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Kostenloses Material für FlutopferHoher Andrang vor Baustofflager in Lechenich

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Neben Bauholz war auch Brennholz gefragt. Denn in vielen von der Flut beschädigten Häusern läuft die Heizung noch nicht.

Erftstadt-Lechenich – Die Sonne war noch gar nicht richtig aufgegangen, da wuchs am Samstagmorgen schon die Warteschlange vor dem Baustofflager, lange bevor die Ehrenamtler um neun Uhr das Tor am Bonner Ring öffneten.

Kostenlos können Flutopfer dort in den kommenden drei Monaten Material abholen. „Sämtliche Artikel sind gespendet“, betont Tibor Schady. Der 45-Jährige zählt zum Koordinationsteam der aktuell etwa 150 freiwilligen Helferinnen und Helfer, die sich neben Beruf und Familie um die Betroffenen der Flutkatastrophe kümmern.

Schon früh am Morgen stellten sich die Flutopfer an, um im Lager nach benötigen Baustoffen zu suchen.

Als Ehrenamtler kennen die Teams bereits die großzügigen Räumlichkeiten, die einst zur Rheinischen Kraftwagengesellschaft gehörten. Schon wenige Wochen nach der Flut hatte Stefanie Schwarz mit etwa 100 Helferinnen und Helfern in den Räumen eine Art Kaufhaus aufgebaut. Dort konnten Kleider, Hausrat und Spielsachen gespendet werden, die dann kostenlos an die Flutopfer abgegeben wurden. Jetzt sind die ehemaligen Hallen mit Baustoffen gefüllt, die für die in vielen Häusern noch nötigen Sanierungsmaßnahmen teils händeringend gesucht werden.

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Baustofflager in Lechenich: Fenster und Türen gefragt

„Fenster sind ja auf dem freien Markt zurzeit überhaupt nicht mehr zu kriegen“, berichtete zum Beispiel Maria Zibell. Zusammen mit ihrem Mann Markus war sie aus Bad Münstereifel nach Lechenich gekommen. Groß war ihre Freude, als sie nach intensiven Messungen tatsächlich ein passendes Fenster für ihr Haus gefunden hatten. „Die Fenster und Türen unseres Hauses sind von einer 4,35 Meter hohen Flutwelle teils aus den Rahmen gerissen, teils eingedrückt worden“, sagte sie. Obwohl Maria Zibell und ihre Familie massiv von der Flut betroffen sind, habe sie damals die Spendensammelstelle in Eicherscheid mit aufgebaut und geleitet. „Die Not vieler anderer Menschen war einfach noch viel größer“, erklärte sie. Da sei es um ganz existenzielle Dinge gegangen. Und jetzt gehe es an den Wiederaufbau – bei ihr zu Hause, aber auch bei ihrer ebenfalls von der Flut betroffenen Mutter in Erftstadt-Friesheim. „Dieses Baustofflager ist ein wahrer Segen für alle Flutopfer“, lobte sie. Und die Ehrenamtler seien alle sehr nett.

Baustofflager: Betroffene freuen sich über Material

Dem konnte auch Josef Hufschmied aus Blessem nur beipflichten. Vorsichtig wie Schätze lud er einige Kisten Bodenfliesen in seinen Kofferraum: „Unser gesamter zum Wohnraum ausgebauter Keller hat unter Wasser gestanden“, berichtete er. Ähnliches erzählte auch Carola Hick aus Ahrem. Auch ihr war die Freude beim Anblick der vielen in den Regalen und auf dem Boden gestapelten Baustoffe wie Fliesen und Malerbedarf anzusehen.

Eine verwüstete Scheune auf einem denkmalgeschützten Bauernhof muss Harald Reichel aus Blessem mit Bauholz abstützen.

„Jetzt können wir endlich die Sanierung des Badezimmers im Haus meiner Eltern angehen“, sagte Isabella Berg und atmete auf, als sie die neuen Abwasserrohre auf den Karren legte. „Doch es wird wohl noch Monate dauern, bis wir im Haus wieder richtig wohnen können“, ergänzte Bergs Mutter Christine Zwierzyna (72).

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Die ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer wurden derweil nicht müde, ihren „Kunden“ zu helfen. Auch Erftstadts Bürgermeisterin Carolin Weitzel packte mit an. „Jetzt brauchen wir schnell Nachschub“, appellierte Tibor Schady noch am Samstagvormittag an weitere Spenderinnen und Spender. Einige Baustoffe, insbesondere die Werkzeuge und Elektrogeräte, seien schon fast vergriffen. Um die Hilfsangebote in Erftstadt aufrecht erhalten zu können, hat Schady gerade in einem Brief an Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, Bundeskanzler Olaf Scholz und NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst um finanzielle Unterstützung gebeten. „Und ich habe die Politiker hierher eingeladen, damit sie sich vor Ort selber ein Bild von der Situation machen können.“