Weil vier Erzieherinnen gekündigt haben, müssen die Betreuungszeiten eingeschränkt werden. SPD und FDP sehen dies als Versagen der Politik.
Kita im Notbetrieb60 Kinder werden in Odenthal-Hüttchen nur noch jeden zweiten Tag betreut
Hat die Hängepartie bei der Planung der Kita in Hüttchen dazu geführt, dass der Einrichtung die Erzieherinnen davonlaufen? Darüber stritten die Fraktionen in der jüngsten Sitzung des Gemeinderates heftig.
SPD und FDP äußerten wenig Zweifel, dass ein ursächlicher Zusammenhang bestehe. Der Beschluss, der im Februar mit der Mehrheit von CDU und Grünen zustande gekommen war, sich als Kommune aus dem Kita-Neubau in Oberodenthal zurückzuziehen und diese Aufgabe an den für die Jugendhilfe zuständigen Rheinisch-Bergischen Kreis zu verweisen, habe zu Unsicherheiten beim Personal geführt, sagte Melanie Bockhoff (SPD). „Die Konsequenzen kriegen wir jetzt zu spüren.“
SPD: „Die Situation ist hausgemacht“
Die Situation sei „hausgemacht“, meinte auch SPD-Fraktionschef Oliver Deiters. Die SPD stellte den Antrag, eine Runden Tisch zu bilden, um eine Lösung zu suchen. Die FDP, die sich von Anfang an immer für den Standort Hüttchen starkgemacht hatte, wollte per Dringlichkeitsantrag eine Ausschreibung für den Neubau am bisherigen Ort erreichen. Beide Anträge wurden abgelehnt.
CDU und Grüne bestritten nicht das Problem, das die Einrichtung durch den Mangel an pädagogischen Kräften habe, auch nicht die Nöte der Eltern, wohl aber einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen politischen Beschluss damals und Personalnot heute.
CDU: Auch andere Kindertagesstätten hätten Mühe, Personal zu finden
Auch andere Kindertagesstätten hätten das Problem, geeignete Mitarbeiter zu finden, der Arbeitsmarkt sei leergefegt, das Personalproblem in erster Linie Sache des Trägers, so CDU-Chefin Nicola Ciliax-Kindling. Das grundsätzliche Problem sei auf Landes- oder Bundesebene zu lösen, so Fraktionskollegin Isabell Johann.
Es mache keinen Sinn, den „Schwarzen Peter“ auf die Odenthaler CDU oder auf seine Fraktion zu schieben, meinte Norbert Dörper, Sprecher der Grünen: „Selbst wenn wir jemanden für den ‚Schwarzen Peter‘ fänden, hätten wir dann noch keinen einzigen Erzieher mehr.“
Nur noch 30 Jungen und Mädchen können gleichzeitig betreut werden
Fakt ist: Die Kita in Hüttchen muss vom 1. August an im Notbetrieb geführt werden. Die Betreuungszeiten der Einrichtung müssten reduziert werden, weil vier Erzieherinnen gekündigt hätten, sagte Marina Fuhr, Leiterin des Kindergartens. Zu den Motiven der Kündigungen könne und dürfe sie sich nicht äußern.
Die fünf verbleibenden pädagogischen Fachkräfte des Teams könnten nicht gleichzeitig 60 Jungen und Mädchen betreuen, sondern nur noch 30, erklärte sie das Problem. Man habe den Eltern zwei verschiedene Möglichkeiten der Betreuung vorgestellt, auf dem Elternabend sei dann aber noch eine dritte Variante erarbeitet worden.
Die Einrichtung schließt zwei Stunden früher
Danach sollen bis auf Weiteres 30 Kinder montags und dienstags betreut werden, die zweite Gruppe donnerstags und freitags. Der Mittwoch wird von beiden Gruppen im Wechsel genutzt. Zudem ist die Einrichtung nicht wie bisher von 7.30 Uhr bis 16.30 Uhr geöffnet, sondern schließt bereits zwei Stunden früher.
