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Erftverband informiertAbschied vom Bergbau hat Folgen für Wasserwirtschaft in Rhein-Erft

Lesezeit 4 Minuten
Zu sehen sind NRW-Umweltminister Oliver Krischer, Landrat Frank Rock, Bergheims Bürgermeister Volker Mießeler und Vertreter des Erftverbandes, die Eimer Wasser ausschütten.

Das Infocenter zur Wasserwirtschaft wurde von NRW-Umweltminister Oliver Krischer, Landrat Frank Rock, Bergheims Bürgermeister Volker Mießeler und Vertretern des Erftverbandes mit sechs Eimern Wasser getauft. 

Mit einem mobilen Infocontainer wollen die Experten vom Erftverband für bevorstehende Veränderungen sensibilisieren.

Genug Wasser gab es bei der Einweihung des neuen „Wasser.Mobils“ des Versorgers Erftverband. Gleich mit sechs Eimern konnten NRW-Umweltminister Oliver Krischer, Landrat Frank Rock, Bergheims Bürgermeister Volker Mießeler und Vertreter des Wasserverbands vor dem Bergheimer Medio den mobilen Infocontainer taufen, mit dessen Hilfe nun auf Marktplätzen, bei Volksfesten oder in Schulen über die Wasserwirtschaft in der Region aufgeklärt werden soll.

Ob es auch in Zukunft genügend Wasser für die Trinkwasserversorgung der Bevölkerung geben wird, darum ging es unter anderem im Inneren des Medio, wo der Erftverband zur Auftaktveranstaltung für sein Projekt „Komm.Rhein.Revier“ geladen hatte. Vor einem Fachpublikum aus Kommunen, Unternehmen und Institutionen ging es in einer Reihe von Vorträgen um die Frage, wie die Wasserwirtschaft im Rheinischen Revier im Zuge des beschleunigten Ausstieges aus dem Braunkohletagebau gestaltet werden kann.

Experten rechnen mit einem Anstieg des Grundwasser in der Region

Die zukünftige Trinkwasserqualität, der zu erwartende Anstieg des Grundwassers, die Befüllung der zukünftigen Tagebauseen – all dies seien Themen, die in der Bevölkerung teilweise mit Sorge diskutiert würden, erläuterte Professor Heinrich Schäfer, Vorstand des Erftverbandes. „Unsere Aufgabe im Strukturwandel ist es, in der Öffentlichkeit ein Bewusstsein für die wasserwirtschaftlichen Themen zu schaffen und verständliche Antworten auf die relevanten Fragen zu geben.“

Dazu soll das „Komm.Rhein.Revier“ dienen, das durch den Bund mit rund 1,6 Millionen Euro bezuschusst wird. Neben dem Infomobil soll es weitere Veranstaltungen geben. Vor welchen Herausforderungen die Wasserwirtschaft insbesondere im Kreis steht, erläuterte Dr. Dietmar Jansen, Bereichsleiter Gewässer beim Erftverband: Weil dann nicht mehr großflächig abgepumpt wird, soll ab 2030 in der Region das Grundwasser wieder steigen. Um „nasse Keller“ zu vermeiden, müsse besonders im Bereich zwischen Kerpen und Bedburg hierbei aber eine Ausnahme gemacht werden. Denn hier solle weiter „kleinräumig“ abgepumpt werden. Um welche Gebiete es genau gehe, werde noch ermittelt.

Auch die zukünftige Trinkwasserversorgung sei nicht einfach zu sichern. Nach Ende des Bergbaus wird Wasser – angetrieben durch die Füllung der Seen – durch die Abraumkippen strömen, welche im Zuge des Tagebaus angeschüttet worden sind und Pyrit-Gestein enthalten: Dabei werden Eisen und Sulfate freigesetzt, so dass das Wasser für eine Trinkwasserversorgung nicht mehr zu gebrauchen ist. Eine Reihe von Trinkwasserbrunnen müssten deshalb Zug um Zug geschlossen werden. Dies soll durch das Wasserwerk in Erftstadt-Dirmerzheim ausgeglichen werden, wo die Wasserförderung erheblich gesteigert wird.

Nun, so Jansen, müsse darauf geachtet werden, dass keine weiteren Deponien im Bereich des Wasserwerkes Dirmerzheim geschaffen werden, die die Qualität des Grundwassers dort beeinträchtigen könnten. Dass die Seen selber durch Sulfate aus Pyrit-Gestein belastet werden könnten, schließt Jansen angesichts des Strömungsverlaufes des Grundwassers aus: „Der Seespiegel ist immer höher als das Grundwasser.“

Und auch das Rheinwasser, mit dem etwa der Hambacher See befüllt werden wird, soll nicht zu einer Gefahr für die Wasserqualität des Sees werden: Grundsätzlich sei keine Aufbereitung des Rheinwassers vorgesehen, weil dies nicht „erforderlich“ sei. Geplant sei aber ein ständiges „Monitoring“ der Einfüllung: Falls im Rheinwasser Stoffe festgestellt würden, die den See gefährden könnten, müssten Gegenmaßnahmen ergriffen werden. Denkbar sei etwa, die Befüllung des Sees zeitweise zu unterbrechen.

Zu sehen ist ein Fluss.

In Bergheim-Kenten wird Sümpfungswasser in den Flusslauf geleitet.

Gedanken machen sich die Wasserwirtschaftler des Erftverbandes auch um die zukünftige Gestaltung der Erft zwischen Bergheim und Neuss. Denn mit dem Stopp der Grundwasserabsenkungen werden keine Sümpfungswässer mehr in die Erft eingeleitet, die zur Zeit etwa zwei Drittel des Wassers ausmachen. Das heißt, die Erft wird in Zukunft schmaler sein und teilweise auch auf einer neuen Trasse geführt werden. „Wir müssen den Fluss umbauen, damit er nicht einfach ein kleines Rinnsal ohne besonderen ökologischen Wert wird.“

Fragen des Hochwasserschutzes müssen geklärt werden

Dabei müssten natürlich auch Fragen des Hochwasserschutzes berücksichtigt werden. Jansen zeigte sich zuversichtlich, dass es gelingen werden alle anstehenden Probleme zu lösen. „Darauf kann sich die Region verlassen.“ Hierfür müssten nun aber ein Bewusstsein geschaffen und Planungsprozesse beschleunigt werden. So sieht es auch NRW-Umweltminister Oliver Krischer. Wichtig sei eine „faktenbasierte Information der Bevölkerung“.

Etwas kritischer sieht die grüne Landtagsabgeordnete Antje Grothus die Sache: Zwar freue es sie, dass der Erftverband so intensiv an den Wasserthemen arbeite und professionell dazu kommuniziere. Doch insbesondere bei der Qualität des in die Tagebaue einzuleitenden Rheinwassers seien noch viele Fragen offen. „Was, wenn Grenzwerte in Zukunft überschritten werden? Ich setze mich daher dafür ein, dass schon heute Flächen für eine Wasseraufbereitungsanlage vorgehalten und entsprechende Gelder von RWE gesichert werden.“ Auch bei der Menge des verfügbaren Wassers gebe es Fragezeichen.