„Emergency Eye“Leitstelle Rheinisch-Bergischer-Kreis kann jetzt auf Handys zugreifen
Rhein-Berg – Normalerweise wünscht sich kein Mensch, dass Fremde ihn via Handy orten und sogar über die Smartphone-Kamera beobachten kann. Es gibt aber Ausnahmen: Dann etwa, wenn der Mensch verunglückt ist und seinen Standort nicht genau benennen kann.
Für Notfälle dieser Art kann der Feuer- und Rettungsleitstelle des Rheinisch-Bergischen Kreises ab sofort auf das System „Emergency Eye“, also Notfall-Auge, zurückgreifen, sofern der Verunglückte einverstanden ist.
Um die Ortung der Anrufenden zu starten, sendet die Leitstelle per SMS einen Link auf das Handy des Anrufers. Beim Öffnen des Links muss der Lokalisierung zugestimmt werden. Danach erfolgt per GPS eine schnelle Ortung. „Wir haben bereits sehr gute Erfahrung mit Emergency Eye gemacht. Obwohl die Einsatzzahlen in der Corona-Zeit insgesamt gesunken sind, nutzen wir das System bisher durchschnittlich dreimal die Woche. Ich gehe davon aus, dass wir bald täglich damit arbeiten werden“, zitiert die Kreis-Pressestelle Werner Eichholz, den stellvertretenden Chef der Leitstelle.
Rhein-Berg: Leitstelle kann auch Handykamera einschalten
Mit der Software können nicht nur die Einsatzorte schneller ermittelt werden. Um die Notlage besser einschätzen zu können, kann sich die Leitstelle zusätzlich auf die Handykamera schalten und ein Live-Video starten. Auch diese Funktion wird durch das Zusenden eines Links per SMS gestartet. „Im Ernstfall zählt bei der Erstversorgung von Notfällen jede Minute.
Über das Video können sich die Leitstellen-Mitarbeiter ein Bild von der Lage vor Ort machen und Erste-Hilfe-Maßnahmen bis zum Eintreffen der Rettungskräfte besser anleiten“, so Werner Eichholz weiter. Weiterer Vorteil ist aus Sicht des Kreises, dass eine Situation insgesamt besser eingeschätzt werden kann – zum Beispiel das Ausmaß eines Unfalls oder eines Brandes.
„Emergency Eye“: Chat-Verbindungen in Echtzeit
Legendär ist ein Fall aus dem Raum Neuss, wo ein Mann mit Herz-Kreislauf-Stillstand bei der Arbeit zusammengebrochen war. Mithilfe von „Emergency Eye“ bekam der Mitarbeiter in der Leitstelle Zugriff auf die Smartphone-Kamera eines Ersthelfers. Unter präziser Anleitung reanimierte dieser seinen zusammengebrochenen Kollegen – mit Erfolg. „Der Mann ist wieder wohlauf“, berichtet Elmar Eppels von der Leitstelle Rhein-Kreis Neuss. Dort ist das System bereits seit September 2018 im Einsatz. Auch die Rhein-Sieg-Kreis-Leitstelle nutzt es.
Kosten
Für die Notrufenden fallen keine Kosten durch die Datenübertragung an. Das System selbst kostet jährlich 13 500 Euro. Der Betrag wid Angaben zufolge anteilig zu zwei Dritteln über die Rettungsdienstgebühren und zu einem Drittel über den allgemeinen Kreishaushalt aufgebracht. (sb)
Sollte sich die Leitstelle mit Anrufenden aufgrund sprachlicher Barrieren nicht verständigen können, kann eine Chat-Verbindung mit Echtzeit-Übersetzungen aufgebaut werden. Der Chat erkennt sofort, welche Sprache auf dem Smartphone eingestellt ist, und übersetzt die Nachrichten automatisch in die jeweilige Sprache. Derzeit werden neun Sprachen vom System erkannt, neben Deutsch auch Englisch, Französisch, Russisch, Holländisch, Portugiesich, Lettisch, Hebräisch und Ukrainisch. In den kommenden zwei WOchen kommen nach Angaben von Kreis-Sprecherin Kathatrrina Krause Türkisch, Italienisch und Polnisch hinzu, und als Sprache Nummer 13 ist Arabisch vorgesehen.
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Eine Vorinstallation auf dem Smartphone ist nicht notwendig. Das Gerät muss jedoch eine Verbindung zum Internet haben. Das System funktioniert laut Kreis auch bei einer geringen Geschwindigkeit. Ein Sprecher: „Sollte die Verbindung dennoch bei einem Einsatz nicht ganz einwandfrei funktionieren, wird der telefonische Kontakt zur Leitstelle nicht beeinflusst.“