Bergisch Gladbach – Vanessa Fuchs sagt Danke, strahlt. „Ich wundere mich immer noch darüber, dass die Leute unbedingt ein Foto mit mir machen wollen.“ Ein Satz, der viel über sie selbst aussagt. Eine bodenständige, nette 19-Jährige aus Bergisch Gladbach, so lässt sich Vanessa Fuchs zusammenfassen – und das findet sie auch gut so: Das erste Interview nach ihrem Sieg bei „Germanys next topmodel“ gibt sie bewusst ihrer Heimatzeitung.
Im Reinigungsbetrieb ihrer Eltern in der Reuterstraße 8, wo sie zum Stadtspaziergang abgeholt wird, posiert sie fürs Foto vor den Kleiderstangen mit frisch gewaschenen Anzügen, Hemden und Kleidern. Im Hintergrund tosen die Waschmaschinen und Trockner. „Bitte nenn’ mich Vanessa“, fordert sie während der ersten Schritte in Richtung Stadtmitte. Bloß nicht Siezen. Also gut. Zwei Stunden Zeit für ein Gespräch über Modeln und Männer, Schule und Schönheit, Glamour und Bergisch Gladbach.
Wo hast Du Dir Deinen großen Auftritt am Donnerstagabend angeguckt?
Vanessa Fuchs: Zuhause mit Freundinnen auf der Couch.
Du wusstest ja schon seit der Aufzeichnung der Sendung am Sonntag, dass Du gewonnen hast. Wie schwer war es, nichts zu erzählen bis gestern?
Vanessa: Sehr schwer. Aber ich bin eisern geblieben. Wenn auch mit einem Dauergrinsen im Gesicht.
Das erste Finale in Mannheim ist wegen einer Bombendrohung mitten in der Show abgebrochen worden. Wie hast Du den Abend erlebt?
Vanessa: Das war ein großer Schock, ich habe die Welt nicht mehr verstanden. Und ich habe mich gefragt: Wer tut so etwas und warum? Bei uns sind dann auch Tränen geflossen.
Models müssen nur gut aussehen, denken viele. Was hast Du selbst vor der Casting-Show am Modeln unterschätzt?
Vanessa: Dieses Funktionieren müssen, das frühe Aufstehen, das Konzentriertsein. Es ist auf Dauer echt anstrengend, immer parat zu sein, immer ein Strahlen im Gesicht zu haben.
Riesige Stöckel-Absätze gehören zum Modeln dazu. War es ein langer Weg für Dich, darin elegant zu laufen?
Vanessa: Gar nicht. Wenn ich mit meinen Freundinnen ausgehe in Köln, ziehe ich auch gerne High Heels an. Daher war ich das schon gewohnt.
Die meisten Frauen mögen etwas an Ihrem Körper nicht. Auch ein frischgebackenes Topmodel?
Vanessa: Natürlich. Meine Haare mag ich nicht. Die sind zu dick und sitzen oft nicht so, wie ich es will. Und meine Füße.
Warum die Füße?
Vanessa: Ich finde Füße grundsätzlich nicht so schön, meine also auch nicht.
Schöne Menschen haben es oft leichter als andere. Gab es Momente, in denen Du es aufgrund Deines guten Aussehens schwerer hattest?
Vanessa: Früher habe ich von einigen Mitschülerinnen gehört, dass ich viel zu dünn bin, das sei ja nicht schön. Ob das Neid war, kann ich nicht beurteilen. Aber es hat mich damals schon verletzt.
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Verkehrte Welt: Für einige Designer und Laufstege dürfte Vanessa Fuchs heute mit ihren Maßen 90/68/88 sogar zu dick sein. Ein Magermodel ist sie nicht. Und sie verwehrt sich gegen die laut gewordenen Vorwürfe, die Casting-Show fördere Magersucht bei jungen Mädchen. Absurd sei das. Jeder entscheide selber über sich und seinen Körper, eine Fernsehsendung bewege niemanden zum Magerwahn. Sie trinkt stilles Wasser, als wir Station in ihrem Gladbacher Lieblingsrestaurant „Altes Pastorat“ machen. Kalorienärmer geht es nicht. Doch ein Tribut an die Figur? Nein. Gesunde Ernährung, Sport, dann und wann Schokolade: Aber verkneifen tue sie sich nichts, beteuert sie. Verkneifen tut sie sich einzig die Antwort auf die Frage, ob sie einen Freund hat. Kein Kommentar. Privat ist privat.
