Ihr Mitgliederzahl hat die Rösrather CDU verdreifacht, einen Bürgermeister-Kandidaten hat sie - und braucht jetzt noch eine Befriedung.
Unerwartete EntscheidungVorstand und Bürgermeisterkandidat der Rösrather CDU müssen sich annähern
Am Tag nach der Entscheidung wirkt Miguel Louzao de la Cruz bestens gelaunt. Seine Parteifreunde haben ihn mit Mehrheit zum Bürgermeisterkandidaten der CDU gewählt; für die Christdemokraten soll er nun das Rathaus von Amtsinhaberin Bondina Schulze (Grüne) zurückgewinnen.
Das innerparteiliche Ergebnis habe er vor dem Sonntag nicht erwartet, sagt Louzao: „Ich habe Herrn Braun vorne gesehen.“ Stattdessen aber 184 zu 165 Stimmen für Louzao – das Ergebnis ist irgendwie perfekt: respektabel für Mitbewerber Stephan Braun, aber auch klar und eindeutig für den Sieger. Was dem frisch gebackenen Kandidaten jetzt noch fehlt zum Glück, ist erstens eine innerparteiliche Befriedung und zweitens der Sieg bei der Kommunalwahl.
Der 53-jährige Familienvater, gebürtiger Rösrather mit spanischen Wurzeln und (seit 2018) mit deutschem Pass, hat es am Sonntag geschafft, die Mehrheit seiner Parteifreunde mit einer engagierten Rede und viel Emotion für sich zu gewinnen.
„Ich war authentisch“, sagt er selbst. Er hat geraderaus geredet, von sich, seiner Liebe zu Rösrath und zur CDU und auch von dem verstorbenen Landtagsabgeordneten Holger Müller: „Holger war nicht nur mein Mentor, sondern auch ein Vorbild und ich bin mir sicher, er schaut heute stolz von oben zu.“
Seit seiner Rekrutierung durch Müller habe er fünfmal seinen Kommunalwahlkreis für die CDU geholt, sagte er in der Bewerbungsrede weiter, um dann nach dem Vorbild seines Mentors „Klartext“ zu reden: „Ich möchte ehrlich sein. Es gab Momente, die mich enttäuscht haben. Besonders die Versuche einiger Mitglieder der Findungskommission, meine Kandidatur zu verhindern, waren für mich tatsächlich verletzend.“ Ein anderer Kandidat sei favorisiert worden, es habe negative Presse gegeben und das „unseriöse Angebot“, er könne stellvertretender Bürgermeister werden, wenn er auf die Kandidatur verzichte.
Der zum Teil unter die Gürtellinie zielende Krach vor der Entscheidung am Sonntag lastet jetzt als Hypothek sowohl auf Miguel Louzao de la Cruz als auch auf dem Rösrather CDU-Parteivorstand und der Findungskommission.
Mitgliederzahl der CDU Rösrath hat sich seit Jahresbeginn verdreifacht
Für die Mitgliederversammlung am zweiten Advent war es ein Segen, dass der Kreisvorsitzende Dr. Hermann-Josef Tebroke die Veranstaltung mit ruhiger Hand und sonorer Stimme leitete und immer wieder erklärte, dass er vielleicht ein bisschen formalistisch rüberkomme, dass aber doch alle Anwesenden das Ziel eine, dass alles rechtlich korrekt und damit unangreifbar ablaufe.
Daran tat der scheidende Bundestagsabgeordnete Tebroke gut, waren doch zahlreiche Neumitglieder im Raum. Die Rösrather CDU hat nach den Angaben ihres Vorsitzenden Dr. Daniel Schiffbauer gegenüber diese Zeitung einen Mitgliederboom sondergleichen erlebt: von 163 zum 31. Dezember 2023 hat sich ihre Zahl bis zum 15. November auf fast 500, konkret: 494, gut verdreifacht.
Die bis dahin eher schläfrig wirkende Rösrather Honoratiorenpartei hat sich damit vom vorletzten Platz der Kommunen in Rhein-Berg auf Platz 2 vorgearbeitet und augenscheinlich auch verjüngt. Allerdings habe es am Montag schon die ersten Wiederaustritte gegeben.
Wie soll es nun weitergehen in der Bipolarität von Kandidat und Vorstand? Louzao ist klar: „Da müsste mal ein Gespräch geführt werden, wie es weitergeht. Ich warte, ob die den ersten Schritt machen. Und wenn nicht, dann mache ich ihn.“
Dass jetzt gesprochen werden muss, sieht auch Parteichef Schiffbauer so: „Herr Louzao ist der demokratisch gewählte Kandidat, und wir werden jetzt besprechen, wie es weitergeht.“ Konkretere Statements dürften bald folgen, die kommenden Tage und Wochen dürften damit noch spannend werden.
Von den übrigen zahlreichen Fraktionen und Gruppen im Rösrather Stadtrat äußerte sich aus eigener Initiative lediglich die Gruppe ZLR: „Wir gratulieren der CDU und Herrn Louzao zu seiner Nominierung als Bürgermeisterkandidat. Bürgerinnen und Bürger werden im kommenden September entscheiden, wem sie zutrauen, die Verwaltung zukunftstauglich zu organisieren und die Stadt weiter zu entwickeln.“ CDU-Landratskandidat Arne von Boetticher gratulierte dem Kandidaten auf Facebook mit einem privaten Handyfoto, das die beiden in der Aula vor einem Lautsprecher zeigt.