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ModelleisenbahnKürtener Fachgeschäft schließt für immer seine Tore

Lesezeit 4 Minuten
Klaus und Astrid Spisla in ihrem Modelleisenbahngeschäft in Bechen

Klaus und Astrid Spisla in ihrem Geschäft in Kürten-Bechen

Zu Ostern schließen Klaus und Astrid Spisla ihr Modelleisenbahngeschäft in Kürten-Bechen

Natürlich ist Klaus Spisla auch ein Experte der bergischen Eisenbahngeschichte. Also, im Sommer 1989 war es, als ein Sonderzug in den Gladbacher Bahnhof rollte. „Eine Stadt geht auf Reisen“ habe diese Aktion geheißen.

Ein Zugausflug der ganzen Stadt nach Heidelberg, von Köln-Dellbrück aus seien zuerst die ersten sechs Waggons in den Gladbacher Bahnhof geschoben worden, danach die ersten zurück- und die zweiten sechs Waggons hineingeschoben; weil die Strecke ja nur eingleisig sei, gestern wie heute. Das Zugzielschild der Sonderfahrt hängt als Andenken in Spislas Bechener Modelleisenbahngeschäft.

Das Foto zeigt den Adler-Zug in Miniatur.

Das ist der Adler in Miniatur: 1835 rollte der Adler als erster Zug in Deutschland von Nürnberg nach Fürth

Ein Kapitel, nein, eine Ära geht zu Ende. Klaus und Astrid Spisla schließen ihr Spielzeugwarengeschäft in Bechen, unwiderruflich. Am 19. April, dem Samstag vor Ostern, ist letzter Verkaufstag, zuvor gibt es noch kräftige Rabatte. Spisla, dieser Namen stand in den vergangenen Jahrzehnten für Modelleisenbahnen, der Name war untrennbar mit diesen Miniaturmodellen verbunden.

Keine Nachfolger gefunden

Das Geschäft war allererste Anlaufstelle für alle, die ein Herz für die Modelleisenbahnen hatten. „Es ist das Alter, es geht nicht mehr“, bedauert Klaus Spisla den Rückzug, er sei ja schon 72. Auch um die beiden Enkel wolle man sich jetzt mal kümmern. Gattin Astrid wird bald 67, da sei ja die Rente durch.

Die Festgesellschaft zur Adler-Fahrt 1835

Auch die festlich gekleideten Figuren der Festgesellschaft gab es zu kaufen

Leider hätten sie beide keinen Nachfolger fürs Geschäft gefunden, trotz langer Suche, berichtet er. Im vergangenen Jahr sei ein Interessent, Mitte 40, abgesprungen. Ihm sei die Geschäftszukunft für die nächsten zwei Jahrzehnte zu heikel erschienen, berichtet Spisla und schaut bedrückt: Ja, auch in seinem Bereich gehe der Umsatz zurück, die Zahl der Stammkunden werde immer geringer. Zuletzt war Spisla weit und breit der einzige Fachhändler.

Die Zentralstation. Dass ist das Herz des Modelleisenbahngeschäfts. Das Gerät, das auf dem Tresen steht, wirkt unscheinbar. Einige Knöpfe und Regler gibt es. Klaus Spisla nimmt eine holländische Miniaturlok aus der Vitrine, die Auflieger für die Oberleitung blitzen; Pantographen heißen sie in der Eisenbahnersprache.

Das Foto zeigt eine Güterlokomotive auf der Gleisanlage im Geschäft

Eine Güterlokomotive auf der Gleisanlage im Geschäft

Auch zwei Meter Gleis gibt es bei Spisla im Laden. „Hiermit kann ich die Lok ansteuern“, sagt er. Tausende Loks sind in der Zentralstation digital registriert, auch jene, die er jetzt auf die Gleise gesetzt hat. Die Diesellok bimmelt geräuschvoll, Lämpchen blinken, auch eine Tonleiter wird gespielt. Stimmt, das Innenleben einer Miniaturlokomotive scheint sehr vielfältig zu sein. Beim Anfahren streben die Bügel des Stromabnehmers nach oben, vorne und hinten gehen die Positionslichter der Lok an. Spislas Augen strahlen, wenn er sich mit der Lokomotive beschäftigt.

„Ich habe 1967 angefangen, als Auszubildender bei Spielwaren Haas in Bergisch Gladbach“, erinnert sich der Spielwarenexperte an lange vergangenen Zeiten. Haas, dieser Name war damals ein Begriff in der Kreisstadt. Am Geschäft fand er direkt Gefallen, und auch an den Modellbahnen, die er schon als Kind liebte. „Da hat sich die Technik schon weiterentwickelt“, sinnt er nach. Heute sei ja alles digital. „Neue Zeiten“, sagt er.

Auch Puppen und Schaukelpferde führten die Spislas

Auch Puppen und Schaukelpferde führten die Spislas

Oben, in einer der Schauvitrinen, hat er noch eine Verkaufspackung des „Adler“, des allerersten Zugs, der in Deutschland auf die Schiene kam. Im Dezember 1835 war das, auf der Strecke von Nürnberg nach Fürth. Die nachgebildeten Waggons wippen, wenn sie auf den Schienen stehen, die feine Festgesellschaft im offenen Wagen hatte damals wohl viel zu feiern. Auch die „Adler“-Lok stellt Spisla auf die Gleise, sachte, behutsam.

Wie rohe Eier

Wie rohe Eier behandelt er die Waggons. 1985 habe die Firma Märklin diesen Zug als Sondermodell auf den Markt gebracht, er gehöre zur Epoche I. Die Eisenbahner haben ihre Geschichte in Epochen gegliedert, der moderne InterCityExpress, ICE4, gehöre zur Epoche VI.

Am beliebtesten sei das Fahrmaterial aus den 1950er und 1960ern-Jahren, die Epoche III. Da sei es bunt zugegangen auf den Schienen, in Deutschland, Europa und der Welt. Verpönt sind laut Spisla Mischungen der Epochen, die Eisenbahner schauen, dass alles passt auf ihren Schienen. 1989 machte sich Spisla selbstständig, eröffnete seinen Laden auf der Mülheimer Straße in Bergisch Gladbach, neben dem Vereinslokal der Modelleisenbahner.

Seit neun Jahren in Bechen

Als er vor neun Jahren das Ladenlokal verlassen musste, fiel dem Kürtener das Lädchen in Bechen auf. „Eine sehr gute Entscheidung“, meint er rückblickend. Mit Gattin Astrid hatte er immer Begleiterin an der Seite, die andere Geschäftsfelder eröffnete. Räuchermännchen und Schwibbögen aus dem Erzgebirge gab es bei ihr, und die Stoffbären der Marke Teddy, einem Konkurrenten von Steiff. „Und alles, was für den Modellbau wichtig ist“, ergänzt sie.

Wer ein richtiger Modelleisenbahner ist, möchte halt auch eine passende Landschaft für seine Züge haben. Und so gab es bei Spislas auch Bahnhöfe und Wohnhäuschen im Miniformat, selbst Wiesen und Weiden mit Kühen, Schafen und Ziegen.

Ganz von der Eisenbahn kann der 72-Jährige auch im Ruhestand nicht lassen. Begeistert berichtet er von der Schwarzwaldbahn und den Gleisen nach Triberg, mit über 30 Viadukten und Tunnels auf kurzer Strecke.

Und bei der nostalgischen Brockenbahn im Harz will Spisla seinen Dampflok-Führerschein machen. Das sei fest eingeplant, berichtet er voller Vorfreude.