Das setzt besonders berufstätige Eltern unter Druck. Es sei schwer zu verkraften, wenn man die Kinder nur noch jeden zweiten Tag bringen könne, sagte eine betroffene Mutter während der Ratssitzung. „Einige haben von ihren Arbeitgebern schon signalisiert bekommen, dass sie ihre Arbeitszeit nicht reduzieren können.“
Die neuen Zeiten setzen besonders berufstätige Eltern unter Druck
Sie forderte, dass ein Runder Tisch eine alternative Betreuung auf die Beine stellen und die Gemeinde offen kommunizieren solle, dass es für Erzieher und Erzieherinnen auch nach 2029 in Hüttchen eine Perspektive gäbe. Dann nämlich läuft der Mietvertrag für die Kita Hüttchen aus, eine Verlängerung ist nicht geplant.
Eine Misere mit Domino-Effekt: So sorgt sich Bettina Mücke-Fritsch, ob sie künftig noch wie gewohnt ihren Tag bewältigen kann. Sie und ihr Mann sind beide auf den Rollstuhl angewiesen und hatten nach verschiedenen Operationen zwei Alltagshelferinnen zur Seite gestellt bekommen.
Der Träger steht auch mit Zeitarbeitsfirmen in Kontakt
Beide Frauen, die jeweils drei Stunden für das Ehepaar tätig sind, haben Kinder in der Kita Hüttchen und wissen nicht, ob sie ihre Berufstätigkeit wie bisher fortsetzen können, wenn die Einrichtung ihre Kinder nicht mehr an fünf Werktagen betreut.
Man ziehe alle Register, um schnell zusätzliches Personal zu finden, sagte Pfarrer Thomas Taxacher, Vorsitzender der Ahlemeier-Breuer-Stiftung, die Trägerin des Kindergartens St. Mariä Himmelfahrt ist. Man inseriere über alle Kanäle, sei auch mit Zeitarbeitsfirmen in Kontakt, trotzdem seien Fachkräfte „so gut wie nicht zu finden“. Daher gebe es eigentlich in allen Kitas Engpässe.
Verwaltung sieht keine Möglichkeit, Kita-Personal zu finden
Da er die Gründe der Kündigungen in Hüttchen nicht kenne, könne er nicht sagen, ob es einen Zusammenhang mit der Zukunftsperspektive der Einrichtung gebe. „Die Entscheidung für oder gegen eine Kita ist eigentlich immer sehr individuell.“ Er könne die Nöte der Eltern nachempfinden, ebenso wie die starke Belastung des Kindergartenteams.
Weder könne die Odenthaler Verwaltung Erzieher aus dem Hut zaubern, noch könne man dem Kreis Vorschriften für das von ihm zu finanzierende Gebäude machen, erklärte die Verwaltung. Man arbeite eng mit dem Kreis zusammen, um das Neubauprojekt bis 2029 möglich zu machen.
Der Bau eines neuen Kindergartens hat lange Vorlaufzeiten
Das Problem dabei: Planung und Bau einer neuen Kita haben lange Vorlaufzeiten – oder wie Dirk Braunleder (Grüne) es ausdrückte: „Die Kinder, die von einer Kita-Lösung in Hüttchen profitieren, sind noch gar nicht geboren.“
Eine kurzfristige Lösung sei nicht möglich, bestätigte auch Bürgermeister Robert Lennerts (parteilos). Er sagte aber zu, sich beim Kreis für einen zügigen Ablauf eines Kita-Neubaus für Oberodenthal einzusetzen. Je nachdem, ob für das zukünftige Baugrundstück bereits Planungsrecht bestehe oder nicht, verändere sich allerdings die Dauer des Verfahrens, erklärte Judith Benecke, Leiterin des Planungsamtes.
Der Eindruck, Odenthal habe den Kindergartenbau einfach an den Kreis abgeschoben und kümmere sich jetzt um nichts mehr, sei völlig falsch, wehrte sich Dezernent Martin Stein: Es sei für die Verwaltung eine „Herzensangelegenheit“.