Erfüllung eines Traums54-Jährige baut ihr eigenes Tiny House in Erftstädter Scheune
Erftstadt-Erp – Noch ist die Treppe zur Haustür eine gewagte Konstruktion aus gestapelten Paletten. Aber Lisa, Jippi und Aimee haben den Bogen raus, unfallfrei rauf und runter zu kommen. Die Hündinnen fühlen sich offenbar schon zu Hause im Tiny House, auch wenn es drinnen noch nach Baustelle aussieht. Immerhin, die Hundeecke ist schon fertig, samt einer Abtrennung, die liebevoll mit Pfoten und Herzen verziert ist.
Alexandra Angrick hat die Dekoration selbst ausgesägt, so wie sie das meiste selbst gemacht hat. Sie hat keine Arbeit gescheut, um sich ihren Traum zu erfüllen: den Traum vom einfachen Leben. „Minimalismus ist Luxus“, sagt die 54-Jährige. In einer Scheune in Erp steht ihr künftiges Zuhause – zwölf Meter lang, drei Meter breit, vier Meter hoch, montiert auf einem alten Lastwagen-Fahrgestell.
Flut in Zülpich zerstört ihre Wohnung
Dass sie mit wenig auskommt, hat die Hundetrainerin in den vergangenen Jahren gründlich ausprobiert, hat immer wieder wochenlang in ihrem Kleinbus gelebt. „Ich mag keine Steinwände“, erzählt sie. „Ich möchte wegkönnen.“ Als sie dann doch sesshaft geworden war, kam die Flut.
In Zülpich-Wichterich hatte Angrick eine Wohnung gemietet, und dann war von einem Moment auf den anderen alles weg, was sie besaß. Außer ihren Hunden und ihrem Auto. Sie selbst war unterwegs, als die Katastrophe hereinbrach. Als sie ankam, half sie erst einmal ihrer Vermieterin, die neun Stunden im ersten Stock des Hauses eingesperrt war.
Die Flut war der letzte Anstoß für ihr Tiny House
Der Schock sitzt tief. Wochenlang habe sie es nicht fertig gebracht, ihre Hunde im Auto in ihre Boxen zu sperren: „Bei Hochwasser könnte ich sie daraus nicht befreien.“ Der Verlust ihrer Wohnung war der letzte Anstoß, um ihr Projekt in Angriff zu nehmen. Im Internet fand sie einen alten Zirkuswagen. Nachdem der Aufbau heruntergerissen war, stellte sich heraus, dass vieles verrostet war.
Ein Kunde, der schweißen konnte, bot Hilfe an – Ditmar H. wurde in den Monaten darauf ihr fleißigster Mitarbeiter. Und nicht nur er unterstützte sie: „So viele Menschen haben mir Hilfe angeboten, es ist unfassbar.“ Ganz in der Nähe der Scheune fand Alexandra Angrick in Erp auch ein Zimmer, in dem sie derzeit lebt.
Und Stück für Stück wuchs das Tiny House, das gar nicht so winzig aussieht. „Das war richtig viel Arbeit, auch im Winter“, sagt die Bauherrin. Was sie nicht konnte an handwerklichen Techniken, hat sie gelernt – manches auch aus Fehlern. Beispielsweise wollte sie die Bohlen aus Lärchenholz nicht verschrauben, sondern Klammern.
Das hielt allerdings nicht, die Klammern sprangen ab, die Bretter klafften auseinander. Sie selbst ist aufs schräge Flachdach geklettert, um dort die Dachpappe anzubringen. Dafür wird sie demnächst, wenn sie in ihrem Bett liegt, durch die Oberlichter den Sternenhimmel sehen können.
„Ich habe mich nie richtig zu Hause gefühlt“
„Ich habe mich nie richtig zu Hause gefühlt.“ Die 54-Jährige klingt nachdenklich. Vielleicht ändert sich das, wenn sie jetzt ein Haus hat, mit eigenen Händen gebaut, nicht aus Stein, mit dem sie notfalls sogar wegkann.
Erst einmal sucht sie allerdings einen Standort. Ein erschlossenes Baugrundstück müsste es sein, schließlich ist das Tiny House kein Wohnwagen, sondern muss an Strom-, Wasser- und Kanalleitungen angeschlossen werden. Am liebsten wäre Alexandra Angrick ein Platz in der Nähe von Erftstadt – sie ist zwar mobile Hundetrainerin, aber hier im Umfeld wohnen die meisten ihrer Kunden.
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Und dann erzählt sie von ihren nächsten Traum: von einem richtig großen Grundstück, auf dem mehrere Minihäuser stehen könnten. Da könnte eine Gemeinschaft entstehen von Menschen mit gleichen Überzeugung. Nämlich der, dass weniger mehr ist.