Sechsjährige wog nur noch 8,2 KiloKinderärzte bezichtigen Alinas Mutter der Lüge
Bergheim/Köln – Mehrere Kinder- und Klinikärzte haben im Prozess um die fast verhungerte fünfjährige Alina (Name geändert) im Zeugenstand vor dem Kölner Landgericht keinen Zweifel gelassen, dass die Mutter sie belogen hat. „Es gibt keine medizinische Erklärung für das extreme Untergewicht des Kindes.“ Alina habe vielmehr nichts zu essen und zu trinken bekommen.
Monika S. (24), die Mutter von Alina, muss sich derzeit wegen versuchten Mordes durch Unterlassen verantworten. Sie hatte stets behauptet, Alina leide an einer Lebensmittelunverträglichkeit, zusätzliche Magen- und Darmprobleme hätten die Tochter in den letzten Monaten vor dem Klinikaufenthalt so extrem abmagern lassen, die Nahrungsaufnahme der Tochter sei so schwierig gewesen.
Eine Aussage, die von Medizinern klar in Abrede gestellt wird. „Wenn man gesehen hat, mit welchem Genuss das Kind bereits am Tag seiner Aufnahme im Krankenhaus ein Butterbrot gegessen hat, dann steht dieses Bild für sich“, sagte der Oberarzt der Kinderklinik, Matthias Wisskirchen. Der Mediziner fand es „befremdlich“, dass Monika S. es abgelehnt habe, in der Klinik zu bleiben. „Das ist eigentlich eine Selbstverständlichkeit, dass zumindest ein Elternteil beim Kind bleibt.“
Mutter besucht Alina kein einziges Mal in der Klinik
Der Arzt zeigte sich ebenfalls irritiert, dass Monika S. dem Geschehen eher ungerührt gegenüber gestanden habe. „Ich habe im Gespräch mit ihr keine Besorgnis erkennen können.“ Auch sei zu keinem Zeitpunkt von einer „Fremdunterbringung“ die Rede davon gewesen. Im Familienkreis hatte Monika S. ihre Absicht erklärt, Alina in ein Heim zu geben, um der Tochter eine bessere Entwicklung zu ermöglichen. Besucht habe die Mutter die Tochter während des Klinikaufenthaltes kein einziges Mal.
Der körperliche Zustand der Patientin sei derart besorgniserregend gewesen, dass selbst Kollegen mit mehr als vierzigjähriger Erfahrung geschockt gewesen wären. „Das ist einzigartig, so ein abgemagertes Kind sehen sie in Deutschland nicht.“ Alina sei so schwach gewesen, dass die Klinik eine Spezialmatratze besorgen musste, um einen Dekubitus abzumildern.“ Allerdings habe sich ihr Zustand „rasant“ gebessert. „Wir haben in sechs Wochen nichts anderes getan, als sie mit Nahrung versorgt. In wenigen Tagen aß sie mit großem Appetit, blühte auf und verlangte ständig nach mehr. Sie hat sich aus diesem schrecklichen Zustand selbstständig herausgegessen“, formulierte der Mediziner die Fortschritte Alinas.
Bergheim: Alina wog nur 8,2 Kilo
Auch im kognitiven und motorischen Bereich habe das Kind rasch zugelegt. Sie habe Kontakt zu anderen Personen gesucht, sei ständig auf der Station herumgelaufen und habe viele Fragen gestellt. Bei ihrer Entlassung in die Bereitschaftspflege notierten die Ärzte zwar noch „erhebliche Defizite“, stellten im Vergleich zur Aufnahme allerdings „extreme Fortschritte“ fest.
Die von der Mutter behauptete „Muskelschwäche“ verneinte der Mediziner ebenfalls. „Dafür gab es keine Anzeichen, die fehlenden Muskeln beruhten auf der fehlenden Nahrungsaufnahme.“ Alina hätte bei ihrer Körpergröße von 98 Zentimetern mindestens zwanzig Kilogramm wiegen müssen, sie wog jedoch nur 8,2 Kilogramm. „Ein Verhungerter leidet sehr. Sie muss sowohl körperliche Schmerzen als auch psychische Einschränkungen durchlitten haben“, sagte der Arzt.
Alinas Mutter: „Sie wird das 13. Lebensjahr nicht erleben“
Auch der Kinderarzt des sozialpädiatrischen Zentrums, wo Alina während ihres Aufenthaltes in der Pflegefamilie vorgestellt wurde, sprach von „immensen Entwicklungsfortschritten“. Der katastrophale Zustand Alinas sei eher auf die familiäre Situation zurückzuführen, „genetische Aspekte haben keine Rolle gespielt“.
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Die Mutter der Angeklagten hatte sich wiederholt bei ihrer Tochter nach dem Zustand der Enkelin erkundigt. Das ergaben die Auswertungen des Mobiltelefons. „Sie hat keine hohe Lebenserwartung und muss in ein Heim. Sie ist so kalt, hat keine Gefühle. Sie wird das 13. Lebensjahr nicht erleben“, schrieb Monika S. ihrer Mutter.