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SerieStartups in Rhein Berg – Diese Innovationen stecken im Kreisgebiet

Lesezeit 4 Minuten
In einer Grafik füttern Menschen ein künstliches Gehirn mit Infos.

Viele Start-ups fördern mit ihren Ideen die Digitalisierung und entlasten Mitarbeitende. Die künstliche Intelligenz ist oft ein wichtiger Faktor.

In dieser Serie gehen wir Vorurteilen auf den Grund und der Frage nach, welchen Nutzen die bergischen Start-ups für die Wirtschaft des Kreises haben.

Amazon, Google, Airbnb, Spotify, Zalando – man mag sie mögen oder nicht, aber sie gehören wirtschaftlich zu den ganz Großen. Angefangen haben sie alle als Start-ups – mit wenig mehr Kapital als einer guten Idee und einer Garage. Doch um diese sogenannten „Einhörner“ geht es in dieser Serie nicht. Es geht um die, die direkt vor unserer Haustür sind. Meist junge Gründer, die – wie die heute weltweit Erfolgreichen – eine innovative Geschäftsidee, Mut und Vision eint. Allein: Es kennt sie (noch) kaum jemand. Dazu möchten wir mit dieser Serie beitragen.

Beginnen wir mit verbreiteten Vorurteilen: Start-ups, das sind hippe junge Menschen mit langen Bärten, die sich in den Szenevierteln der Großstädte niederlassen, Geld von anderen Leuten verbrennen und in großer Zahl scheitern. Doch wie meist haben Vorurteile bei näherer Betrachtung wenig Bestand.

Veränderungen entwickeln sich immer schneller

Wir hätten auch mit der aktuellen Welt- und Wirtschaftslage beginnen können. Kriege, Klimaveränderung, Energiekrise, Fachkräftemangel, unsichere politische Rahmenbedingungen. Keine einfache Zeit für Unternehmen.

Den wichtigsten Punkt – weil unumkehrbar – nannte Start-up-Spezialist Professor Bastian Halecker beim Wirtschaftsforum der Rheinisch-Bergischen Wirtschaftsförderung im Juni: „Die Veränderungsgeschwindigkeit, wie wir sie heute erleben, wird nie wieder so langsam sein wie jetzt.“ Künstliche Intelligenz (KI) und weitere Technologien werden rasant an Bedeutung gewinnen. Auch in Rhein-Berg stellt sich für Unternehmen die Dauerfrage: Wie schließen wir die Lücke zwischen dem technologisch Machbaren und unserem bestehenden Geschäft?

Wer steckt hinter Rhein-Bergs Start-ups?

In dieser Serie wollen wir sowohl Vorurteilen auf den Grund gehen als auch der Frage, welchen Nutzen die bergischen Start-ups für die Wirtschaftskraft des Kreises haben. Und natürlich der Frage: Wer sind die überhaupt, was machen sie und was ist so anders an ihnen?

Das erste Vorurteil können wir direkt zerstreuen: Start-ups lassen sich nicht nur in Ehrenfeld und Kreuzberg nieder, sondern auch im metropolnahen Bergischen Land. Die Start-up-Szene im Kreis kann sich sehen lassen. Das zweite Vorurteil stimmt hier auch nicht: Die Gründer sind weder extravagant noch haben sie Bärte. Was sie haben, ist in der Regel tiefes technologisches Wissen und Können, mit dem sie nach Lösungen für Probleme suchen.

Und so digitalisieren sie Eigentümerversammlungen und den Schulunterricht, betrachten die Parkplatzsituation in Bergisch Gladbach via Satellit, trennen Metallabfälle in Sekundenbruchteilen, forschen zu Sensorentwicklung und autonomem Fahren oder entwickeln eine Hochsicherheits-App, mit der das Wählen für alle vom Handy aus möglich wird. Ihre Themen sind KI, Automatisierung und Zeiteinsparung, aber auch der Nutzen für Klima und Gesellschaft.

So arbeiten Start-ups

Start-ups arbeiten höchst innovativ, flexibel und anpassungsfähig und mit neuen agilen Methoden. Hierarchien haben sie kaum, und es gehört sozusagen zu ihrer DNA, gewohnte Abläufe in Frage zu stellen. Die Chancen, die sie damit für wahre Innovationen haben, sind groß. Die Risiken auch. Konkrete Daten zur Sterberate von Startups variieren stark. In Deutschland scheitern danach zwischen 70 und 90 Prozent der Startups innerhalb der ersten drei Jahre.

Die meisten davon daran, dass das Problem, für das sie glaubten, eine Lösung zu haben, nicht vorhanden oder nicht groß genug ist, um am Markt zu bestehen. Erst danach kommen Schwierigkeiten im Team und zu wenig Kapital. Das Vorurteil des schnellen Scheiterns ist also keines. Aber: In der Start-up-Denkweise ist „fail fast“, scheitere schnell, ein Grundsatz. Fehler sind dazu da, um zu lernen, was nicht funktioniert, um es sofort besser zu machen. Das Risiko nehmen sie dafür in Kauf. Rund 60 Prozent, der Start-ups, die scheitern, müssen durch das frühe Scheitern keine Insolvenz anmelden.

Rheinisch-Bergische Wirtschaftsförderung will Start-ups unterstützen

Die Rheinisch-Bergische Wirtschaftsförderung hat es sich zur Aufgabe gemacht, auch die Start-ups im Kreis zu unterstützen: Mit Beratung, mit Vermittlung von Fördergeldern – und indem sie Kontakte zwischen Start-ups und Mittelstand herstellen. „Wir sind sicher, dass beide von einer Zusammenarbeit profitieren“, sagt Geschäftsführer Volker Suermann. „Möglicherweise entwickeln sich gerade an diesen Schnittstellen die eigentlichen markt- und zukunftsfähigen Innovationen.“

Dazu Bastian Halecker: „Wir müssen das Wissen über Probleme als wertvolle Assets verstehen. Dieses Wissen hat in der Regel der Mittelstand.“ Mit „Problem“ meint er das, woran die meisten Start-ups scheitern: Konkrete Anwendungsfälle, bei denen Unternehmen, Kunden oder die Welt für eine Innovation mehr als dankbar wären.

Im bergischen Mittelstand gibt es bereits gute Erfahrungen mit der Zusammenarbeit. Ein Beispiel ist die carpe diem-Gruppe mit Sitz in Wermelskirchen, die unter anderem 2400 stationäre Pflegeplätze anbietet – auch in Bensberg. Seit der Kooperation mit dem Start-up voize dokumentieren die Pflegerinnen und Pfleger mit einer Handy-App – und jeder spart pro Schicht fast 30 Minuten Zeit, die den Bewohnern zu Gute kommt. Nach und nach wird die App gerade in allen Häusern eingeführt. „So eine Innovation habe ich mir für die Digitalisierung der Pflege gewünscht“, sagt Marc Urban, IT-Leiter der Gruppe.

Neugierig geworden? Unsere Start-up-Folgen werden in den kommenden Wochen in lockerer Abfolge erscheinen. Nächste Folge: Vulcavo – wie aus einem Zufall die erfolgreichste deutsche App für Eigentümerversammlungen wurde.