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Mal idyllisch, mal kniffligEine (Test-)Fahrt auf dem Liblarer Infrastrukturring

Lesezeit 4 Minuten
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Selbstversuch mit dem Rad

  1. Bis jetzt bringt der Radweg vor allem Beschwerden und Klagen.
  2. Unsere Autorin hat ihn ausprobiert – mit all seinen „Tücken“.
  3. Und ihr Fazit ist recht positiv, nur ein großes Manko gibt es...

Erftstadt-Liblar – Er ist ein Großprojekt, das weitgehend unbeachtet geblieben ist. Für Diskussionen haben nur die Lücke im Lärmschutzwall an der Bliesheimer Straße und der Solarradweg gesorgt – dabei ist er nur ein kleines Stück des Liblarer Infrastrukturrings. Hinter dem sperrigen Begriff verbirgt sich ein Radweg, der einmal um das Liblarer Zentrum läuft. Ich habe ihn ausprobiert, begleitet von Stadtsprecherin Margret Leder und Umweltamtsleiter Hans-Joachim Kühlborn.

Sieht aus wie ganz normaler Asphalt, ist aber wasserdurchlässig: Elastopave nennt sich der innovative Belag.

Vom Rathaus aus schieben wir unsere Räder erst einmal durchs Einkaufszentrum. Und kommen gleich an eine Stelle, auf die ein Leser aufmerksam gemacht hatte: Bevor man die Bliesheimer Straße überquert, macht die Radspur einen Schlenker, der direkte Weg hat Stufen. Das sei gefährlich, wenn man aus der Gegenrichtung komme und die Treppe zu spät sehe, hatte der Leser moniert. In Gefahr gerät da allerdings nur, wer vorher die versetzt angeordneten Absperrgitter ignoriert hat.

Klimaschutz

Das Bundesumweltministerium hat das Projekt „Infrastrukturring Liblar – Wandel der Mobilitätsstruktur“ im Rahmen der Nationalen Klimaschutzinitiative mit 783 814 Euro gefördert. Ziel ist, dass mehr Menschen Strecken unter fünf Kilometern zu Fuß oder mit Rad zurücklegen statt mit dem Auto. Eine Prognose der Stadt geht davon aus, dass so in Liblar bis zu 5000 Kilogramm CO2 pro Tag gespart werden könnten. Der Radweg ist rund 5,7 Kilometer lang. (uj)

Wasserdurchlässiger Belag

Jenseits der Straße dann die Lücke im Lärmschutzwall. Er wurde durchbrochen, um Platz für den Infrastrukturring zu schaffen. Seitdem klagen die Menschen, die dahinter wohnen, über den Straßenlärm. Eine Lösung ist noch nicht gefunden, mal war von eine teuren Glaswand die Rede, dann von preiswerteren, aber weniger schönen Betonteilen.

Auf der Carl-Schurz-Straße wechselt die Radspur mal auf den Bürgersteig, dann wieder auf die Fahrbahn.

Wir machen keinen Lärm, denn ab hier rollen wir auf dem Promenadenweg komfortabel über Elastopave. Wieder ein kompliziertes Wort für eine gute Idee. Der Belag, entwickelt von der Technischen Hochschule Aachen, ist wasserdurchlässig. So wird der Radweg auch bei Wolkenbrüchen nicht matschig, der Regen kann ins Grundwasser versickern. Knapp 640 Meter lang ist die Strecke mit dem innovativen Belag, die Universität verfolgt, wie er sich in der Praxis bewährt.

Wie ein Ausflug ins Grüne

Schon nach ein paar Metern vergisst man glatt, dass man durch die Stadt radelt. Es fühlt sich an wie ein Ausflug ins Grüne. Der Anstieg Richtung Ville ist allerdings nicht so sanft, wie er aussieht. Ich bin froh, dass die Stadt mir ein E-Bike zur Verfügung gestellt hat, mit dem es zügig aufwärts geht.

Auf der ehemaligen Bahntrasse geht es durch den Wald.

Am Solarradweg ist es mit dem sanften Gleiten vorbei. Die Teststrecke liegt unter schwarzer Plane, daneben ist ein schmaler Pfad provisorisch befestigt. Wir lassen das leidige Thema links liegen. Gegenüber der Zufahrt zum Donatusparkplatz knickt der Radweg nach links ab, bequem geht es in Richtung Bahnhof und daran vorbei, weiter auf den Grubenweg. Hinter dem Waldkindergarten beginnt das Stück des Infrastrukturrings, das auf der früheren Bahntrasse verläuft. Man sieht noch ein Stück der alten Schienen, überwuchert von Brombeeren.

Hoffen auf den Masterplan

Der neue Weg ist rund 950 Meter lang und etwas breiter ausgebaut als das alte Schotterbett. Asphaltiert ist er nicht, doch auf der wassergebundenen Decke rollt es komfortabel. Wer mit dem Rad von Köttingen kommt, hat hier eine günstige Anbindung an den Bahnhof. Die grüne Idylle endet, als links das Gewerbegebiet Max-Planck-Straße auftaucht.

Erst Prestige-, dann Streitobjekt: der Solarradweg. An dieser Stellen müssen Radler auf das schmale Provisorium ausweichen.

Als wir auf die Carl-Schurz-Straße einbiegen, ist es mit dem sorglosen Radeln definitiv vorbei. Im Rahmen des Masterplans Liblar wird die Straße in den nächsten Jahren umgestaltet, dann sollen die Radfahrer einen Schutzstreifen bekommen. Noch verläuft der Radweg mal am Straßenrand, mal auf dem Bürgersteig. Und endet schließlich. Rechts parken Autos, links hält ein Lastwagen zum Entladen, das wird eng. Als auch noch ein Auto entgegenkommt, steigt der Blutdruck. So macht Radfahren keinen Spaß, bleibt die Hoffnung auf den Masterplan.

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Positives Fazit – bis auf den Namen

Wir verlassen den Infrastrukturring am Carl-Schurz-Platz und gondeln am Schlosspark entlang und durch den Stadtgarten. Das ist die Route für Genießer, nicht für die, denen schnell wichtiger ist als schön. Wer zügig in Richtung Einkaufszentrum will nimmt den Weg entlang der Bliesheimer Straße.

Statt abzusteigen, haben einige Radler die versetzten Sperren umfahren – ohne Rücksicht aufs Grün.

Am Gesundheitsgarten müssen wir absteigen und schieben. Spuren im Gras verraten, dass das durchaus nicht jeder tut. Offenbar werden die versetzt angeordneten Absperrgitter gern umkurvt. Übers Gelände des Marienhospitals kommen wir zum Mühlengraben und haben noch mal Gelegenheit, Liblar von seiner naturnahen Seite zu erleben. Die letzten Meter rollen wir gemütlich durchs Wohngebiet, wo sich zumindest zur Mittagszeit Autos und Fahrräder den Straßenraum konfliktfrei teilen können.

Fazit: Die Radwegeführung bietet eine gute Verbindung zwischen Einkaufszentrum und Bahnhof und macht auch den Weg von Köttingen nach Liblar komfortabler. Die vielen Radler, die uns begegnet sind beweisen: Der Infrastrukturring funktioniert, er wird angenommen. Jetzt braucht er nur noch einen griffigen Namen.