Rhein-Berg – Eigentlich hatte es am Wochenende nur der von den Prinzenführern mit viel Herzblut arrangierte Abschied in die Weihnachtszeit sein sollen, seit Dienstagnachmittag aber ist klar: Auch nach dem Fest wird der Karneval wohl keine große Fahrt aufnehmen. Nach einem Gespräch mit Karnevalsverbänden, kündigte NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) an, dass Karnevalssitzungen und -partys coronabedingt in dieser Session abgesagt werden sollen.
„Damit haben wir nicht gerechnet“, sagt der designierte Gladbacher Karnevalsprinz und Vorsitzende der Großen Gladbacher Karnevalsgesellschaft, Frank Haag. „Wir haben uns in den vergangenen Wochen mit vielen Alternativszenarien beschäftigt, mit einer so schnellen, so konsequenten und so endgültigen Entscheidung aber hatten wir nicht gerechnet.“
Proklamation ohne Publikum in Gladbach nicht denkbar
Seine Tollität in spe war gerade in einem Gespräch mit einem Kunden, als die Nachricht aus Düsseldorf einging. Mit seinen Dreigestirnskollegen Melanie Pfister und Andreas Rossa hat er noch gar nicht gesprochen, als die Zeitung ihn erreicht. „Wir haben uns nur kurz geschrieben. Jetzt gehen pausenlos Nachrichten von anderen ein, Vorstandskollegen, der Prinzengarde“, sagt der 47-Jährige hörbar getroffen.
Hilfen vom Land
Um die finanziellen Einbrüche für Veranstalter, Karnevalsgesellschaften, Künstler und die vielen weiteren Aktiven im Karneval aufzufangen, will das Land NRW 45 Millionen Euro zur Verfügung stellen. „Karneval ist tief verwurzelt in Nordrhein-Westfalen“, sagte der NRW-Ministerpräsident am Dienstag und lobte die integrative Arbeit und das Brauchtum des Karnevals.
Wenn Sitzungen abgesagt sind, steht auch die gewohnte Proklamation vor dem Aus. „Eine Proklamation, wie sie Köln vergangene Session gemacht hat – ohne Publikum – ist in Gladbach nicht machbar, das können wir keinem antun“, sagt er. Ohne Proklamation aber werden Frank Haag, Melanie Pfister und Andreas Rossa kaum als Dreigestirn ins Amt gelangen können. Da tröstet es wenig, dass Freiluftveranstaltungen wie Karnevalsumzüge bislang (noch) nicht abgesagt sind.
Finanzielle Hilfen helfen Künstlern und Veranstaltern
„Unter den Bedingungen kann ich mir nicht vorstellen, dass es ein Dreigestirn geben wird“, sagt Prinzenführer Frank Mehren auf Anfrage. Wie es mit dem bereits zweimal designierten Dreigestirn jetzt weitergeht, ist noch offen. „Wir sind bestrebt nach einer Lösung zu suchen“, sagt Mehren. Die Findungskommission werde sich ebenfalls zeitnah treffen.
„Das ist noch zu frisch, um dazu jetzt etwas sagen zu können“, sagt Frank Haag am Telefon. Für Mittwoch, den 15. Dezember, hatte er als stellvertretender Leiter der Bergisch Gladbacher Feuerwehr ohnehin eine Krisensitzung mit anberaumt. Mit Vertretern des städtischen „Stabs für außergewöhnliche Ereignisse“ (SAE), der Brauchtums-Vereinigung, des Festkomitees Bensberger Karneval sowie sämtlicher Gesellschaften und Vereine der Stadt, die Karnevalsveranstaltungen vom Zug bis zur Party veranstalten. Das Treffen im Bergischen Löwen, wird jetzt unter anderen Vorzeichen stattfinden.
„Die Tendenz ist, dass wir auch den Zug absagen werden“, so Martin Gerstlauer, Vorsitzender der Vereinigung zur Erhaltung und Pflege heimatlichen Brauchtums, am Dienstagabend.
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„Immerhin eröffnet die Entscheidung in Düsseldorf nochmal Perspektiven“, versucht Haag den schlechten Nachrichten etwas Gutes abzugewinnen. Denn die klare Aussage der Politik sowie die Ankündigung von finanziellen Hilfen könne Künstlern und Veranstaltern zumindest helfen, dass keine Existenzen gefährdet werden.
Regionalverband Rhein-Berg hält Absage für sinnvoll
Auch der Regionalverband Rhein-Berg (RRB) im Bund Deutscher Karneval will bei der Beantragung der Hilfsmittel helfend mitwirken, wie RRB-Präsident Rolf Woschei ankündigt. „Die Absage von heute war sinnvoll, wenngleich ich sie bedaure, weil ich weiß, was da dranhängt“, sagt der Gladbacher Karnevalsprinz Prinz von 2013.
Emotional aber, da lässt auch der realistische Karnevalist keinen Zweifel, war der Dienstag ein weiterer Tiefschlag beim bereits zweiten Anlauf in das höchste Jeckenamt der Kreisstadt. Wenn auch nicht vergleichbar mit der Absage im vergangenen Jahr. „Jetzt hatten wir uns doch mehr mit der Möglichkeit beschäftigt“, sagt Haag. „Sicher fallen wir auch jetzt in ein Loch, aber vielleicht etwas langsamer“ sagt er und will erst einmal mit seinen Dreigestirnsmitstreitern sprechen: „Wir müssen uns dringend zusammenschalten, das kann man nur gemeinsam verarbeiten.“