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Karneval in Rhein-BergFürsorgliche Jecke haben das Nachsehen

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Da schien noch alles unter hohen Corona-Schutzmaßnahmen machbar: Nach dem Sessionsauftakt im November aber wurde der Karneval durch die Pandemie erneut ausgebremst.

Rhein-Berg – Der Präsident des Regionalverbands Rhein-Berg (RRB) im Bund Deutscher Karneval (BDK) ist verärgert: Jetzt ist es genau so gekommen, wie er es vor sechs Wochen im Interview mit dieser Zeitung befürchtet hatte. „Die ehrenamtlich getragenen Vereine haben den Karneval freiwillig abgesagt und jetzt stoßen private kommerzielle Anbieter genau in die Lücke rein“, sagt RRB-Präsident Rolf Woschei aus Bergisch Gladbach.

Zwar sind große Karnevalsveranstaltungen unter den geltenden Corona-Schutzbestimmungen in Rhein-Berg bislang noch nicht bekannt gemacht worden, in Köln aber hat – wie im Hauptteil dieser Zeitung berichtet – diese Woche gerade der Chef eines Karnevalsausstatters mehrere Veranstaltungen angekündigt.

Regionalpräsident aus Bergisch Gladbach verärgert

„Trotz anderslautender Signale aus Düsseldorf von unserem Treffen vor Weihnachten sind Veranstaltungen mit 750 Personen in Innenräumen nach wie vor erlaubt und Masken nicht vorgeschrieben“, ärgert sich RRB-Präsident Rolf Woschei. Wie andere rheinisch Brauchtumsvertreter hat auch er am Mittwochabend an einem Spitzentreffen via Videokonferenz mit dem zuständigen Staatssekretär in der Düsseldorfer Staatskanzlei teilgenommen.

Rolf Woschei, Präsident des  Regionalverbands Rhein-Berg im Bund Deutscher Karneval.

„Die einzigen, die auf Wunsch der Politik freiwillig abgesagt haben, sind die ehrenamtlich agierenden Karnevalsvereine“, hatte auch BDK-Präsident Klaus-Ludwig Fess fehlende allgemeine Regelungen durch die Politik moniert.

Brauchtumsvereinigung kritisiert politischen Rahmen

„Nicht sehr erfreulich“, nennt auch der Vorsitzende der Bergisch Gladbacher Brauchtumsvereinigung, Martin Gerstlauer, die Ankündigung privater Unternehmer aus Köln in die Lücken, die die Corona-Schutzverordnung ermögliche, hineinzustoßen. „Wir hatten im ehrenamtlich getragenen Karneval ja bereits Ende vergangenen Jahres die Veranstaltungen abgesagt, um Mitglieder und Gäste zu schützen“, so Gerstlauer. „Und wir hoffen ja doch, den Karneval in der nächsten Session wieder so feiern zu können, wie wir ihn kennen. Wenn sich dann da Private reingedrängt haben, wäre das schlecht.“

Bisher gibt es unterdessen keine bekannten privaten Großveranstaltungen in Rhein-Berg. „Derartige Anfragen haben wir noch nicht erhalten“, sagte etwa Norbert Pfennings, Geschäftsführer des Bergischen Löwen, in dem in den Vor-Corona-Jahren auch zahlreiche Veranstaltungen des in Vereinen organisierten Gladbacher Karnevals stattgefunden hatten. Bis hin zur Proklamation, die eigentlich an diesem Donnerstag hätte stattfinden sollen, dann aber wie die übrigen Sitzungen abgesagt wurde.

Lediglich kleinere Gaststätten-Sitzungen geplant

Derweil organisieren einige Gaststätten kleinere Sitzungen: So hat etwa das „Klausmann“ an der Kölner Straße in Bensberg einen „Biergarten Karneval“ für Samstag, 5. Februar, ab 13.11 Uhr, angekündigt. Unter anderem mit dem Duo Pascal, dem „Tuppes vum Land“, dem Bergisch Gladbacher Kinderdreigestirn und der TSG Große Bensberger – allerdings unter 2G-plus-Zugangsvoraussetzungen. Geimpfte oder Genesene müssen dabei zusätzlich einen negativen Corona-Test vorweisen.

Auch der Bensberger Gastronom Udo Wermelskirchen knüpft an seine Gasthaussitzungs-Tradition am 6. Februar ab 11.11 Uhr unter anderem mit dem „Tuppes vum Land“, dem „Bergischen Jung“ Willibert Pauels und den „Jungen Trompetern“ an. „Allerdings nur mit halb so vielen Gästen wie sonst“, versichert der Gastwirt, „und unter strengem Sicherheitskonzept: 2G-plus, nur zugewiesene Plätze, Lüftungs- und Toilettenpausen und zusätzlich machen wir noch Nachverfolgung, indem alle Gäste erfasst werden.“

Musiker Micky Brühl lädt ebenfalls in Kneipe ein

Musiker Micky Brühl („Micky-Brühl-Band“) lädt zudem für den 11. Februar zu „Op ne kölsche Moment“ in die Gaststätte Bützler nach Bergisch Gladbach-Gronau ein. Unter 2G+ versteht sich.

Eine „ähnlich widersprüchliche Situation wie aktuell im Saalkarneval“ erwartet RRB-Präsident Rolf Woschei unterdessen auch für den Straßen- und Kneipenkarneval Ende Februar. „Tausende von Jecken werden sich unkontrolliert an den Feierhotspots treffen und selbstverständlich auch in die geöffneten Kneipen strömen“, befürchtet Woschei. „Und am Ende wird »der Karneval« in der öffentlichen Wahrnehmung erneut zum Corona-Treiber erklärt, obwohl die Menschen nur das tun, was gesetzlich erlaubt ist.“ Deshalb habe man frühzeitig auf diesen Widerspruch hingewiesen.

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„Noch haben Bund und Land Zeit, den Kommunen die Werkzeuge für sicheres Feiern in die Hand zu geben“, sagt er. Der aktuelle Verzicht der Politik auf eine Verschärfung der Corona-Regeln müsse „bei den Menschen so angekommen, dass der freiwillige Verzicht auf Karnevalsveranstaltungen“, wie ihn der ehrenamtlich organisierte Karneval im Dezember angesichts der drohenden Entwicklung auf Bitte von NRW-Ministerpräsident Henrik Wüst erklärt hatte, „nicht mehr nötig ist“, fürchtet Woschei. Gleichwohl werde der organisierte Karneval auch weiterhin nur mit Augenmaß und nur kleinere Formate anbieten, so Woschei: „Weil wir und unsere Mitgliedsgesellschaften sich nach wie vor der Verantwortung bewusst sind.“