Auf einer Bürgerversammlung berichteten Vertreter der Stadtverwaltung über die Situation bei der Unterbringung Geflüchteter.
GeflüchteteRösrather Verwaltung sieht bei Unterkunft Brander Straße große Probleme
Die Stadt Rösrath hat weiter große Schwierigkeiten, Wohnraum für geflüchtete Menschen zu finden. Das Grundstück an der Brander Straße, auf dem laut Stadtratsbeschluss eine Containerunterkunft für 72 Personen mit Sozial- und Sanitärräumen entstehen soll, kann möglicherweise nicht genutzt werden.
Auf der Bürgerversammlung, zu der am Montagabend (19. Februar) rund 350 Menschen in die Aula gekommen waren, berichtete die Erste Beigeordnete Bianca Lorenz, dass es beim Thema Lärm eine „enorm kritische Hürde“ gebe. Noch seien die Prüfungen nicht abgeschlossen. Aber es könne sein, „dass wir dort eventuell nicht bauen können.“ Das Schallgutachten sei „der springende Punkt“.
Die Nähe zur Autobahn, die in unmittelbarer Sichtweite zum Grundstück verläuft, sorge für eine hohe Lärmbelastung. Andererseits seien die geplanten Container in Stahlbauweise „keine geschlossenen Räume“. Die Vorgaben im Hochbau, die für die Unterbringung schutzbefohlener Menschen gelten, seien sehr hoch. Die Stadt werde jetzt weitere Grundstücke untersuchen. Auf Nachfrage sagte Lorenz, dass insbesondere zwei kommunale Flächen am Pestalozziweg in Frage kämen.
Diese lägen auch in Autobahnnähe, doch sei der Lärm dort wegen der in einem Trog verlaufenden A3 nicht so gravierend. Am Pestalozziweg handelt es sich um zwei Weidelandflächen, eine 7300 Quadratmeter groß (Ecke Pestalozziweg/Kammerbroich), die andere 4900 .
Moderiert von Redaktionsleiter Guido Wagner, führten bei der Bürgerinformationsveranstaltung der Stadt am Montagabend in konstruktiver Atmosphäre neben Lorenz auch die Fachbereichsleiter Christoph Herrmann (Bauen) und Petra Dickopf (Soziales) sowie Albert Seemann von der Geflüchtetenhilfe ins Thema ein.
Stellungnahme der Bürgermeisterin
Bürgermeisterin Bondina Schulze (Grüne) war auch im Saal, hatte aber krankheitsbedingt keine Stimme. In Vertretung verlas der zweite Vize-Bürgermeister Hardy Schumacher (Grüne) ihre Stellungnahme. Der Inhalt: Die Stadt ist rechtlich in der Pflicht, Wohnraum für die nach Rösrath zugewiesenen Geflüchteten zu schaffen. Anschließend wurde sachlich diskutiert.
Mit kritischen Untertönen: Mehrere Anwohner der Brander Straße äußerten Sorgen vor der Ansiedlung, einige wenige sprachen sogar von einem „Ghetto“, das entstehen könne. Die Vertreter der Verwaltung wiesen dies entschieden zurück.
Bei der Sozialbetreuung werde das Personal weiter aufgestockt, von zwei auf drei Mitarbeitende, versicherte Albert Seemann. Gravierend sei der absehbare Bedarf von rund 300 bis 330 Plätzen für Geflüchtete, der bis Jahresende zu decken sei, informierte Bianca Lorenz.
Viele Hürden
Die Stadt erwarte zwischen 200 und 230 Menschen neu in Rösrath, dazu fielen rund 100 Unterbringungsplätze in angemieteten Wohnungen weg. Die Stadt sei verpflichtet, diesen Menschen Wohnraum zur Verfügung zu stellen. Breiten Raum nahm auf der Veranstaltung die Vorstellung weiterer kommunaler Grundstücke ein:
Die allermeisten können für eine Wohnanlage nicht genutzt werden. „Wir sind fast schon in einer Notlage“, erklärte dazu die Beigeordnete. Sie zählte auf: Am Pannensiefen in Rösrath werde ein mögliches Grundstück für die Feuerwehr benötigt, am Paffrather Weg gebe es Ausbauflächen für die Schulen. In May liege man sehr nah an der Wahner Heide, an der Kölner Straße zwischen Ortsausgang Stümpen und Möbel Höffner sei ein Waldgebiet samt Siefen, das nicht zu nutzen sei, erläuterte Fachbereichsleiter Christoph Herrmann.
Der Kirchweg in Forsbach sei mit einem Bebauungsplan belegt, die Sülzbögen in Hoffnungsthal Retentionsfläche für den Fluss, der Buswendeplatz in Lehmbach für die Anbindung des Ortsteils wichtig, die Fläche an der Bitze in Rösrath sehr klein und für sozialen Wohnungsbau vorgesehen. Die beiden Grundstücke am Pestalozziweg kämen am ehesten in Frage.
Zweierzimmer in der Kritik
Leonore Sünner, lange Jahre in der Flüchtlingshilfe ehrenamtlich engagiert, hakte bei der Unterbringung in Zweierzimmern nach. Dies sei doch bei Familien nicht vorstellbar. Angesichts der vielen ausgeschlossenen Grundstück frage er sich, weshalb er hier sei, kritisierte Anwohner Jürgen Roskamp.
Axel Breunsbach, wie Sünner aus der Geflüchtetenhilfe, sagte, dass die Kommune angesichts der aktuellen Entwicklung gar nicht anders handeln könne. Mit dezentralen Lösungen komme man nicht voran. Die Stadt werde weiter intensiv nach Wohnungen suchen, so Christoph Herrmann.
Allerdings seien zuletzt zahlreiche Hinweise mit einem Pferdefuß verbunden gewesen, etwa wegen hoher Mietkosten. „Wir versuchen weiter Wohnraum zu finden.“ Aber die Lage werde schwieriger.
Nach bisherigem Stand und nach einem Beschluss des Stadtrates aus dem Januar sollte an der Brander Straße eine neue Unterkunft für 72 geflüchtete Menschen entstehen. Ähnlich große Unterkünfte gibt es bereits an mehreren Stellen im Stadtgebiet. Aktuell leben in Rösrath 474 Personen, für die die Stadt Wohnraum vorzuhalten hat. 54 Wohnungen sind durch die Stadt angemietet, dazu ein Hotel und 17 städtische Unterkünfte.
Für die 72 Menschen sollten 36 Container mit Wohnraum für je zwei Personen errichtet werden, jeder dieser Container soll eine Wohnraumgröße von 16,2 Quadratmetern haben. Gemeinschafts- und Sanitärräume kommen noch hinzu.
Die Prognose von 300 bis 330 Personen, für die bis Jahresende Wohnraum zu schaffen sei, orientiert sich an der Verteilung der Geflüchteten gemäß Königsteiner Schlüssel. Dieser setzt sich zu Zweidritteln aus dem Steueraufkommen und zu einem Drittel aus dem Bevölkerungsaufkommen der Länder zusammen. Er wird jährlich neu berechnet.
Der Name geht zurück auf das Königsteiner Staatsabkommen von 1949, ursprünglich ein Schlüssel zur Finanzierung wissenschaftlicher Einrichtungen. Für Rösrath liegt der Schlüssel bei 0,156 – von 100 Geflüchteten, die nach NRW kommen, muss die Stadt rechnerisch 0,156 aufnehmen.