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Mit 144 km/h in Kürtener Hauswand gerast18-Jähriger hatte vorher getrunken

Lesezeit 3 Minuten
Justitia am Gericht

Justitia an einem Gerichtsgebäude (Symbolbild)

Kürten/Bergisch Gladbach – Mehr Glück als Verstand hatte ein 18-jähriger Fahranfänger, als er samstags um kurz nach Mitternacht mit Tempo 144 durch Kürten-Eichhof raste. In einer leichten Kurve kam sein Opel Corsa von der Fahrbahn ab und krachte in eine Hauswand, die teilweise einstürzte.

Knapp 18 Monate nach dem Unfall stand der Kfz-Azubi vor Gericht. Jugendrichter Berthold Sellmann sprach eine Verwarnung wegen fahrlässiger Straßenverkehrsgefährdung aus: Martin M. (Name geändert) hatte sich unter Alkoholeinfluss hinters Steuer gesetzt. Warum diese irre Fahrt?

Der junge Fahrer musste reanimiert werden

Fünf Sekunden vor dem Aufprall versuchte M. eine Vollbremsung, wie die Auswertung der Airbag-Aufzeichnungen ergab. Beim Aufprall hatte das Auto noch Tempo 108. Der Wagen erlitt Totalschaden, das Badezimmer der Wohnung stürzte ein, die 72-jährige Bewohnerin hätte ums Leben kommen können. Sie kam mit dem Schrecken davon.

Ersthelfer reanimierten Martin M. Die Brüche werden ihm nach den Worten seiner Verteidigerin Barbara de Ico Valentino womöglich in späteren Jahren eine Arthrose bescheren.

Richter Sellmann stellt bohrende Fragen. Einem Aufkleber auf dem Fahrzeug zufolge gehörte M. einer Clique junger Leute an, die bereits einmal eines ihrer Mitglieder bei einem Autounfall verloren hat. „Was ist da los?“, fragt Sellmann. „Ich kann es Ihnen nicht sagen“, antwortet der Azubi leise.

Minuten vor dem Unfall noch Sprachnachricht an Freundin geschickt

Wie er das jetzt sehe? „Große Kacke, auf gut Deutsch gesagt.“ An den Unfall hat er nach eigenen Angaben keine Erinnerungen. Bei der Wahrheitsfindung behilflich sind Whatsapp-Sprach- und Textnachrichten, die Martin M. an seine damalige Freundin verschickt hat.

Sprachnachricht von 0.25 Uhr, drei Minuten vor dem Aufprall: „Du, es ist mir egal, ob du willst oder nicht. Ich komme jetzt zu dir.“ Die junge Dame war wohl vorher beim Schützenfest zu einem anderen ins Auto gestiegen, und Martin wollte sie wutentbrannt in Gladbach aufsuchen.

Dabei hatte er den Abend eigentlich anders geplant: Nach dem Schützenfest wollte er bei einem Freund übernachten und hatte daher auch getrunken. Wie viel Bier oder was auch immer er in der Nacht intus hatte, ließ sich nicht mehr feststellen. Die Ärzte hatten ihm keine Blutprobe entnommen.

Schwere Folgen für den Unfallfahrer

Indes hat sich der junge Mann mit seiner Unfallfahrtselbst gestraft. Der Führerschein ist weg, er hat morgens und abends zwei Stunden Arbeitsweg mit Bus und Bahn. Die Restschuld für den Wagen, 12 500 Euro, zahlt er mit monatlich 250 Euro von seinem Lehrgeld ab, und er muss ein Ausbildungsjahr wiederholen.

Seine Eltern stehen weiter zu ihm. „Es war ein Fall ins Bodenlose“, beschreibt sein Vater, der mit im Zuschauerraum sitzt, wie die Nachricht vom Unfall damals auf ihn gewirkt habe. „Ich bin so froh, dass er lebt.“

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Verurteilt wird M. wegen Gefährdung des Straßenverkehrs und außerdem wegen Nötigung: Ein Jahr nach dem Unfall hatte Martin M. einen anderen jungen Mann bedroht.

M. erhält eine Verwarnung nach Jugendrecht. Der Führerschein bleibt für drei weitere Monate entzogen, danach muss er ihn neu beantragen und eine verkehrspsychologische Beratung absolvieren.