Leitender Impfarzt Meyer im Interview„Impfzentrum wird weiter hochgefahren”
Rhein-Berg – Seitdem Dr. Hans-Christian Meyer vergangene Woche vom NRW-Gesundheitsministerium die Erlaubnis erhielt, mit Hilfe von Spezialspritzen aus jeder Ampulle des Corona-Impfstoffs von Biontech/Pfizer statt der mit herkömmlichen Spritzen möglichen sechs Impfdosen nun sieben zu ziehen, steht das Telefon des Leitenden Impfarztes im Bergisch Gladbacher Impfzentrum kaum noch still.Neben Medienanfragen erhält er auch politische Unterstützung, um seinen Weg, angesichts der aktuellen Impfstoffknappheit mehr Menschen impfen zu können, weiterverfolgen zu können. Heute sollen 25 000 der Spezialspritzen im Impfzentrum eintreffen, die zur Gewinnung der siebten Impfstoffdosis aus einer Ampulle nötig sind.
Im Gespräch mit dieser Zeitung erläutert der Mediziner Meyer die weiteren Schritte und das Verfahren, das am Sonntag auch im Impfzentrum getestet wurde.
Herr Meyer, Sie haben die Gewinnung der siebten Impfdosis aus einer Ampulle des Biontech/Pfizer-Impfstoffs am Sonntag erstmals auch im Impfzentrum getestet. Wie lief’s?
Meyer: Die Pharmazeutisch-Technischen Assistentinnen und Apothekerinnen, denen ich die Handhabung gezeigt habe, waren begeistert. Wir haben durchgängig aus jeder Ampulle sieben Impfdosen herausholen können.
Manche Menschen können nicht nachvollziehen, warum aus einer Ampulle, aus der ursprünglich mal fünf Impfdosen gezogen werden sollten, dann zunächst sechs und jetzt sieben Spritzen gefüllt werden können – also noch mal 15 Prozent mehr.
Die siebte Impfdosis können wir aus einer Ampulle gewinnen, weil wir mit diesen speziellen Spritzen arbeiten, in denen kein Impfstoff zurückbleibt und nach der Impfung mit der Spritze weggeworfen wird. Sehen Sie, diese speziellen Spritzen haben kein sogenanntes Totraumvolumen. Das ist das hier oben bei einer normalen Spritze, da bleibt beim Impfen etwas von dem Impfstoff zurück. Deshalb wird mit herkömmlichen Spritzen immer mehr Impfstoff aufgezogen als für eine Impfung eigentlich benötigt wird – weil eben hier ein kleiner Rest in der Spritze bleibt. In den Spezialspritzen ziehe ich nur so viel Impfstoff auf wie nachher auch bei der Impfung wieder abgegeben wird.
Der Kreis hat 25 000 der Spezialspritzen geordert. Was bedeutet das für das Impfzentrum Bergisch Gladbach?
Damit kommen wir über die erste Zeit hinweg, in der gerade der Biontech/Pfizer-Impfstoff noch knapp ist.
Wie lange wird das sein? Oder besser: Wann kommt mehr?
Das können wir auch nicht genau sagen. Da können wir oft auch nur von Tag zu Tag planen und schauen, wie viel Impfstoff wir vom Land bekommen. In jedem Fall soll das Impfzentrum Anfang März weiter hochgefahren werden und dann täglich von 8 bis 20 Uhr geöffnet haben.
Wird es dann mehr Impfstoff geben?
Zumindest werden die Zweitimpfungen bei den Über-80-Jährigen hinzukommen, die bereits ihre Impfung erhalten haben. Zusätzlich wird es wohl weiterhin täglich 180 Erstimpfungen geben. Die Kassenärztliche Vereinigung, die ja die Termine vergibt, hat ja schon bis in den April hinein diese tägliche Zahl von Terminen für Erstimpfungen der Über-80-Jährigen vergeben.
Wird es durch die siebte Dosis pro Biontech/Pfizer-Ampulle nicht zusätzliche Termine für Über-80-Jährige geben?
Von Seiten der Kassenärztlichen Vereinigung ist das, wie Sie ja auch berichtet haben, noch nicht vorgesehen. Soll aber kommen.
Wer bekommt denn zurzeit die zusätzlich generierten Impfdosen dann?
Zusammen mit der Kassenärztlichen Vereinigung ist eine Priorisierungsliste aufgestellt worden mit niedergelassenen Ärzten, die zum Beispiel in Senioreneinrichtungen gehen, schon über 65 Jahre alt sind. Für die ist der neue Astra-Zeneca-Impfstoff in Deutschland nicht zugelassen, weil zu wenig Forschungsdaten über die Impfung von über 65-Jährigen vorlagen, was aber überhaupt nichts über die Qualität des Impfstoffs aussagt.
Gibt es denn so viel medizinisches Personal der ersten Prioritätsgruppe über 65 Jahre?
Das sind schon einige. Mit einem sprechen sie gerade., Ich bin auch schon 66 und habe neben meiner Arbeit hier im Impfzentrum auch noch eine Praxis in Wermelskirchen. Und eins ist sicher. Hier bei uns werden nicht, wie anderenorts zu lesen war, mit übrig bleibenden Impfdosen Verwaltungsmitarbeiter geimpft, die in der bundesweiten Impfreihenfolge noch nicht an der Reihe sind. Das hat auch Landrat Stephan Santelmann mehrfach betont.
Wie sieht es mit den Menschen in Betreuten Wohneinrichtungen aus, die bei den Impfungen in den oft nebenan liegenden Heimen ja laut Vorgabe des Landes nicht gleich mitgeimpft werden durften?
Da arbeiten wir auch an einer Lösung, damit nicht alle hier ins Impfzentrum kommen müssen.
Wie kann die aussehen?
Wir versuchen da gerade auch beim Land, ein Modellprojekt genehmigt zu bekommen, damit neben Bergisch Gladbach auch Rösrath, Overath, Kürten, Odenthal, Wermelskirchen, Burscheid und Leichlingen jeweils in einer zentralen Einrichtung Impfstoff erhalten, der dort von einer Pharmazeutisch-technischen Assistentin aufbereitet wird und dann von Hausärzten abgerufen und verimpft werden kann.
Ist das denn bei dem laut NRW-Gesundheitsministerium in der aufbereiteten Form nur sehr begrenzt haltbaren Biontech/Pfizer-Impfstoff möglich?
Laut Hersteller bestünde nach der Aufbereitung sechs Stunden Zeit dafür. Das reicht in jedem Fall. Dann könnte der Hausarzt die Patienten in der Praxis impfen – oder noch besser mit einem mini-mobilen Impfteam zu Hause. Dann brauchen gerade Risikopatienten nicht mal in die Praxis kommen.
Also ähnlich wie die Schwerpunkt-Impfpraxen in Mecklenburg-Vorpommern?
Ja, das ist auch ein Pilotprojekt.
In NRW ist das aber noch nicht genehmigt?
Nein, aber wir versuchen in Düsseldorf eine Genehmigung für ein Modellprojekt zu bekommen, das wir ja erstmal in Rhein-Berg testen könnten.
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Das wäre dann schon das zweite Pilotprojekt. Was läuft in Rhein-Berg anders als anderenorts?
Wir arbeiten hier zwischen medizinischer Leitung und organisatorischer vom Kreis sehr gut zusammen. Wir wollen das Impfen hier eben ganz nach vorne bringen.