Anlass für Steuererhöhungen gekipptKreistag verabschiedet Haushalt in Rhein-Berg
Rhein-Berg – Politisch vom Tisch war die bei Einbringung des Haushalts geplante Erhöhung der Kreisumlage bereits vor zwei Wochen, als sich mit der Koalition von CDU und Grünen auch die Mehrheitsfraktionen dagegen ausgesprochen hatten. Ohne politisches Beben aber ging auch die formale Beerdigung der Umlageerhöhung mit der Verabschiedung des Kreishaushalts 2021 am Donnerstagabend im Kreistag nicht über die Bühne – mit deutlicher Lagerbildung zwischen der Mehrheitskoalition von CDU und Grünen auf der einen und den seit Kurzem vereint auftretenden Fraktionen von SPD, FDP und Freien Wählern auf der anderen Seite.
Wie berichtet hatten bereits im Vorfeld die Sorgen von Kreistagspolitikern sowie von Vertretern der Städte und Gemeinden, eine Umlageerhöhung werde zu einer Erhöhung der kommunalen Steuern für die Bürgerinnen und Bürger führen, heftige Auseinandersetzungen ausgelöst. In den Haushaltsreden nahmen mehrere Fraktionschefs Bezug auf die Rede des Gladbacher Bürgermeisters Frank Stein im Kreisausschuss. Dort hatte Stein als Sprecher der Bürgermeister vor allem das schlechte Verhältnis zum Kreis kritisiert.
Ausbau von Homeoffice
Gegen die Stimmen von FDP, SPD und Linken wurde der Haushalt am Ende verabschiedet. SPD und FDP hatten ihre Zustimmung unter anderem von der einer Mehrheit im Kreistag für ihren zu Beginn der Woche präsentierten gemeinsamen Haushaltsbegleitbeschlusses abhängig gemacht. Der sah vor, dass der Kreis neben der Fortsetzung des Strategischen Aufgabenmanagements (SAM) auch durch die Verringerung von Büroflächen, etwa durch den Ausbau von Homeoffice und Arbeitsplatzsharing, sparen sollte.
Das Ziel „deutlich weniger Arbeitsplätze als Mitarbeiter vorzuhalten“, wiederum werteten CDU und Grüne als Affront gegen die Mitarbeitenden im Kreishaus. Ein „Raumkonzept auf dem Rücken der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“ – „Diese Rücksichtslosigkeit werden wir ablehnen“, wetterte CDU-Fraktionschef Johannes Dünner.
Opposition forderte längere stabile Umlage
Statt des Oppositionsantrags ging am Ende der Antrag von CDU und Grünen durch, wonach die Kreisumlage, also der Beitrag, den Städte und Gemeinden an den Kreis abführen müssen, stabil bei 35,5 Prozent bleibt, und danach für die Jahre 2023 und 2024 auf 36,0 Prozent angehoben wird. Die Opposition hatte eine länger stabile Kreisumlage gefordert.
Das nun 2021 im gut 409 Millionen Euro umfassenden Kreishaushalt klaffende „Loch“ von 2,65 Millionen Euro soll durch einen Griff in die Ausgleichsrücklage gestopft werden. Wie von allen Fraktionen gefordert, wurde die Erhöhung der Beteiligung des Bundes an den Kosten für die Unterkunft Bedürftiger nicht gegen die im Haushalt zu isolierenden Kosten für die Pandemiebekämpfung gegengerechnet.
Nur kurzfristiger Weg
Kurzfristig, so CDU-Fraktionschef Dünner, sei eine Verschiebung der Corona-Kosten auf künftige Haushalte ein „gangbarer Weg“, mittel- und langfristig aber werde das den Kreis einholen. Grünen-Fraktionsvorsitzende Ursula Ehren betonte die Notwendigkeit, sich weiter um Themen wie die „Klimakrise, eine echte Verkehrswende und die Energiewende zu kümmern“. Dabei spiele der Kreis und seine finanzielle Ausstattung eine entscheidende Rolle, um die erforderlichen Zukunftsthemen angehen zu können.
Auch SPD-Fraktionschef Gerhard Zorn sprach sich für eine Schonung der Finanzen aus – vor allem aber in den Städten und Gemeinden: „Wir wollen, dass den Kommunen Luft für notwendige Investitionen, zum Beispiel in den Schulen und zur Digitalisierung ohne höhere Steuern bleibt.“
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Coronabedingt sei die finanzielle Situation der Kommunen doppelt angespannt, befand FDP-Fraktionschef Dr. Alexander Engel: Weniger Einnahmen aus der Gewerbesteuer bei erhöhten Ausgaben für soziale Leistungen. Während Werner Conrad von den Freien Wählern vor allem Bund und Land in der Pflicht sah, den Kommunen finanziell stärker unter die Arme zu greifen, warnte Sebastian Weirauch (AfD) vor den Folgekosten der Pandemie, die noch gar nicht spürbar seien.
Peter Tschorny (Die Linke) warnte denn auch vor einer Verschiebung der Coronakosten. Davon auszugehen, dass es in 25 oder 50 Jahren weniger Krisen geben werde, sei „naiv und realitätsfremd“. Am Ende blieb’s bei der Verschiebung – zumindest für die nächsten Jahre.