Putz rieselte aus dem Gewölbe auf das Instrument, das empfindlich auf Schmutz reagiert. Die Domorganisten müssen ihr Konzertprogramm anpassen.
Renovierung im DomDie Orgel in Altenberg ist eingerüstet und kämpft um den guten Ton
Leise ist sie normalerweise selten, eher bekannt für ihre lauten, klaren Töne. Doch in jüngster Zeit klingt ihre Stimme irgendwie gedämpft. „Wie bei einer Frau, die in einen Schrank gesperrt wurde“, meint Rolf Müller lächelnd. Man könne sie zwar noch verstehen, aber die Sprache klinge irgendwie verwaschen.
Müller muss es wissen, denn der Organist im Altenberger Dom spricht über sein Arbeitsgerät, ein empfindsames Instrument mit Stimmungen: die große Klais-Orgel. Die ist schon seit Jahresbeginn mit Schutzwänden umbaut, und wo gewöhnlich die zum Kirchengewölbe empor strebenden Orgelpfeifen zu sehen sind, da zieren nun noch höhere Gerüststangen das Querschiff.
Die Register auf der Baustelle im Dom ziehen jetzt die Handwerker
Die Register auf der Baustelle im Dom ziehen jetzt die Handwerker und Restauratoren. Denn vor einiger Zeit waren Schäden am Gewölbe entdeckt worden, die jetzt behoben werden: „Ganze Putzbrocken kamen von der Decke“, erinnert sich Müller. Die waren nicht nur ein Risiko für Dombesucher, sondern auch für die Orgel. Akuter Handlungsbedarf also.
Doch die Arbeiten hätten das Instrument komplett lahmgelegt, Domkonzerte abgesagt werden müssen, wäre man nicht auf die Idee der Einhausung gekommen. Die Umkleidung des Instruments mit Schutzwänden ist optisch nicht gerade ansprechend, „die Orgel bleibt aber spielbar“, ist Müller zufrieden.
Schmutz und Staub sind ein Problem für das empfindliche Instrument
Und so kann am Sonntag die Geistliche Musik eröffnet werden, auch wenn man beim bisher gewohnten Klang Abstriche machen müsse, meint der Musiker. Jedenfalls Menschen mit einem so guten Gehör wie dem eines Organisten. Aber das sagt er nicht. Schmutz und Staub sind schon normalerweise ein Problem für ein empfindliches Instrument wie die Orgel, Baustellendreck erst recht.
„Schon das kleinste Körnchen Staub ist problematisch“, erklärt Müller. „Die Luftsäule kann dann nicht mehr so schwingen.“ Das sei reine Physik. Der Ton verändere sich, die Orgelpfeife werde unberechenbar.
Im schlimmsten Fall setzen die Orgelpfeifen ganz aus
„Neulich hatten wir einen Heuler und die Pfeife spielte von ganz allein“, so Müller. Wie ein Alarmton am Handy sei das gewesen. „Nur, dass man es nicht einfach abstellen konnte.“ Dass ein Organist solche Eigenmächtigkeiten nicht goutieren kann, ist verständlich.
Im schlimmsten Falle setze die Pfeife ganz aus. Nun verfügt die Klais-Orgel im Dom über 6500 Orgelpfeifen unterschiedlicher Größe und gilt als Kathedralorgel von europäischem Rang, aber der Ausfall einzelner Exemplare verändert dennoch das Klangerlebnis. Besonders bei großen symphonischen Stücken, bei denen ein imposanter Klang im Altenberger Dom gefragt sei, klinge das Instrument nun etwas gedämpft.
Die Domorganisten stellen sich auf die veränderten Konzertbedingungen ein
„Wir hoffen, dass die Einhausung im Juli, August weg ist, wenn das Orgelfestival stattfindet“, sagt Müller. Bei Planung der Altenberger Dommusik, die am Sonntag eröffnet wird, hat man auf die besonderen Umstände reagiert: Die Orgelwerke werden von anderen Instrumenten begleitet und die Domorganisten Andreas Meisner und Rolf Müller spielen ausschließlich am elektrischen Spieltisch, unten im Kirchenraum, aber auch wieder vierhändig und vierfüßig.
Wenn die Gewölbearbeiten beendet sind, fängt für die Klais-Orgel die Renovierung erst richtig an: Das durch die Arbeiten verschmutzte Instrument muss dann aufwendig gereinigt werden. „Dann wird die Orgel komplett zerlegt“, kündigt Müller an. Geschätzte Kosten: 180.000 bis 200.000 Euro. Drei bis vier Monate lang, schätzt Rolf Müller, werde die Orgel dann schweigen.