„Bergisch Kunst“Musik und Kunst zwischen Gräbern auf dem Friedhof Delling
Kürten – Einen entspannten Abend zwischen Grabsteinen verbringen? Bei Tanz, Kunst und Musik, mit Käse, Brot und Frikadellen auf dem Friedhof?
In Delling war das am Samstag möglich, weil Pfarrer Ralph Knapp, Bestatter David Roth als Schirmherr und die „Gruppe Neun“ gemeinsam neue Wege gingen. „Bergisch Kunst“ nannte sich die Aktion, die bereits zum zweiten Mal Projektionen und Performance, Gedanken und Geschichten, Objekte und Musik an ungewöhnliche Orte brachte.
Eine außergewöhnlichen Soiree
Nachdem die Overather Gruppe im vergangenen Jahr dafür gesorgt hatte, dass an Schloss Burg Kunstobjekte Seilbahn fuhren, stand diesmal kein Touristenmagnet im Mittelpunkt, sondern das Gräber- und Urnenfeld hinter der evangelischen Kirche.
Da waren nicht nur die kleinen Holzfiguren von Leslie Wist „gefesselt“, sondern auch die Gäste der außergewöhnlichen Soiree. Während Wists Zauber-Trio aus schmalen Ästen samt Zwitterwesen ein aufgelassenes Grab bespielte, stellte Christine Kremer unter dem Motto „homo sum“ (Ich bin Mensch) farbige Figuren aus wasserfestem Sperrholz und Bootslack an den Wegesrand.
„Nachdem wir zugesehen haben, wie Kinder missbraucht werden, Menschen verhungern, Flüchtlinge ertrinken, Frauen geschlagen, Tiere gequält werden, Menschen vereinsamen und Natur zerstört wird… landen wir alle hier. Dann sind unsere Augen geschlossen“, forderte sie ihre Zeitgenossen auf, hinzusehen und zu handeln. „Wertvoll“ bedeute, voller Werte zu sein.
Der älteste Grabstein ist aus 1805
Maria Schätzmüller-Lukas hatte sich als einzige ein belegtes Grab ausgesucht, und es mit kleinen Zinksärgen versehen, die Spuren auf der Erde hinterließen und als Memento mori in den Zweigen schaukelten. „Ich hab die Frau gut gekannt, die Helene hätte das gewollt“, erklärte Pfarrer Knapp an den historischen Grabsteinen am Friedhofseingang, an denen Isabel Casel eine tänzerische Performance bot.
Dass der älteste und mittlerweile zerbrochene Stein des 1805 verstorbenen Corn van der Does erhalten geblieben ist, verdankt er allerdings nicht einem besonders ehrfürchtigen Umgang, sondern der Tatsache, dass mit ihm lange ein marodes Friedhofstor abgestützt wurde, sagte Knapp. Man kenne nur den Namen des Toten. Der weist auf zwei niederländische Adelsgeschlechter, die sich Jonkheer nannten – die Junkermühle ist nicht weit entfernt.
Friedhof als Ort der Begegnung
„Ein Friedhof darf nicht nur Ort des Todes, sondern muss auch ein Ort der Lebenden sein, auf dem Raum für Hoffnung und für Neues ist“, forderte der Pfarrer und verwies darauf, dass sich beim Blumen-Gießen Begegnungen an den Gräbern ergäben, die schon mehr als einmal zur Paarbildung geführt hätten. An mehreren Stellen hatte er meditative Sprüche auf freie Gräber gestellt, die die Besucher beim Rundgang entdecken konnten. Den Friedhof nicht nur für einen Abend künstlerisch zum Leben zu erwecken, könnte Knapp sich durchaus vorstellen.
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Sich einfach mal hinsetzen zwischen den Gräbern und Live-Musik zu lauschen, das ermöglichten Ulrike Scherer als wandernde Geigerin sowie Klaus Felder, der mit einem Musikerkollegen zwischen den Bäumen Blues und Balladen intonierte. Torsten Kelsch und Günther Paffrath lasen aus ihren Büchern, wobei Delling-Kenner Paffrath auch Anekdoten zur Geschichte des Ortes, an dem seine Angehörigen beerdigt sind, vortrug. Den Schlusspunkt bildete bei einbrechender Dunkelheit eine Projektion von Organisator Christoph Felder, der zudem die Veranstaltung filmisch dokumentierte.
Unter dem Titel „Besondere Orte“ ist die Dokumentation am 30. September bei einer Ausstellung im Gladbacher Kreishaus zu sehen.