AboAbonnieren

Nach DürreOhne Neupflanzungen wird sich der Wald natürlich verjüngen

Lesezeit 4 Minuten

Die Jahre Problemjahre 2018/2019 werden Förster Wolfgang Blass im Wald noch auf Jahre beschäftigen.

  1. Die Dürre des vergangenen Sommers wirkt immer noch nach und man kann es in den Wäldern merken.
  2. Wichtig ist eine gute Wasserversorgung der Wälder auch im Kampf gegen den Borkenkäfer.
  3. Das Gespräch mit dem Förster Wolfgang Blass führte Uta Böcker.

Die Waldschäden sind extrem, sagt Wolfgang Blass, Förster beim Regionalforstamt Bergisches Land. Der Boden wirkt zwar feucht. Aber die Dürre wirkt nach, mahnt er.

Im Wald stehen vielerorts Pfützen. Hat der Regen der letzten Wochen gereicht, um die Wasserreserven im Boden aufzufüllen?

Der Eindruck trügt. Nur im Oberboden bis zu einer Tiefe von 25 Zentimetern ist ausreichend Feuchtigkeit angekommen. In den tieferen Schichten ab 1,80 Meter gibt es immer noch Defizite.

Warum ist Wasser in den tiefen Schichten so wichtig?

Ohne Wasser verhungert der Baum. Er braucht es zum Transport der Nährstoffe. Wichtig ist eine gute Wasserversorgung auch im Kampf gegen den Borkenkäfer. Denn nur so kann das Nadelholz viel Harz produzieren. Damit kann der Baum den Käfer ersticken, beim Versuch sich einzubohren.

Werden wir 2020 wieder ein Problem mit dem Borkenkäfer bekommen?

Davon gehe ich aus. Zurzeit frisst sich der Borkenkäfer weiter durch die Rinden. Wenn es so warm wird wie in den letzten beiden Sommern, kann er wieder vier Generationen produzieren, die dann die letzten Fichten im Rheinisch-Bergischen-Kreis zum Absterben bringen.

Was würde helfen?

Dem Wald können nur Feuchtigkeit und Pilze helfen, die die Käfer abtöten.

Selbst die Buche kränkelte im vergangenen Sommer. Wird es für diesen wichtigen Baum das entscheidende Jahr?

Für alle älteren Bäume ist Wasser in tieferen Schichten notwendig, da ihre Wurzeln in den Boden hineinragen. Vor allem die beiden Baumarten Buche und Eiche haben deshalb schwer zu kämpfen. Sie sterben einzeln oder gruppenweise ab, meist im Alter von 120 Jahren und älter.

Abschuss von Rehen

Allgemeinverfügung einmal anders: Der Rheinisch-Bergische Kreis erleichtert den Abschuss von Rehen, um die Wiederaufforstung der Wälder zu unterstützen. Rehböcke und Schmalrehe – also männliche Tiere und weibliche „Jugendliche“, die noch nicht gekalbt haben – dürfen nun schon ab April bejagt werden und nicht erst ab Mai, allerdings nur auf solchen Flächen, die nach den großen Trockenheits- und Borkenkäferschäden der Jahre 2018 und 2019 wieder aufgeforstet werden. Diese Sonderregelung gilt bis 2024. (sb)

Selbst Eichen sind windwurfgefährdet, weil der schützende Kiefern- und Fichtenbestand fehlt. Hinzu kommt der wärmeliebende Prachtkäfer, der geschwächte Bäume befällt.

Ist das für andere Baumarten egal, weil sie bereits der Dürre zum Opfer gefallen sind?

Ja, den Fichten hier im Kreisgebiet ist es egal. Sie sind ohnehin Ende des Jahres tot.

Wie groß ist die Schadensfläche im Kreisgebiet?

Die Frage ist nicht einfach zu beantworten, in absoluten Zahlen ohnehin nicht. Wir gehen davon aus, dass die Schadensfläche zwischen 65 und 70 Prozent der Waldfläche beträgt. Denn man darf nicht nur die vielen abgestorbenen Fichten und Kiefern betrachten, sondern auch das Laubholz ist geschädigt.

Sind die Schäden der vergangenen beiden Sommer im Wald beseitigt?

Nein, bei weitem nicht. Dies wird noch ein paar Jahre in Anspruch nehmen.

Wie weit sind Sie mit den Aufforstungen mittlerweile?

Die Baumschulen können lange nicht so viele Pflanzen liefern wie benötigt werden. Sie haben ihr Angebot in den vergangenen Jahren drastisch zurückgefahren, da die Forstwirtschaft überwiegend über natürliche Verjüngung und ohne Kahlschläge gewirtschaftet hat. Daher mussten wenig Pflanzen eingekauft werden.

Aber es werden doch alle kahlen Flächen neu bepflanzt?

Das wird nicht gehen. Der Holzmarkt ist zusammengebrochen, die Waldbesitzer bekommen keine Erlöse. Stattdessen haben sie hohe Kosten, um die Verkehrssicherheit an Straßen und Gebäuden herzustellen. Somit wird die Wiederbewaldung der natürlichen Sukzession überlassen. Das lässt aber durchaus in Zukunft einen stabilen Waldbestand erwarten.

Die NRW-Landesregierung hat doch finanzielle Unterstützung zugesagt?

Die Landesregierung hat dem Wald ein Programm von 100 Millionen Euro zugebilligt. Nur mal so zum Vergleich: Die Kosten für Kölner Oper und Schauspiel summieren sich nach jüngsten Schätzungen auf mindestens 820 Millionen Euro. Daran erkennt man die Urbanisierung der Bevölkerung.

Wie sieht der Wald der Zukunft für Sie als Förster aus?

Der Wald muss klimastabil sein mit Baumarten, die mit dem Klimawandel zurechtkommen. Um die nachhaltige Holznutzung zu gewährleisten, ist es sicherlich notwendig auch Baumarten aus wärmeren Gefilden anzusiedeln. Holz wird immer gebraucht werden und ist unser einzig wirklich nachhaltiger Rohstoff, der ohne Düngern wächst. Egal ob als Bauholz oder für Möbel oder – noch wichtiger wie heute allenthalben zu sehen – als Toilettenpapier.