Odenthal – Als der mächtige Graf Engelbert von Berg an einem düsteren Novembertag des Jahres 12 25 durch einen Hohlweg bei Gevelsberg ritt, da ahnte er nichts davon, dass er nicht lebend im knapp 50 Kilometer entfernten Kloster Altenberg ankommen würde. Überfallen und brutal ermordet traf wenig später nur der Leichnam im Tal der Dhünn ein, wo man ihm Eingeweide und Herz entnahm. Hier sind diese Reliquien immer noch – aufbewahrt in einem kunstvollen Schrein.
Kirchen sind nicht nur religiöse Versammlungsstätten, sondern auch Orte der Kunst, der Geschichte und biblischen Geschichten. Die im Kirchenraum zu findenden Kunstwerke sind dabei mehr als museale Beispiele aus verschiedenen Epochen. Ihre Symbolik erzählt Geschichten, mit denen man durch das Kirchenjahr gehen kann. Dazu lädt die Kunsthistorikerin Petra Janke in ihrer jüngsten Publikation ein. Am Beispiel von Kunstwerken im Altenberger Dom erklärt sie den biblischen Jahreszyklus.
Das Kirchenjahr verstehen
„Der kirchliche Jahreskreis mit seinen Festtagen ist nicht mehr allen geläufig“, sagt Petra Janke. Weihnachten und Ostern seien noch präsent, aber bei Pfingsten oder Fronleichnam werde es schon schwieriger. Die Marienfeste, die gerade in Altenberg eine wichtige Rolle spielten, da jede Zisterzienserkirche Maria geweiht sei, seien selbst Katholiken kaum noch bekannt. „Ich möchte, dass die Menschen verstehen, warum eine Kirchenausstattung so ist wie sie ist und dass man mit ihr auch das Kirchenjahr verstehen kann“, erklärt Janke, die auch Domführerin ist.
Das Buch
Altenberger Kunstwerke
Petra Janke: Die Gegenwart der Heilsgeschichte. Altenberger Kunstwerke im Jahreskreis der Kirche, Heider-Verlag, Bergisch Gladbach 2022, 96 Seiten, zahlreiche Abbildungen. ISBN 978-3-947779-34-5. Für 14,80 Euro im Buchhandel und auch im Altenberger-Dom-Laden erhältlich.
Geplant waren die einzelnen Kapitel ursprünglich als monatliche Einzelbeiträge für den Pfarrbrief der katholischen Kirchengemeinde. Da der Pfarrbrief eingestellt worden sei, habe sie sich entschlossen, die einzelnen Kapitel zu einem Buch zusammenzufassen, so die Autorin. Dabei stand am Anfang die Bestandsaufnahme: Was ist von der Ausstattung noch vor Ort vorhanden? Und was lässt sich auf ein bestimmtes Datum im Kirchenjahr zurückführen? Berücksichtigt wurden dabei alle Epochen vom 13. Jahrhundert bis zur Moderne, alle Kunstgattungen – Plastik und Malerei ebenso wie Mobiliar.
Der heilige Bernhard ist überall
So begegnet man im reich bebilderten Buch vielen biblischen Gestalten. Dem gemeuchelten Engelbert ebenso wie dem Erzengel Michael oder dem heiligen Hubertus. „Der ist zwar nur ganz klein im Wappenschild des Grabmals von Herzog Gerhard II. zu finden“, so Petra Janke. Doch der Herzog stiftete Hubertusorden und Altenberger Hubertusmesse, die hier noch alljährlich im November für den Patron der Jäger gefeiert wird.
Den Anfang des Kirchenjahres macht nicht wie in der säkularen Welt Neujahr, sondern schon der 8. Dezember: Mariä Empfängnis, dargestellt als barocke Figur im südlichen Seitenschiff. Nicht zu übersehen ist in Altenberg der heilige Bernhard. „An dem kommt man nicht vorbei“, sagt Petra Janke lächelnd. Er findet sich als Teil der Vierergruppe der Reformäbte aus Bronze, eines der jüngsten Werke in Altenberg, geschaffen vom Gladbacher Künstler Werner Franzen. Auch vor dem Küchenhof findet man Bernhard, dem der 20. August, sein Todestag, gewidmet ist. Dieses Mal in einer szenischen Darstellung von Walter Jansen.
Ein Bild von Christi Himmelfahrt kann man am Chorgitter entdecken, Ostern in den Kreuzwege-Stationen, in Glasmalereien des Westfensters und natürlich im großen Triumphkreuz am Altar. Nur für das Pfingstfest fand Janke kein Stück. Die Lücke füllt daher die kostbar bestickte, scharlachrote Kasel, das priesterliche Festgewand, das nur zu diesem Hochfest getragen wird.