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Applaus-Skala war entscheidendVolles Haus beim Poetry-Slam „BergReim" in Bergheim

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Poetry Slam Bergheim

Eine Flasche Sekt und viel Applaus für Anna Lisa Azur: Beim Poetry Slam im   „Gleis 11“ setzte sich die junge Poetin aus Bonn gegen Max Ruth, Wolle Hellebrandt und Emil Bosse durch.

Bergheim-Quadrath-Ichendorf – Es gab witzige Wortspielereien mit unbändiger Freude am verblüffenden Paar- und Schüttelreim zu hören, kuriose Geschichten über den ganz alltäglichen Wahnsinn und hammerhart geschmiedete Verse voller gesellschaftskritischer Botschaften. Am Ende aber war es ein ganz sanftes, ungemein betörendes Liebesgedicht, das das gebannt zuhörende Publikum im Kulturbahnhof „Gleis 11“ wohl am meisten beeindruckte. „Apfelkompott“ heißt das Werk, mit dem sich die Bonner Autorin Anna Lisa Azur Höchstwerte auf der Applaus-Skala, massig Jury-Punkte und so den verdienten Sieg bei der neuen Ausgabe der Poetry-Slam-Reihe „BergReim – Auf ein Wort“ sicherte.

Lars Röchter: Beteiligung diesmal nicht so groß

Die Pandemie hat offenbar auch der jungen wilden Dichterszene ganz schön zugesetzt. „Die Beteiligung ist diesmal nicht so groß wie bei früheren Slams. Wir brauchen wohl noch ein Weilchen, um wieder richtig in Fahrt zu kommen“, meinte der von der BM Cultura und Stadtbibliothek unterstützte Bergheimer Veranstalter Lars Röchter angesichts des nur vierköpfigen Teilnehmerfeldes.

Immerhin ist das Publikum schon wieder voll da. Kaum ein Platz blieb frei im Saal, denn es hat sich herumgesprochen, dass Freundinnen und Freunde des geschliffenen Wortes und der scharfen Zunge stets bestens bedient werden, wenn im „Gleis 11“ ein Poetry Slam auf dem Programm steht. Bei diesem Format tragen Autorinnen und Autoren auf der Bühne Werke aus eigener Feder vor, die von einer nach dem Zufallsprinzip ausgewählten Publikumsjury mit Punkten bewertet werden. „Mit einem altmodischen Poesie-Abend lockt man niemanden hinter dem Ofen hervor. Gibt man dem Ganzen einen gewissen Wettbewerbscharakter, ist es gleich viel prickelnder“, erklärte der diesmal als Moderator fungierende Slammer Bernard Hoffmeister augenzwinkernd das Prinzip.

In die freundschaftlich-friedliche Dichterschlacht, die der Liedermacher Simon Slomma mit humorvollen musikalischen Zwischenspielen auflockerte, wagten sich Max Rath aus Düsseldorf, Wolle Hellebrandt aus Aachen, Emil Bosse aus Köln und Anna Lisa Azur aus Bonn. Hatte sich in der Vorrunde ein enges Rennen zwischen Rath und Azur abgezeichnet, so trumpfen die beiden Führenden im zweiten Durchgang noch einmal auf.

Gedicht an den an Demenz erkrankten Großvater

Max Rath versuchte es mit einer aufrüttelnden Wutrede auf alle jene, die das Privileg, in einer freien, friedlichen und wohlhabenden Gesellschaft leben zu dürfen, als Selbstverständlichkeit gering schätzen, die immer noch mehr wollen und die permanent auf höchsten Niveau über Gott und die Welt wettern.

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Langweile schien nach den ersten Versen aus Anna Lisa Azurs „Apfelkompott“ angesagt. „Ich liebe deine kastanienbraunen Augen und deinen festen Glauben, dass alles gut wird“, ging es ganz konventionell los. Nach und nach erst wurde deutlich, dass da kein holder Jüngling umschwärmt wird, sondern Anna Lisas an Demenz erkrankter Großvater, den sie immer noch liebt wie in Kindertagen, obwohl er sie längst vergessen hat.