„Es tut weh”Zandrianer erinnert sich an besinnliche Zeiten in der Papierfabrik
Bergisch Gladbach – Wer das Zanders Gelände heute betritt, kann sich kaum mehr vorstellen, dass hier früher zur Weihnachtszeit einmal alles gefunkelt und geleuchtet hat. Die alte Papierfabrik, einst das Herz und Antrieb Bergisch Gladbachs, steht still. Nur der große, sparsam geschmückte Weihnachtsbaum vor dem Eingang erinnert an die Zeiten, als Zanders noch Weihnachtsstimmung versprühte.
Zandrianer stehen immer noch unter Schock
Das erste Weihnachten ohne die alte Papierfabrik steht vor der Tür und die Menschen, die Jahrzehnte und über Generationen hinweg bei Zanders gearbeitet, Freundschaften geschlossen und sich mit der Fabrik identifiziert haben, sind immer noch schockiert.
Wenn Kurt-Heinz Bosbach von den alten Zeiten in der Papierfabrik erzählt, wird deutlich, dass es um mehr als den Verlust eines Arbeitsplatzes geht. Bei Zanders herrschten Zusammenhalt und Gemeinschaftsgefühl, das die Ehemaligen so wohl nie wieder finden werden.
Bosbach war Leiter der Qualitätskontrolle, im Betriebsrat und hat 47 Jahre in der Fabrik gearbeitet. Auch seine Geschwister sowie sein Vater und Opa waren bei Zanders angestellt, sind fast täglich in der alten Papierfabrik ein und aus gegangen.
Weihnachten ist ohne die alte Papierfabrik nicht mehr das gleiche
Gerade kurz vor Weihnachten schmerzt Bosbach der Gedanke an die Schließung besonders: „Es tut einem weh, wenn man sieht, was daraus geworden ist. Das geht allen Ehemaligen so. Wenn sie könnten, würden sie sofort zurückkommen“, berichtet der 63-Jährige.
Weihnachten sei für alle in der Fabrik immer eine besonders schöne Zeit gewesen, die den Zusammenhalt unter den Mitarbeitenden gefestigt habe. „Von der Weihnachtsstimmung ist leider nichts mehr übrig geblieben“, bedauert er mit einem enttäuschten Blick Richtung Weihnachtsbaum.
Zu seiner Zeit wurde auf Details, wie Weihnachtsdekoration Wert gelegt: „Früher haben wir die großen Bäume häufig selbst besorgt. Meistens hat die Betriebsfeuerwehr den Baum abgeholt und aufgestellt. Und dann wurde er festlich geschmückt. Dagegen ist der hier gar nichts“, sagt Bosbach und schüttelt den Kopf.
Die Weihnachtsfeiern bei Zanders waren ein Erlebnis für die ganze Familie
Seit seiner Kindheit gehören Zanders und Weihnachten für ihn zusammen. Das erste Weihnachten ohne die Fabrik macht den ehemaligen Zandrianer nostalgisch und lässt ihn an lang vergangene Zeiten denken: „Ich war mit meinen Eltern und Geschwistern jedes Jahr auf den Weihnachtsfeiern. Die Atmosphäre war toll. In den 60er Jahren haben die Kinder noch eine Nikolaustüte bekommen und konnte sich Aufführungen, wie Max und Moritz anschauen. Das war etwas ganz Besonderes“, schwelgt Kurt-Heinz Bosbach in Erinnerungen.
Das hat geprägt. Auch als Erwachsener fühlt er sich eng mit Zanders verbunden, obwohl es nie sein Plan war, in der alten Papierfabrik zu arbeiten. „Ich bin hier hängengeblieben“, gesteht er. Eigentlich hatte er eine Zusage für eine Banklehre, aber Arbeitsbeginn war erst ein Jahr später. „Mein Vater hat gesagt, dann mach in der Zwischenzeit etwas anderes und komm’ zu uns zu Zanders. Und da bin ich dann geblieben“, erklärt Bosbach. Aus einem Jahr sind 47 geworden, mehr als ein halbes Leben.
Auch ohne die alte Papierfabrik feiern die Zandrianer zusammen Weihnachten
Dafür war auch die Stimmung unter den Kollegen verantwortlich. „Wir hatten immer einen tollen Zusammenhalt dort. Das war eine Gemeinschaft, die über den Arbeitgeber hinaus Bestand hat“, erklärt er. Besonders die jährlichen Weihnachtsfeiern haben die Belegschaft zusammengeschweißt. „Jede Abteilung hat ihre eigene Weihnachtsfeier gefeiert, die waren alle wunderschön. Wir waren zusammen Weihnachtskegeln oder sind weggefahren. Man kannte sich, das war schon fast ein familiäres Verhältnis“, betont Bosbach.
Diese Weihnachtstradition lassen sich die ehemaligen Angestellten nicht nehmen: Obwohl sie nicht mehr zusammen arbeiten, organisiert Bosbachs alte Abteilung auch dieses Jahr wieder eine kleine Weihnachtsfeier. „Jetzt machen wir das eben privat, feiern zusammen und gehen etwas trinken“, erzählt er.
Jetzt hat Bosbach mehr Zeit für seine Hobbys
Viele ehemalige Kollegen seien auch heute noch befreundet. Einige fahren sogar noch zusammen in den Urlaub. „Die Gemeinschaft hört nicht einfach so auf“, erklärt der 63-Jährige.
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Jetzt hat die alte Papierfabrik geschlossen und Kurt-Heinz Bosbach muss früher in Rente gehen. „Dafür habe ich jetzt mehr Zeit für meine Hobbys. Fußball ist meine Leidenschaft. Ich war früher selbst Spieler und jetzt engagiere ich mich unter anderem als Jugendleiter im Fußballverein Blau-Weiß Hand. Da gibt es immer etwas zu tun.“
Das erste Weihnachten ohne Zanders fühle sich trotzdem seltsam an.