Obst und Gemüse für jedermannBrühl soll zur „essbaren Stadt“ werden
Brühl – Politik und Stadtverwaltung betonen immer wieder, sie wollten Brühl grüner und lebenswerter gestalten. Als ein Weg dahin gilt die Umsetzung des Konzepts „Essbare Stadt“.
Vorbild ist die rheinland-pfälzische Kommune Andernach, die seit 2009 öffentliche Grünflächen in Gärten umgewandelt. Bürger bauen dort Gemüse für den Eigenbedarf an. An anderer Stelle hat die Stadt Obstbäume gepflanzt, deren Früchte jede und jeder ernten darf.
Kostenloses Obst
Ähnlich Ansätze sind seit einiger Zeit auch in Brühl zu sehen. In Pingsdorf am Wehrbachsweg gibt es etwa eine große Obstwiese, in Eckdorf eine kleinere an der Straße Am Hennebach. Dort kann kostenlos Obst geerntet werden. Man bitte lediglich darum, nur reifes Obst zu pflücken und mit den Bäumen behutsam umzugehen, so die Verwaltung.
Nun soll auch die private gärtnerische Nutzung auf städtischem Grund vorangebracht werden. Ortsgemeinschaften oder Gruppen von Anwohnern sollen Raum finden, um Gemeinschaftsgärten anzulegen und zu bewirtschaften. Das sogenannte „urban gardening“, als das Gärnern im urbanen Umfeld, gilt als Weg, den Bezug zum Viertel, die Kontakte der Bewohner untereinander und das Bewusstsein für Umwelt und für den Wert der Lebensmittel zu stärken. Selbstverständlich soll das Engagement auch Kühlschrank und Vorratskammer der Gärtner füllen. Die Stadt stellt geeignete Flächen kostenlos bereit und schließt einen Vertrag mit den Nutzern, der die Bewirtschaftung regelt und mittels einer Ehrenamtsversicherung die Risiken der Aktiven abdeckt.
Neue Flächen werden gesucht
„Für die Umsetzung dieser Idee setzen wir uns schon lange ein“, betont CDU-Ratsherr Peter Kirf. Auch SPD-Fraktionschef Michael Weitz findet schon seit geraumer Zeit Gefallen an solchen Projekten. In einem Detail sind die beiden jedoch uneins: „Die Leute sollten der Stadt ihre Vorschläge für die konkrete Nutzung einer Fläche vorstellen“, sagt Kirf. SPD-Fraktionschef Michael Weitz geht das nicht weit genug. „Wir wollen, dass die Stadtverwaltung die Augen offen hält und weitere Flächen ausfindig macht“, sagt er. Dann könne gefragt werden, wer dort etwas tun wolle. Das wiederum hält Kirf für den falschen Weg. „Wenn so etwas nachhaltig funktionieren soll, muss die Initiative von der Bürgerschaft ausgehen“, glaubt er.
Ein beispielhaftes Projekt, das beide Ratsherren positiv bewerten, kommt gerade ins Rollen. In Brühl-Ost wollen Anwohner auf dem nicht mehr genutzten Bolzplatz an der Stephanstraße Beete anlegen. Erste Treffen haben bereits stattgefunden, nun will die Gruppe um die Initiatorin Rita Stadtfeld loslegen. „Eine Kompostlieferung des Stadtservice-Betriebs haben wir bereits bekommen“, berichtet die 34-Jährige. Man wolle nun erste Hochbeete anlegen, um Obst, Gemüse und Kräuter anzupflanzen. Rund 60 Menschen hätten sich auf ihren Aufruf gemeldet, sagt Stadtfeld. 20 seien zum ersten Treffen gekommen. Noch befinde man sich im Anfangsstadium des Projekts.
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Wie genau der Anbau organisiert werde, ob etwa irgendwann einzelne Nutzer Patenschaften für bestimmte Beete übernähmen oder alles gemeinschaftlich bewirtschaftet werde, das sei noch offen. Auch die Gründung eines Vereins sei eine Überlegung wert. „Zunächst sind wir aber nur eine informelle Gruppe“, sagt sie. Man wolle auf einer für jedermann zugänglichen Fläche Essbares anbauen, aber auch Lebensraum für Vögel, Insekten und Igel schaffen. In erster Linie gehe es um ein gemeinschaftliches Erlebnis. Kindern solle vermittelt werden, das Erdbeeren nicht im Supermarkt wachsen. Von der Stadtverwaltung erhalte man Unterstützung bei der Anschaffung von Pflanzen. Zudem sei man offen für weitere Mitmacher und Ideen.
Ähnliche Projekte gibt es auch in Brühl-Kierberg. Dort bewirtschaften Bürger eine Parzelle in der Nähe der Regenbogenschule, und auch auf dem alten Kierberger Friedhof soll künftig gegärtnert werden.