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ChemiebrancheWie das Bergheimer Martinswerk beim Personal sparen will

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Das Martinswerk in Bergheim.

Das Martinswerk in Bergheim.

Das Martinswerk in Bergheim will sich neu aufstellen. Hohe Energiekosten haben das Unternehmen unter Druck gesetzt.

Sechs Monate hat es gedauert. Jetzt gibt es Klarheit für die Belegschaft. Die Geschäftsführung und der Betriebsrat des Martinswerks haben einen Kompromiss gefunden, wie es mit dem Bergheimer Chemieunternehmen weitergeht. Personal soll zwar eingespart werden, aber nach Möglichkeit sollen Arbeitnehmer freiwillig gehen oder Verträge nicht verlängert werden.

Betriebsrat und Geschäftsführung des Martinswerks hätten sich nun auf eine gemeinsame Strategie für die Zukunft geeinigt, teilt Huber-Sprecherin Martina Grüger-Bühs mit. „Eine Restrukturierung ist notwendig, um der Marktdynamik gerecht zu werden, die Fixkosten zu senken und dadurch die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts zu erhalten.“ Dafür müsse sich das Martinswerk allerdings organisatorisch und personell neu aufstellen.

Huber-Konzern verspricht betroffenen Mitarbeitern „guten Sozialplan“

„Unvermeidbare Stellenreduzierungen“ will der Huber-Konzern, Eigentümer des Martinswerks, vor allem durch auslaufende Zeitarbeitsverträge, Renteneintritte und freiwillige Austritte verwirklichen. „Sollten diese Maßnahmen nicht ausreichen, können bis zu 63 betriebsbedingte Kündigungen ausgesprochen werden“, sagt Grüger-Bühs. Im Dezember war die Rede davon, dass das Martinswerk seine Belegschaft um bis zu 30 Prozent verringern könnte. Bei etwa 570 Mitarbeitern wären das etwa 170 Stellen, die eingespart werden müssten.

Die Huber Corporation sei ein Familienunternehmen, das seine Mitarbeiter wertschätze, heißt es in einer Pressemitteilung des Unternehmens.„ Huber legt Wert darauf, dass der Stellenabbau sozialverträglich und fair erfolgt. Die betroffenen Mitarbeiter werden durch einen sehr guten Sozialplan unterstützt.“

Die Chemiebranche gerät deutschlandweit unter Druck

Durch zu hohe Energiekosten und eine geringe Nachfrage geriet das Martinswerk in den vergangenen Monaten unter Druck. Im Dezember sprach die Geschäftsführung deshalb von anstehenden Restrukturierungsmaßnahmen - und deutete gleichzeitig an, dass Stellen gestrichen werden.

Die Situation des Martinswerks spiegelt die Lage der gesamten Chemiebranche wider. Das belegen nicht nur die neuesten Konjunkturberichte des Verbands Chemische Industrie (VCI). Eine Umfrage unter 300 Unternehmen, die der Branchenverband durchgeführt hat, zeichnet ebenfalls ein pessimistisches Bild. Die Zukunft sehen die meisten deutschen Chemieunternehmen mit Sorge - vor allem wegen der hohen Kosten in Deutschland. Energie- und Rohstoffpreise sind aber tatsächlich nicht das größte Problem der Unternehmen. Vor allem die hohen Arbeitskosten belasten sie. Etwa die Hälfte der Unternehmen plant deshalb, Investitionen in Deutschland vorerst zurückzufahren. Ihre Hoffnung ruht auf dem Auslandsgeschäft.

Das Bergheimer Martinswerk hat eine wechselhafte Geschichte hinter sich. Gegründet wurde es 1913 als Tochtergesellschaft der schweizerischen Aluminium-Industrie Aktiengesellschaft, die später in Alusuisse aufging. 2001 übernahm der US-amerikanische Spezialchemiekonzern Albemarle das Martinswerk. 2014 wechselte es erneut den Besitzer und ging an die ebenfalls aus den Vereinigten Staaten stammende J. M. Huber Corporation. Damals schrieb das Bergheimer Unternehmen noch schwarze Zahlen. Die Huber Corporation hat bereits eine zweistellige Millionensumme in das Martinswerk investiert.