Außenstehende Zugang, wenn sie mit Kinderporno-Material aufwarten konnten. Mitunter agierte man in 1:1-Chats, manche Teilnehmer tauschten ihre Kinder gegenseitig zum Missbrauch aus. Stets war man auf der Hut, ob sich nicht verdeckte Ermittler eingeschlichen hatten. Manche Aussagen von Gesprächsteilnehmern hielt L. für so spinnert, dass er den Kontakt zu ihnen abbrach.

Allein bei Jörg L. wurden Zigtausende Kinderpornodateien sichergestellt. Über ihn und seine Datenträger arbeiteten sich die Kriminalbeamten der Ermittlungsgruppe EG Berg Stück für Stück weiter zu anderen Verdächtigen. Er war die Eintrittskarte, um den Kriminalisten einen Einblick in eine riesige Community von Pädokriminellen zu verschaffen.

Der Beschuldigte hat inzwischen bei den Ermittlern der EG Berg mehrere Aussagen über mögliche Mittäter gemacht. Wiederholt hatte die Kripo ihn vernommen, um Aufschlüsse über weitere Kinderschänder aus dem Forum zu erhalten. Das Gros von ihnen agierte im Netz unter Aliasnamen.

Männer trafen sich im Freizeitpark

Nur bei zwei Komplizen aus dem Mammutkomplex konnte der Bergisch Gladbacher helfen: Unter anderem bei jenem Bundeswehrsoldaten aus Kamp-Lintfort, der seinen Stiefsohn, seine kleine Tochter und seine Nichte missbraucht haben soll, und bei einem weiteren Beschuldigten aus Langenfeld.

Mit beiden hatte L. den Ermittlungen zufolge Familientreffen vereinbart. So skurril es klingt, die Männer trafen sich nebst ihren ahnungslosen Ehefrauen samt den Kindern zu Besuchen im Freizeitpark. Allerdings, ohne sich an den Kindern zu vergehen. Vielmehr kamen die Familien bei Kaffee und Kuchen zusammen. Man übte sich in freundschaftlichem Smalltalk – eine Art Freundschaftstreffen unter Klarnamen von Gleichgesinnten, die in den Chats ihre perversen Vorlieben auslebten.

Inzwischen wurde der Soldat vom Niederrhein wegen 36 Missbrauchsfällen angeklagt. Anfangs hatten sich Polizei und Staatsanwaltschaft von ihm einlullen lassen. Als seine Frau die Strafverfolger wegen des Verdachts unsittlicher Berührungen von Kindern einschaltete, gab sich der 26-Jährige reumütig und beteuerte, er werde eine Therapie machen. Somit verzichteten die Ermittler darauf, sein Handy zu konfiszieren. Andernfalls hätten sie aber schon früher gemerkt, dass der Soldat einem weit verzweigten Kinderschänderzirkel angehörte.

Ungehindert von den Behörden verging er sich an seiner Nichte, als bereits der erste Verdacht aufgetaucht war. Auch soll sich der Angeklagte mit Gleichgesinnten zum gemeinsamen Missbrauch der jeweiligen Kinder getroffen haben.

Beweislage ist erdrückend

Sein Bekannter Jörg L. aus Bergisch Gladbach hat sich zu seinen eigenen Taten noch nicht eingelassen, heißt es. Die Beweislage sei allerdings erdrückend.

Zudem wurde L. durch den psychiatrischen Sachverständigen Friedrich Krull exploriert. Das Ergebnis steht noch aus. In einem Chat offenbarte er möglicherweise ein Motiv für seine Taten: Demnach sei er einst selbst durch einen Nachbarn sexuell missbraucht worden.