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Bei Land NRW beworbenVilkerather kämpfen für neues Dorfzentrum – Projekt umstritten

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Mit dem ihrem Erntezug, dem größten weit und breit, pflegt Vilkerath die Tradition. Zugleich wollen viele Dorfbewohner ihren kleinen Ort auch fit für die Zukunft machen. Der Plan für ein Dorfzentrum ist allerdings umstritten.

Overath-Vilkerath – Für das Landesprojekt „Dritte Orte“ hat die Stadt Overath ihren Hut in den Ring geworfen und möchte möglichst viel Landes-Geld für ein neues Begegnungszentrum an der Vilkerather Grundschule nach Overath lenken. Allerdings ist der Plan in dem rheinisch-bergischen Grenzort nach Oberberg nicht unumstritten.

Jo Brenner, früher lange Jahre Vorsitzender des Bürgervereins Vilkerath, mahnt: „Natürlich werden die Vereine diesem Vorhaben erstmal positiv gegenüberstehen, aber selbst wenn es gelingt, die Kosten für diesen gewaltigen Bau zu generieren (70 Prozent Land, 30 Prozent Stadt?): Wer sorgt für einen geregelten dauerhaften und wirtschaftlich stabilen Unterhalt?“

Der Hintergrund

Grundlage für den Förderantrag der Stadtverwaltung war ein „Mini-Workshop“ am 10. April dieses Jahres.

Teilnehmer waren Vertreter des Jugendzentrums OJO, des Jugendamtes, weiterer Ämter, des örtlichen Bürgervereins, der Vilkerather Grundchule, des SC Vilkerath, der Kindertagesstätte Maulwürfe und des Landwirtschaftlichen Casinos. Außerdem nahm Bernd Sassenhof, der Erste Beigeordnete, teil, sowie laut Anwesenheitsliste mit Veronika Bahne-Classen (CDU) auch eine Vertreterin der CDU-Fraktion im Rat der Stadt Overath. (sb)

Hintergrund emsiger Aktivitäten rund um Vilkerath ist das im Februar präsentierte neue Zehn-Millionen-Förderprogramm „Dritte Orte – Häuser für Kultur und Begegnung im ländlichen Raum“, mit dem das Land neue Konzepte für die „kulturelle Infrastruktur in ländlichen Regionen“ unterstützt.

„Wir wollen, dass die Menschen in allen Regionen Nordrhein-Westfalens Zugang zu Kunst, Kultur und kultureller Bildung haben. Dabei wollen wir das Potenzial und Engagement im ländlichen Raum weiter stärken. Hier gibt es bereits zahlreiche kulturelle Initiativen, die vor allem von Bürgerinnen und Bürgern getragen werden“, umreißt NRW-Kulturstaatssekretär Klaus Kaiser den Zweck der Aktion. „Genau da setzt unser neues Programm an: Mit der Förderung Dritter Orte wollen wir die Akteure vor Ort vernetzen – und dazu motivieren, gemeinsam neue Wege zu gehen. “

Abgrenzung zum Zuhause und zur Arbeit

Der Begriff der „Dritten Orte“ wurde in den 1980er Jahren von dem amerikanischen Soziologen Ray Oldenburg geprägt. Gemeint sind öffentliche Orte für Begegnung und Austausch - in Abgrenzung zum Ersten Ort, dem Zuhause, und dem Zweiten Ort, der Arbeit.

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Für das Land NRW ist dabei fast alles möglich: „Eine Bibliothek kann ebenso ein Dritter Ort sein wie beispielsweise ein Soziokulturelles Zentrum, ein Heimatmuseum oder jede andere Einrichtung der Kultur und Bildung“, so die Landesregierung. Zwei Förderphasen soll es geben: In Phase 1 wird die Konzeptentwicklung mit 750 000 Euro gefördert, in Phase 2 deren Umsetzung mit neun Millionen Euro.

Für die Phase 1 hat sich die städtische Fördermittelbeauftragte Gabriele Bräuer mit acht Vereinen und Institutionen zusammengesetzt und einen Antrag auf den Weg gebracht. Vilkerath sei seit jeher ein „Straßendorf ohne traditionellen Ortsmittelpunkt“ - einen Treffpunkt gebe es nicht. Im Ergebnis wünschen sich die Beteiligten einen „multicodierten Dritten Ort der Generationen“, vereinsmäßig oder genossenschaftlich organisiert, der international, multifunktional, kooperativ und generationsübergreifend Raum für Begegnung und Kultur schaffe.

Ankerpunkt solle die aus den 1970er-Jahren stammende Halle an der Grundschule werden: „Sie ist in Systembauweise errichtet: Hallenraum und separater Sanitär-, Eingangs- und Umkleidebereich aus den 1972er Jahren, der, da sanierungsbedürftig und nicht barrierefrei, einem Neubau weichen kann.“

Ex-Bürgervereins-Chef Jo Brenner hält dagegen: „Sicherlich ist der fehlende Jugendtreff ein wichtiges Thema, aber zu behaupten, es gäbe keinen Versammlungsraum im Dorf, ist schlicht falsch. Erst kürzlich hat der Besitzer des »Saales Vogel« diesen mit großem Aufwand auf aktuellen Brandschutz hin ertüchtigt und somit steht ein Raum für bis 200 Personen mitten im Dorf zur Verfügung.“ Brenner fragt weiter: „Wie werden sich die derzeitigen Anwohner verhalten, wenn es plötzlich in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft zusätzlich zu Schule, Ojo und Kindergarten eine „Dorf-Festhalle“ mit Groß-Veranstaltungen gibt?“ Sollte das Projekt realisiert werden, dann sei es der „Todesstoß für die derzeit noch halbwegs vorhandene Ortsmitte um die Kirche herum“, so Brenner.