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Zu viele Krankenhäuser?Kliniken im Rhein-Erft-Kreis sehen Bertelsmann-Studie kritisch

Lesezeit 4 Minuten

Kräftig ausgebaut werden müsste das St.-Katharinen-Hospital in Frechen nach dem Ergebnis der Studie.

  1. Im Rhein-Erft-Kreis gibt es laut der Bertelsmann-Studie zu viele Krankenhäuser.
  2. Doch was würde die Umsetzung der Studie für den Kreis bedeuten?
  3. Die Krankenhäuser halten jedenfalls nicht viel von der Idee, Kliniken zu schließen.

Rhein-Erft-Kreis – Im Rhein-Erft-Kreis gibt es zu viele Krankenhäuser. Zu diesem Ergebnis kommt jedenfalls eine Studie der Bertelsmann-Stiftung. Nach Einschätzung von Krankenhaus-Experten könnte die medizinische Versorgung der Patienten vor allem bei Notfällen wie Herzinfarkt und Schlaganfall sogar verbessert werden, wenn sie an weniger, dafür aber größeren und besser ausgestatteten Kliniken gebündelt würde. Doch aus den hiesigen Krankenhäusern gibt es Widerspruch.

Für den Rhein-Erft-Kreis würde die Umsetzung der Ergebnisse der Studie bedeuten, dass bis zum Jahr 2030 nur die Krankenhäuser in Brühl, Frechen und Bergheim erhalten blieben. Damit könne sichergestellt werden, dass jeder Patient aus dem Rhein-Erft-Kreis im Notfall innerhalb von 30 Minuten ein personell und technisch gut ausgestattetes Krankenhaus mit dem Auto erreichen könne.

Kritik an Bertelsmann-Studie zu Krankenhäusern

In einem anderen Szenario käme der Kreis sogar mit nur noch einem Krankenhaus aus – nämlich dem St.-Katharinen-Hospital in Frechen. Dann würden immer noch 95 Prozent der Patienten ein Krankenhaus innerhalb von einer halben Stunde erreichen.

Das Berliner Institut für Gesundheits- und Sozialforschung hat sich im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung das Gebiet um Köln und Leverkusen als Modellregion vorgenommen und dabei auch den Rhein-Erft-Kreis, den Rheinisch-Bergischen Kreis und den Oberbergischen Kreis einbezogen. Das Ergebnis: Die Zahl der Krankenhäuser – ausgenommen psychiatrische Kliniken – in der Region könnte von heute 38 auf nur noch 14 im Jahr 2030 schrumpfen. Bundesweit wären nur noch 600 statt der heute 1400 Kliniken erforderlich.

Jakob-Josef Schall, Verwaltungschef der drei Krankenhäuser in Frechen (431 Betten), Erftstadt (125 Betten) und Bedburg (80 Betten), sieht die Studie kritisch. Schon heute gebe es, gemessen an der Einwohnerzahl, im Rhein-Erft-Kreis vergleichsweise wenig Krankenhausbetten. „Ich wüsste auch nicht, welches Haus leere Betten hat“, sagt Schall, „die Krankenhäuser im Rhein-Erft-Kreis sind alle nicht so schlecht ausgelastet.“ Schall bezweifelt auch, dass – wie die Autoren der Studie voraussetzen – viel mehr Patienten als heute ambulant statt stationär im Krankenhaus behandelt werden können.

Flächendeckendes Notarztsystem im Kreisgebiet mit weniger Kliniken fraglich

Die Bertelsmann-Studie geht davon aus, dass sich durch die Schließung der kleineren Krankenhäuser die Fallzahlen im Bergheimer Maria-Hilf-Krankenhaus bis 2030 im Vergleich mit dem Jahr 2016 auf über 20 000 mehr als verdoppeln würden, in Brühl läge der Zuwachs bei mehr als 80 Prozent auf rund 18 000, in Frechen würde sich die Zahl der stationären Behandlungen sogar verdreifachen auf mehr als 50 000 Fälle.

Wenn in Frechen aber künftig erheblich mehr Patienten behandelt werden sollten, dann müsse das St.-Katharinen-Krankenhaus stark erweitert werden, sagt Geschäftsführer Schall. „Dazu sind erhebliche Fördermittel nötig“, betont er, „ich sehe aber nicht, wo die herkommen sollen.“ Fraglich sei überdies, wie das flächendeckende Notarztsystem im Kreisgebiet mit kurzen Hilfsfristen aufrecht erhalten werden könne, wenn die kleineren Krankenhäuser aufgegeben würden.

Was sich der Klinikmanager durchaus vorstellen kann, ist eine engere Zusammenarbeit der vorhandenen Krankenhäuser im Verbund. Die in der Studie erhobene Kritik an der Qualität der medizinischen Versorgung in kleineren Krankenhäusern weist Schall zurück. Er kenne keine Krankenhaus, in dem nicht rund um die Uhr Fachärzte in den Abteilungen bereit stünden. Dass sich die Personalsituation entspannen würde, wenn weniger, dafür aber größere Krankenhäuser um Ärzte und Krankenpfleger konkurrieren würden, glaubt Schall nicht.

Hürther Krankenhaus will Bertelsmann-Studie nicht bewerten

Auch für Andreas Heuser, Geschäftsführer des Brühler Marienhospitals, sind kleinere Krankenhäuser – anders als es die Bertelsmann-Studie nahelegt – nicht automatisch weniger leistungsfähig als große. „Wohnortnähe und Versorgungsqualität müssen sich bei Krankenhäusern auch mit 200 bis 300 Betten keinesfalls widersprechen“, stellt Heuser fest.

Dafür sei das Brühler Krankenhaus mit seinen 241 Betten ein gutes Beispiel. Neben der regionalen Grundversorgung biete es ein breites Leistungsangebot von der Geburtshilfe über die Chirurgie und Innere Medizin bis zur Altersmedizin, außerdem ambulante Notfallversorgung. Seit 2016 würden Patienten- und Mitarbeiterzahlen stetig steigen. „Aktuell planen wir eine weitere Station mit 40 Betten.“

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Im Hürther Sana-Krankenhaus (140 Betten) hält man sich mit der Bewertung der Studie zurück und unterstreicht stattdessen die medizinische Leistungsfähigkeit. „Das Sana-Krankenhaus ist ein wichtiger Gesundheitsversorger und verlässlicher Partner für die Menschen in Hürth und Umgebung“, sagt Kliniksprecherin Julia Colligs. Sie verweist auf 17 500 Patienten im Jahr, weitere 13 000 Patienten mit akuten Erkrankungen oder Unfallverletzungen würden jährlich rund um die Uhr in der Notfallambulanz behandelt.

Spezialisiert sei das Sana-Krankenhaus auf die Notfallbehandlung von Patienten mit akuten Brustschmerzen und Verdacht auf Herzinfarkt. „Dafür stehen ein Herzkatheterlabor und Fachärzte rund um die Uhr zur Verfügung“, sagt Colligs. Darüber hinaus sei das Hürther Sana-Krankenhaus zertifiziertes Endoprothetik-Zentrum für Hüft- und Kniegelenkprothesen und verfüge über eine der größten gastroenterologischen Abteilungen in der Region, in der Erkrankungen des Magen-Darm-Trakts behandelt werden.