Was muss ein Traummann für Dich mitbringen?
Vanessa: Ehrlichkeit ist mir an einem Mann wichtig.
Bei welchem prominenten Mann werden Dir die Knie weich?
Vanessa: Den Schauspieler Elyas M’Barek finde ich richtig gut. Aber wer findet das nicht?
Wenn Du einen Tag jemand anders sein könntest, wer wäre das?
Vanessa: Einen Tag Mann zu sein, fände ich mal spannend. George Clooney zum Beispiel.
Du warst wenige Monate vom Abitur entfernt, als es losging mit der Show. Musst Du Dein Abitur nachholen?
Vanessa: Ja. Ich habe einfach zu viel Unterricht verpasst. Ich muss das letzte Jahr wiederholen, wann, weiß ich allerdings noch nicht. Ich möchte mich jetzt erst einmal auf die Model-Geschichte konzentrieren.
Dein Lieblingsfach?
Vanessa: Deutsch und Englisch.
In welchem Fach bist Du talentfrei?
Vanessa: Mathe. Definitiv Mathe.
Welchen Beruf hattest Du vor Deinem Model-Sieg vor Augen?
Vanessa: Event-Managerin zu sein, fände ich spannend.
Den Reinigungsbetrieb Deiner Eltern zu übernehmen, käme nicht in Frage?
Vanessa: Doch, grundsätzlich könnte ich mir das auch vorstellen. Ich habe dort ja auch viel ausgeholfen.
Konntest Du aus der Arbeit dort etwas für das Modeln mitnehmen?
Vanessa: Ich hatte viel mit Kunden zu tun, dadurch bin ich sehr offen geworden. Das hilft beim Modeln.
Auf der nächsten Seite: Zwischenstopp in der Laurentiuskirche
Einen Zwischenstopp in der Laurentiuskirche, für Vanessa Fuchs die schönste der Stadt. Früher war sie hier Messdienerin. Eine Hochzeit in Weiß, irgendwann, kann sie sich vorstellen. Draußen vor der Rathaustreppe steht gerade eine Braut. Fuchs stellt sich dazu für ein Foto. Dann kommt der Bürgermeister raus, um zu gratulieren. „Wenn jetzt noch mal einer Schäbbisch Gläbbisch sagt, dann gibt’s aber Ärger. Beautiful Gläbbisch“, ruft Lutz Urbach, und umarmt die 19-Jährige. „Ich freue mich für dich – und für die Stadt.“
Der Topmodel-Juror Wolfgang Joop hat gelästert, Bergisch Gladbach sei ein Kaff. Hat er Recht?
Vanessa: Natürlich nicht. Da habe ich ihm auch ganz oft widersprochen.
Schäbbisch Gläbbisch, stimmt das?
Vanessa: Nein. Wir haben viele schöne Gebäude, das Rathaus, den Bergischen Löwen. Ich mag es, wenn die Stadt nicht so komplett modernisiert und neu gebaut ist.
Du warst während der Drehs in New York, hast Dich in die Stadt verliebt. Könnte das eine neue Heimat werden?
Vanessa: Das würde mich reizen. Aber ich weiß, wo meine Wurzeln sind und würde immer wieder nach Gladbach zurückkommen.
In wenigen Stunden fliegt Vanessa Fuchs nach Berlin. Interviews. In den nächsten Monaten wird sie große Sprünge machen zwischen ihrer alten und neuen Welt. Sie will Tokio sehen, Kapstadt. Sie will aber auch ausländischen Kolleginnen erklären, was Karneval ist, der ihr so viel bedeutet. Sie will aufs Cover der Vogue. Sie will aber auch wie Heidi Klum einmal auf einem Wagen im großen Gladbacher Zug fahren, womöglich „Halleluja“ von den Höhnern singend, ihr Lieblings-Karnevalslied. Das Preisgeld von 100 000 Euro will sie gut anlegen. Für eine Wohnung, irgendwann. Luxus? Einen BMW fände sie theoretisch gut, aber ihr Lieblingsauto ist der Opel, den sie fährt. Die Tierfreundin wird ihren Hund Kimmy vermissen, wenn sie unterwegs ist. Sie wird aber auf dem Laufsteg auch Pelze tragen, wenn es der Job erfordert. Ob es was wird mit der großen Karriere oder ob der Traum platzt, wie es schon einige Model-Anwärterinnen vor ihr erlebt haben, das weiß Vanessa Fuchs noch nicht. Nur eins weiß sie: „Abheben, das geht gar nicht.“