Politiker sehen keine andere Möglichkeit, um handlungsfähig zu bleiben - nur SPD stimmt gegen den Haushalt.
Haushalt verabschiedetOverath erhöht Steuern und bleibt etwas unter geplantem Hebesatz
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Durch den Einbruch der Gewerbesteuer ist Overath in eine finanzielle Schieflage geraten und muss Steuern erhöhen.
Copyright: Guido Wagner
„Unsere Haushalte waren immer auf Kante genäht. Aber dass eine Naht einmal derart reißen würde, das hat damals in der Tat niemand geahnt“, sagte Hermann Küsgen (FDP) in seiner Haushaltsrede im Stadtrat.
Mit ihrem Entwurf für einen Doppelhaushalt 2025/26 machte die Verwaltung einen Vorschlag, diese Naht notdürftig wieder zu flicken. Auch wenn die Ratsmitglieder immer wieder ausdrückten, wie unzufrieden sie mit der Situation seien, verabschiedeten sie den Haushaltsentwurf, inklusive einiger Anpassungen und das Haushaltssicherungskonzept, mehrheitlich mit acht Gegenstimmen der SPD.
Politiker sehen Verantwortung bei Bund und Land
Alle Fraktionen waren sich einig, dass die finanzielle Schieflage der Stadt zu einem großen Teil durch fehlende Gelder von Bund und Land entstanden sei – und das gehe den meisten Kommunen in NRW so. Das Konnexitätsprinzip greife in NRW nicht und das führe zu einem „strukturellen finanziellen Niedergang der kommunalen Gesellschaft“, sagte Oliver Hahn (CDU) in seiner Haushaltsrede.
Schon bei Haushaltseinbringung im Dezember hätten die Grünen festgestellt, dass die Gestaltung der Stadt ein „neues Preisschild“ bekommen werde, sagte Dagmar Keller-Bartel (Grüne) in ihrer Rede. Sie bedauerte, dass der Haushalt wenig Spielraum für „politische Zielsetzung“ lasse und hauptsächlich die Pflichtaufgaben der Kommune abdecke.
Overather SPD sei von Einbruch der Gewerbesteuer nicht überrascht
Hans Schlömer (SPD) führte hingegen an, dass es „weniger ungewöhnlich“ sei, dass die Gewerbesteuer eingebrochen ist, „da der der Wirtschaftszyklus zuletzt auf Abschwung zeigte, und erst in den kommenden Jahren wieder mit einer Besserung zu rechnen ist.“ Seine Fraktion habe in den vergangenen Jahren immer wieder davor gewarnt, sich zu sehr auf diese Einnahmequelle zu konzentrieren. Jetzt brauche es „gemeinsame Anstrengungen, wenn man unsere Stadt wieder aus den tiefroten Zahlen und dem Haushaltsloch ziehen will.“
Hahn sagte, dass dieser Haushalt einige Besonderheiten aufwiese, insbesondere das „ausgeprägte öffentliche Interesse angesichts seiner inhaltlichen Tragweite“. Denn: Auf die Overather kommen Steuererhöhungen zu. Die Stadt muss ihre Kassen wieder füllen und die Hebesätze der Grund- und Gewerbesteuer anheben. Dieses Vorhaben wurde seit einigen Wochen sowohl unter den Ratsmitgliedern als auch in der Öffentlichkeit heiß diskutiert (wir berichteten). Auch diese Erhöhung verabschiedete der Rat mit acht Gegenstimmen der SPD mehrheitlich (Zahlen siehe Kasten).
Petition gegen Erhöhung der Grundsteuer ist formal falsch
Die CDU wisse, dass durch diese Erhöhung eine erhebliche finanzielle Mehrbelastung auf die Overather zukomme, sehe aber keine andere Möglichkeit, um handlungsfähig zu bleiben und die Entwicklung der Stadt zu fördern. „Es sind die richtigen Investitionen in die Zukunft. Wer ernsthaft hinter diesen Plänen steht, darf sich diesem Haushalt nicht verweigern“, meinte er. Die Verwaltung werde auf ihrer Webseite eine Erklärung veröffentlichen, damit sich Eigentümer darauf einstellen können, wie viel mehr sie durch die Erhebung zahlen müssen.
Auch wenn die Petition gegen die Erhöhung der Hebesätze als Einwendung gegen den Haushaltsentwurf formell und zum Teil auch inhaltlich nicht korrekt sei, wollte die Verwaltung sie nicht unerwähnt lassen, betonte Bürgermeister Christoph Nicodemus (parteillos). Die SPD unterstütze die Intention, trotz dieser Fehler, sagte Schlömer. Mit einer Enthaltung wurde sie mehrheitlich zurückgewiesen.
So kurz vor der Wahl spielte die Bundespolitik in einigen Reden der Fraktionsvorsitzenden zumindest am Rande auch eine Rolle: Keller-Bartel fand, dass die „Chance“, Bundespolitik und Kommunalpolitik in dem gemeinsamen Wahljahr auch thematisch gemeinsam zu denken, „verstörend vernachlässigt“ wurde. Sie bedauerte, dass mit einem „Tunnelblick fast nur noch“ über Migrationspolitik gesprochen wurde, anstatt die „Probleme unseres Landes und die Herausforderungen der Zukunft in den Fokus zu nehmen“, sagte sie. Hahn kritisierte eine „eindeutig erkennbar falsch ausgerichtete Wirtschaftspolitik auf Bundesebene“.