Jugendrichter verwarnt vier junge MännerBrutale Jagdszenen auf dem Bahnhof Stümpen
Rösrath/Bergisch Gladbach. – „Das ist kein Spaß, meine Freunde. So etwas klärt man nicht mit dem Schlagstock!“ Die Worte, die Jugendrichter Ertan Güven an die soeben wegen gemeinschaftlicher gefährlicher Körperverletzung verurteilten jungen Männer richtet, sind deutlich. Und sie sind der vorläufige Schlusspunkt in einem Verfahren um eine erst jetzt bekannt gewordene brutale Attacke auf dem Bahnhof Stümpen in Rösrath.
15 gegen zwei, Schläge, Tritte und Schlagstock-Hiebe gegen Menschen, die schon am Boden liegen: Den Jagdszenen am Abend des 6. April 2021 am Bahnhof Stümpen der Oberbergischen Bahn war „Stress“ um eine junge Frau zwischen einem der Täter und einem der Opfer vorausgegangen, und dieser Stress hatte bereits einen Monat zuvor auf den Treppen am Kölner Rheinufer zu einem Zusammenstoß geführt.
Angeklagte geben sich wie Unschuldslämmer
Für den 6. April sei dann eine „Aussprache“ verabredet worden. Die fand aber nicht zivil statt, vielmehr reiste, davon zeigten sich Richter und Staatsanwältin am Ende überzeugt, eine Gruppe von etwa 15 Personen in der RB 25 von Rösrath nach Stümpen, stieg aus und prügelte auf den Konkurrenten und anschließend auch auf seinen Freud, der ihm helfen wollte, ein. Besonders übel traf es dabei Felix (alle Namen geändert), den jungen Mann, der seinem Freund Klaus, heute 18 Jahre alt, helfen wollte.
Dagegen gerieren sich die aus Bergisch Gladbach, Overath und Rösrath stammenden fünf Angeklagten, zur Tatzeit 15 bis 18 Jahre alt, im Gerichtssaal wie die Unschuldslämmer. Einer nach dem anderen gibt an, nichts Böses und schon gar keine Schlagstöcke, Baseballschläger oder Messer im Schilde geführt zu haben, als er in Stümpen ausstieg. Dort sei aber eine große Gruppe vermummter und mit Schlagstöcken und Baseballschlägern bewaffneter Personen gewesen.
Widersprüche lassen junge Männer alt aussehen
Der Richter konfrontiert einen nach dem anderen mit den Widersprüchen der Aussagen, was die fünf jungen Männer sehr schnell sehr alt aussehen lässt. Wer hat wen zu der Begegnung gebeten? Wer hat wen gesehen oder auch nicht? Wer ist auf der Toilette gewesen? Güven erklärt ihnen: „Es ist mein Job herauszufinden, was wirklich passiert ist, denn ich bin nie selbst dabei gewesen. Und ich mache das schon seit vielen Jahren.“
Nicht eben erleichtert wird die Wahrheitsfindung durch die beiden vermutlich äußerst verängstigten Opfer. Klaus gibt an, sich an diverse Details nicht erinnern zu können und keineswegs mit einem Messer bedroht worden zu sein. Felix, vermutlich traumatisiert, kommt erst gar nicht in den Prozess. Der Richter kann aber auf die jeweils unterschriebenen polizeilichen Vernehmungen zurückgreifen.
„Kein Arbeitgeber möchte Schläger im Betrieb"
Am Ende des insgesamt vierstündigen Prozesses spricht Güven einen der fünf Angeklagten frei, weil der augenscheinlich wirklich nur seine Freundin besuchen wollte und nichts mit dem Stress in Stümpen zu tun hatte. Die anderen vier verwarnt er. Sie müssen jeweils ein Anti-Aggressions-Training machen, zwei müssen je 50 Sozialstunden ableisten, einer 30. Der vierte Verurteilte muss, da er gerade eine Ausbildung beginnt, 300 Euro in einen Bußgeldfonds einzahlen.
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Eindringlich wirkt Güven auf die vier Halbstarken ein, der Gewalt abzuschwören: „Das Recht des Stärkeren funktioniert nicht. Es kommt immer ein noch Stärkerer, und wir bekommen das Chaos.“ Und er macht den vier Männern, die alle eine Zuwanderungsgeschichte haben, auch klar: „Die Ausländerbehörde ist nicht heiß darauf, Straftätern eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen.“ Er werde regelmäßig nach dem Stand der Verfahren gefragt. Und noch einen Satz fürs Leben gibt er ihnen mit: „Kein Arbeitgeber möchte Schläger in seinem Betrieb haben.“