KonjunkturumfrageSo bewerten die Unternehmen im Rhein-Erft-Kreis ihre Lage
Bergheim/Rhein-Erft-Kreis – Als Gero Fürstenberg, Leiter der IHK-Geschäftsstelle in Bergheim, und Matthias Franken, sein per Video zugeschalteter Kölner Kollege, die aktuelle Konjunkturumfrage für den Einzugsbereich der Industrie- und Handelskammer zu Köln vorstellen, fallen zwei Wörter immer wieder: Unsicherheit und Verunsicherung.
530 Unternehmen aus Köln, Leverkusen, dem Rhein-Erft-Kreis, dem Rheinisch-Bergischen Kreis sowie dem Oberbergischen Kreis haben sich an der Konjunkturumfrage der Industrie- und Handelskammer beteiligt. Die Kammer befragte die Firmen nach ihrer Lage, ihren Erwartungen, Investitionsabsichten sowie Beschäftigungsaussichten.
Dämpfer für Konjunktur im Rhein-Erft-Kreis
„Wir malen nicht schwarz, aber wir setzen ein Ausrufezeichen“, sagt Fürstenberg. Denn die Konjunktur im gesamten IHK-Bereich habe einen Dämpfer erlitten, nachdem es nach den Hochzeiten der Pandemie langsam wieder bergauf gegangen sei. Der Dämpfer ist konkret zu benennen: der Krieg gegen die Ukraine. Die Frage nach der künftigen Energieversorgung, nach Lieferketten, die nach wie vor abbrechen, die Inflation sowie steigende Preise und Arbeitskosten verunsichern die Unternehmen.
Dabei, das ist Franken und Fürstenberg wichtig zu betonen, seien Lage und Erwartungen der Unternehmen bereits deutlich schlechter gewesen, besonders im Jahr 2020. Natürlich wegen Corona. Die Unsicherheiten und damit verbunden die zurückhaltenden Erwartungen spiegelten aber nicht unbedingt die tatsächliche Lage wider.
Fachkräfte fehlen auch im Rhein-Erft-Kreis
Über ein Problem würden die Unternehmen aber auch in zehn Jahren noch sprechen, und das habe nichts mit der geopolitischen Lage zu tun – Fachkräftemangel. „Fachkräfte fehlen. Besonders der Mittelstand könnte noch Platz für weitere Stellen schaffen, wenn sie sie denn besetzt kriegen würden“, sagt Gero Fürstenberg.
Für den Rhein-Erft-Kreis weist die IHK-Konjunkturumfrage folgende Zahlen aus: 17 Prozent der 82 befragten Unternehmen schätzen ihre derzeitige Lage als schlecht ein (zuvor 14 Prozent), 29 als gut (34 Prozent). Der Rest als befriedigend oder gleichbleibend.
Lage für Gastro in Rhein-Erft „dramatisch“
Etwas getrübter aus den oben genannten Gründen sind die Aussichten. 42 Prozent der befragten Betriebe erwarten eine schlechtere Geschäftsentwicklung (zuvor 25 Prozent), 16 Prozent glauben, dass die Geschäfte besser laufen werden (zuvor 15). Keine großen Veränderungen gab es bei den Investitionsabsichten. 34 Prozent wollen mehr investieren (vorher 30 Prozent), 27 Prozent weniger (25 Prozent).In Sachen Beschäftigung wird es in den kommenden zwölf Monaten wohl keine großen Veränderungen geben. 95 Prozent der befragten Rhein-Erft-Unternehmen sagen, die Energie- und Rohstoffpreise seien ein Risiko für ihre Zukunft, 64 Prozent gaben auch den Fachkräftemangel an und 44 Prozent die steigenden Arbeitskosten.
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Als „dramatisch“ bezeichnete Fürstenberg gerade im Rhein-Erft-Kreis die Lage in der Gastronomie und der Hotellerie. „Den Unternehmen geht es nach wie vor schlecht, viele Beschäftigte haben sich während Corona eine andere Arbeit gesucht.“ Und die Unternehmen fänden keine neuen Kräfte, weder gelernte noch ungelernte. Das Verhältnis von Lage und Erwartung ist hier im Vergleich zu andere Branchen umgedreht: Die Lage sei schlecht, aber weil es wegen weggefallener Corona-Beschränkungen für viele jetzt wieder losgehen könnte, seien die Erwartungen der Unternehmen höher.
Sorge um Versorgungssicherheit
Für ein Impulspapier, das die Industrie- und Handelskammern Aachen, Köln und Mittlerer Niederrhein noch vor dem Krieg in Auftrag gegeben hatten, sind rund 50 Unternehmen aus verschiedenen Branchen im Rheinischen Revier zum Kohleausstieg und zur Versorgungssicherheit befragt worden.
Fazit: Die befragten Unternehmen begrüßen die Veränderungen in Sachen Klimaschutz ausdrücklich und hätten bereits „umfassende Maßnahmenpakete zur Emissionsminderung und Energieeffizienzsteigerung in ihren Betrieben auf den Weg gebracht“. Aber es wachse auch die Sorge um die zukünftige Versorgungssicherheit der Region nach dem Kohleausstieg. So stellen die energieintensiven Unternehmen im Rheinischen Revier die Frage, ob genug Gaskraftwerke zur Verfügung stehen, „um die wegfallenden Strommengen aus den stillgelegten Braunkohlekraftwerksblöcken übergangsweise zu ersetzen“. Zudem glauben die Unternehmen, dass der Strombedarf wegen der Klimaschutzziele sogar noch steigen werde.
Weiter heißt es, dass durch den Green Deal der EU die Kraftwerksparks im Ausland verstärkt umgebaut würden. Somit sehen die Unternehmen auch Stromimporte aus den europäischen Nachbarländern in Gefahr. Im Impulspapier sind eine Reihe von Maßnahmen aufgelistet, die umgesetzt werden müssten. Zum Beispiel das Vorantreiben der Digitalisierung der Verteilnetze, ein regionales Energiesicherheitsmanagement im Revier, ein technisches Versorgungsqualitäts-Monitoring oder ein Informations und Expertennetzwerk. „Bezogen auf die Stromerzeugungskapazitäten geht insbesondere aus ökonomischen Erwägungen kurz- bis mittelfristig nichts an flexiblen Gaskraftwerken vorbei“, schreiben die Kammern. (nip)