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„Menschen haben Spielregeln verändert“Wieso ein Kürtener Förster nach Rügen zieht

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Raik Gröning

Revierförster Raik Gröning vor der Kulisse des Waldes an der Weyermühle, ein Gebiet, das beispielhaft aufgeforstet wird.

Kürten – Raik Gröning verlässt seine Kürtener Bäume. Der Revierförster tut das mit einem lachenden und einem weinenden Auge. „Ans Herz gewachsen“ seien ihm die bergischen Wälder und die bergischen Menschen in den neun Jahren seines Wirkens. Andererseits lockt eine reizvolle Aufgabe in einer Region, wo andere Urlaub machen.

Gröning geht nach Rügen und wird in der dortigen Forstverwaltung einer von vier Revierförstern sein. Der 43-Jährige kommt gebürtig aus Mecklenburg-Vorpommern, die Wälder von Rügen kennt er aus vielen Urlauben. „Ins Blaue habe ich mich nicht beworben“, sagt er. Die Vorfreude auf die neuen Aufgaben ist ihm anzumerken. In diesen Tagen hat er in Kürten – sein Büro ist in der privaten Wohnung im Dorf Richerzhagen – seinen letzten Arbeitstag.

Zum 1. Oktober beginnt er auf Rügen, als Revierleiter des Bezirks Mönchgut-Granitz, wozu auch die Ostseebäder Binz, Sellin, Baabe und Göhren gehören. In Kürten und in Bergisch Gladbach, zuletzt hinzugekommen als Aufgabe, lässt er den Borkenkäfer zurück. Das Absterben der Fichten und Kiefern, ausgelöst von Dürre und den daraus entstandenen Milliarden von Borkenkäfern, setzt den Wäldern zu.

Unentwegter Kampf gegen Trockenheit und Schädlinge

Dass der Wald sich verändert, beschäftigt Gröning unentwegt. „Wir Menschen haben die Spielregeln verändert“, sagt der Forstmann. Was er damit meint: Der Borkenkäfer sei an sich ja ein natürlicher Bewohner der Waldes. Durch die vom Menschen ausgelöste Erwärmung und den einsetzenden Klimawandel hätten sich die Bedingungen für den Schädling verändert. „Der Borkenkäfer ist nicht schuld an der Situation.“ Dieses Bewusstsein versucht er zu vermitteln.

Die letzten drei Jahre waren für Gröning ein unentwegter Kampf gegen die Folgen der Trockenheit, unterstützt von den Aufforstungsprogrammen des Landes. Abgestorbene Nadelbäume seien zum größten Teil bereits aus dem Wald geholt worden. „Das ist wichtig, und wir sind in Kürten schon sehr weit.“ Bei der Fahrt durch sein Revier kommt Gröning ins Erzählen. Spricht von den 43 Hektar, die allein 2021 aufgeforstet werden, seit 2018 seien es 83 Hektar. Die Zahl der Sprösslinge hat er auch im Kopf. Es sind 169.180.

„Der Wald ist kein Acker.“

Mischwälder sollen kommen für die Kahlflächen, schnellstmöglich, um eine weitere Auswaschung der Böden zu verhindern. Darunter seien dann auch Douglasien und Amerikanische Mammutbäume, vereinzelt, die der Temperatur besser standhielten und – auch das ist wichtig - schneller wachsen. Auch die braunen Flächen ohne Bäume sind für Gröning Wald. „Der Wald ist immer da“, sagt er. In seiner Zuständigkeit lagen die Privatwälder, in Kürten 2212 Hektar, 32 Prozent der Gemeindegebietes.

Hinter Herweg biegt er in einen Feldweg ab, einige Kurven dauert es, bis Gröning mit Blick auf einen steilen Hang anhält. Dieser Hang werde komplett aufgeforstet, mit dem Baum-Mix der Zukunft, erklärt er. Gröning will zeigen, dass es vorangeht, trotz der Borkenkäfer und der Dürre. Das Waldstück, das in Nähe der Weyermühle liegt, ist eines der größten zusammenhängenden in Privathand, die Aufforstungen sind aus der Ferne gut zu erkennen. Eine schnelle Rendite könne der Wald den Eigentümern nie geben. Gröning erklärt: „Der Wald ist kein Acker.“

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Alles, was heute gepflanzt werde, bringe einen wirtschaftlichen Ertrag erst für die Enkel und Urenkel. Die Sorgen würden aber trotz aller Bemühungen eher größer. Die Buche sei die nächste Baumart, die massiv ausfallen werde. 40 Prozent der Bestände seien durch die Trockenheit schon geschädigt. Das sehe bislang kaum ein Spaziergänger. Und wenn man es erkenne, sei es schon zu spät für den Baum.

Dass er in späteren Jahren einmal in Kürten nachschaut, wie sich die von ihm gepflanzten Wälder entwickeln: „Kann schon sein“, sagt er.