Kultur vor 1200 SpiegelnAltenberger Gastronom baut Spiegelzelt in Odenthal wieder auf
Odenthal – „Was mir wirklich gut tut,“ sagt der Mann im Rollstuhl, hält inne und schaut, wie eine Spiegelwand vorbeigetragen wird: „Was mir gut tut, ist, dass ich in Odenthal einen gefunden habe, der genauso verrückt ist wie ich und an den ich den Stab nun wirklich übergeben kann.“
Adriaan Nijkamp drückt die Hand von Markus Wißkirchen. Der Altenberger Gastronom, Hotelier, Planwagen-Pilot und Entwickler mancher innovativer Tourismusideen hat das Spiegelzelt zurück nach Altenberg geholt: 21 Jahre, nachdem Adriaan Nijkamp den Ort für Kleinkunst und Co. zum ersten Mal in die Gemeinde Odenthal geholt hat. Vor zehn Jahren stand es zuletzt in Altenberg, jetzt markiert Wißkirchen mit ihm einen Neustart für Kultur, Varieté und Zirkuserlebnis nach der Pandemie und der Hochwasserflut, die auch in Altenberg große Schäden angerichtet hat.
Spielprogramm vom 17. November bis 9. Januar
„An spielfreien Tagen und mittags möchte ich das Zelt gerne für gemeinnützige Zwecke zur Verfügung stellen, vom Seniorenkaffee bis zu Vereinen, Schulen oder Gruppen, die wegen der Hochwasserschäden zurzeit noch nicht wieder ins Haus Altenberg können“, sagt Markus Wißkirchen und plant bereits kräftig am Spielprogramm: Vom 17. November bis zum 9. Januar sei bereits für fünf Tage die Woche eine Dinnershow mit dem Kölner Zirkus „Cirque Bouffon“ in Vorbereitung, so Wißkirchen.
200 bis 250 Personen passen bei den aktuellen Corona-Vorsichtsmaßnahmen ins Zelt, von mittwochs bis samstags soll es je eine Vorstellung geben, an Sonntagen zwei.
Karneval in Rhein-Berg: Sitzungen, aber keine Partys im Zelt
„Die zwei Wochen vor dem 17. November möchten wir selbst noch ein Kleinkunstprogramm zusammenstellen.“ Dazu sei er schon mit verschiedenen Musikern von Kölsch bis Jazz im Gespräch.
Auch Kabarett sei wie 2011 denkbar, als etwa der Gladbacher Kabarettist Ferdinand Linzenich im Altenberger Spiegelzelt auftrat. Ab 9. Januar könnte dann ein traditionelles Karnevalsprogramm folgen. „Mit Rednern, auf kulturellem Niveau“, sagt Wißkirchen und schließt jede Party im Zelt aus.
Geschichte des Spiegelzelts
Mit „Adriaantje“ fing alles an
„Hiermit fing alles an“, erinnert sich Adriaan Nijkamp und zeigt ein Bild von einem Waffelsalon namens »Adriaantje“, den er als Marketingmanager Ende der 90er Jahre auf einer Eventmesse in Maastricht entdeckte. 1999 bereits holte er einen großen Bruder des „kleinen Adriaan“, ein Spiegelzelt der belgischen Familie Klessens, für das 40-Jährige des Kölner Senftöpfchens für dessen damalige Prinzipalin Alexandra Kassen nach Köln. Später organisierte der Gründer und Initiator des Odenthaler Kulturspiegel e.V. bundesweit Spiegelzeltprogramme, im Jahr 2000 auch erstmals in seiner Wahlheimat Odenthal. Im Folgejahr fiel ein Teil des Programms wegen des Terroranschlags vom 11. September aus. In den folgenden Jahren folgten weitere Spiegelzelt-Aktionen in der Gemeinde, 2003 zum ersten Mal in Altenberg, wo das Zelt zuletzt 2011 gastierte – und jetzt von Markus Wißkirchen in Eigenregie neu mit Leben gefüllt wird. (wg)
„Hier neben das Spiegelzelt kommen noch ein eigenes Küchenzelt, eigene Toiletten, eine Heizung und auch noch eine Schallschutzwand aus hochverdichteten Strohballen“, erklärt er, während Rick Klessens und sein Team von der belgischen Spiegelzeltverleihfirma noch mit dem Aufbau beschäftigt sind.
35 mal 20,5 Meter, 1200 Spiegel, 300 Plätze
„Mein Opa hat 1923/24 mit solchen Zelten angefangen“, erzählt der 58-jährige Rick Klessens. „Das was wir hier aufbauen, ist das erste, das ich 1999 nachgebaut habe“, erklärt Klessens. Die Spiegelwandelemente, die seine Mitarbeiter derweil für den Windfang im Eingang des außerhalb von Corona 300 Plätze umfassenden Zeltes zusammenstecken, haben insgesamt mehr als 1200 Spiegel.
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„Das komplette Zelt ist in unserer eigenen Werkstatt entstanden“, sagt Klessens, „unsere Aufbauer sind alle auch versierte Handwerker.“ Ricks Frau Liliane näht die imposanten Stoffhimmel im Zelt. 35 mal 20,5 Meter misst das Spiegelzelt, dass Klessens bei Wißkirchen aufgebaut hat. „Zum ersten Mal seit Beginn der Pandemie“, sagt er strahlend.
„Die 45 Tonnen waren 18 Monate in den zwei Containern verstaut, aber es ist alles in Ordnung“, sagt er zufrieden. Von Nordamerika bis Australien – das nostalgische Zelt ist schon rund um den Globus verschifft und aufgebaut worden. „Und jetzt wird es wieder die Gäste in Altenberg verzaubern“ sagt Adriaan Nijkamp strahlend. „Bei Markus Wißkirchen können die Menschen entdecken, was hier an Kultur wieder alles möglich ist.“
Die Karten für die Veranstaltungen im Spiegelzelt sollen in den kommenden Wochen bei Kölnticket eingestellt werden.