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NeubauDarum laufen die Kosten für das Brühler Rathaus aus dem Ruder

Lesezeit 3 Minuten

Die Sanierung des historischen Rathauses und die Errichtung eines neuen Anbaus werden deutlich teurer, als einst gedacht.

Brühl – Wenige Wochen ist es her, da sprach die Verwaltung davon, bei Bau und Sanierung des Rathauses am Steinweg an einem Scheideweg zu stehen. Terminvorgaben und Kostenkalkulation galten erneut als unsicher. Nun ist klar, wohin der weitere Weg führt: zu nochmals höheren Ausgaben und einem deutlich späteren Einzug. Von mehr als 30 Millionen Euro ist nun die Rede.

„Die geplante Fertigstellung Sommer 2022 kann nicht gehalten werden. Die unzureichende und temporär fehlende Baustellenbesetzung von ausführenden Unternehmen sowie aufkommende Lieferengpässe führen zu einem anhaltenden gestörten Bauablauf“, heißt es in der Vorlage der Verwaltung für die Sitzung des städtischen Hauptausschusses am kommenden Montag.

Einzug in Brühler Rathaus erst 2023

An der Misere hätten auch Krisengespräche mit den Unternehmen und Teilkündigungen wenig geändert. Corona, Fachkräftemangel und Lieferschwierigkeiten bei Baumaterial bremsten die Arbeiten eben massiv, so wird der Hintergrund umrissen. Die Bauleitung erwarte den Einzug der Mitarbeitenden in die Verwaltungsbüros und die neue Stadtbücherei nun für das im zweite Quartal 2023.

Die Verzögerungen sorgen wiederum im Zusammenspiel mit den steigenden Preisen für deutlich höhere Ausgaben. Nachdem das Baubudget im Haushalt 2022 bereits um 4,5 Millionen auf 27,353 Millionen Euro aufgestockt worden war, beziffern die Verantwortlichen in der Verwaltung um Bürgermeister Dieter Freytag nun das Worst-Case-Szenario für den Neubau und die Sanierung des historischen Rathauses mit 30,5 Millionen Euro.

Ratsherr Hupp spricht von Luxusbau

„Wir haben vor Jahren gesagt, dass die Finanzierung nicht passen kann. Das ist ein Luxusbau, genau wie wir befürchtet haben. Und das ist noch nicht das Ende des Spiels“, echauffiert sich Piraten-Ratsherr Harry Hupp. Die Entwicklung sei ein Fiasko für Brühl. „Das wird die Generation nach uns belasten“, sagt Hupp.

Der Ratsherr sieht sich in seiner damaligen Haltung bestätigt, dass eine Sanierung des einstigen Altbaus die günstigere Lösung gewesen wäre. „Außerdem nimmt die Bürgerschaft den Bau in seiner Gestaltung nicht an. Viele finden den Bau zu groß, hässlich und architektonisch extrem unpassend. Aber Schönheit liegt ja im Auge des Betrachters“, sagt Hupp. Ihm fehle es an Glaubwürdigkeit. Denn auch ohne Corona-Pandemie und Ukraine-Krieg hätte die Kalkulation nicht gepasst, so Hupp.

Köllejan nennt Neuigkeiten ärgerlich

CDU-Fraktionschef Holger Köllejan hält die Entscheidung für einen neuen Anbau weiterhin für richtig: „Die Funde von Asbest und PCB im Altbau sollten die Ewiggestrigen eines Besseren belehrt haben, die Sanierung des Anbaus wäre keine Lösung gewesen.“ Dennoch äußert er leise Selbstkritik: „Vielleicht hätte man sich damals für einen schlichteren Bau entscheiden können. Aber letztlich waren abgesehen von Linken und Piraten alle für den Architekten-Wettbewerb und ein vollständig barrierefreies Gebäude.“ Die wiederholten Kostensteigerungen hält er für „verheerend und absolut ärgerlich“. Sie seien so aber nicht vorherzusehen gewesen.

Veränderungen noch während des Baus hätten laut Köllejan auch keinen Effekt erzielt. „Hätten wir uns etwa im vergangenen Jahr für eine andere Dachgestaltung entschieden, wären wieder neue Planungen erforderlich geworden. Das hätte erneut Zeit und Geld gekostet.“

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Robert Saß, der für die Grünen im Stadtrat sitzt, zeigt sich angesichts der neuen Zahlen frustriert: „Es ist eine Never-ending Story. Aber letztlich hat die Politik jetzt keine großen Optionen mehr, etwas zu ändern.“ Eine Sanierung wäre ähnlich verlaufen, glaubt er. Daher bleibe die Grundsatzentscheidung richtig. „Wir sollten nach vorne schauen. Es entsteht ein tolles Gebäude mit einer beeindruckenden Bibliothek, die ein Gewinn für Brühl sein wird.“