Die vertrauten Begleitungen regen ihre dementen Mitspielerinnen und Mitspieler in der Revue zu spontanen Antworten in den Szenen an.
Hospiz-VereinAn Demenz Erkrankte zeigen in Frechen ein unterhaltsames Stück mit viel Musik
Vier Monate Arbeit liegen hinter den Akteuren auf der Bühne des Harlekin-Theaters in Frechen, die am Ende des einstündigen Stückes um die Erlebnisse in einem Café mit angeschlossener Bäckerei und Metzgerei mit stürmischem und warmem Applaus bedacht werden. Die Darsteller dieser mit viel Musik inszenierten Revue sind nicht nur alles Laien.
Hier haben soeben sechs an Demenz erkrankte Menschen zusammen mit ihren Begleiterinnen ein für das Publikum unterhaltsames Stück aufgeführt und dabei Freude, Spaß und lebendiges Erinnern erlebt. Initiator des Theaterprojekts ist der Frechener Hospizverein, der seit fast 15 Jahren das wöchentlich stattfindende Café Zeit anbietet.
Frechen: Anknüpfen an die Lebenswirklichkeit
Dort verbringen Menschen mit Demenz in Gesellschaft einer ehrenamtlichen Begleitung einen Nachmittag mit Kaffee, Kuchen, Musik und Tanz. Und diese wurden jetzt zu Akteuren in einem biografischen Theaterstück. Musiktherapeutin Carmen Schröder-Meißner gewann die Schauspielerin und Regisseurin Heidrun Grote für das Projekt.
Grote kam jede Woche in das Café Zeit, lernte die Menschen kennen, sammelte deren Geschichten und entwickelte daraus eine Rahmenhandlung. So ist sichergestellt, dass die dementen Gäste des Cafés im Stück an ihre alte Lebenswirklichkeit anknüpfen können. Denn sie können keinen vorgegebenen Text lernen.
Das Stück funktioniert anders. Die vertrauten Begleitungen nehmen in ihren Rollen im Stück zu ihren dementen Mitspielern direkten Kontakt auf und regen diese zu spontanen Antworten in den Szenen an. Und das funktioniert wegen der einfühlsamen und vertrauten Beziehung zwischen ihnen hervorragend. Christel Kern als Bäckerei- und Elsbeth Wiegand als Metzgereiverkäuferin agieren zum Beispiel in den „Verkaufsgesprächen“ mit viel Mutterwitz.
„Können Sie nicht selber schneiden?“, fragt Kern etwa eine Kundin, die 20 geschnittene Scheiben Brot kaufen möchte. Auch einen Witz streut sie in die Gespräche ein, was sich gut in die lebhafte Caféhandlung einfügt. Die Begleitungen wissen vorher nicht genau, wie ihre dementen Spielpartner antworten werden und müssen selbst wiederum auf deren Antworten improvisieren und dabei in ihren Rollen bleiben.
„Es ist alles unverstellt, immer spontan“, zeigt sich Heidrun Grote über die Arbeit mit den Laienschauspielern begeistert. „Es ist für mich schön zu sehen, wie das Spiel über Gefühle funktioniert.“ Und immer wieder wird die Handlung, die vor allem aus verschiedenen Gesprächen und einer mysteriösen fremden Frau („Aus Düsseldorf?“) besteht, von bekannten Liedern unterbrochen.
Carmen Schröder-Meißner stimmt sie an, begleitet sie auf dem Akkordeon und das ganze Ensemble fällt ein bei Liedern wie „Pack die Badehose ein“, „Wenn das Wasser im Rhein voller Wein wär“, „O Mosella“ und „Meine Heimat ist das Meer“. Die vertrauten Lieder sind nicht vergessen. Welche Potenziale bei den dementen Menschen noch da sind, wird auf der Bühne sichtbar.
Und die Musik schafft Verbundenheit – oder wie es im Schlusslied heißt: „Wenn wir fühlen, wir sind nicht allein, dann geht es uns gut.“ Und das merkt man allen Schauspielenden an: Josef Guzdecki, Christel Kern, Elsbeth Wiegand, Arno Hartwig, Helga Haller, Marianne Schweimnitz, Heidi Schmitz, Waltraut Göbel, Hildegard Schmidt, Heidi Emonts-Gast, Heide-Maria Klein und Sybille Janek.
Wer das Stück noch sehen möchte, hat dazu am 17. September um 17 Uhr Gelegenheit. Im Rahmen der Frechener Kulturwochen wird das Stück in der Kirche Alt Sankt Ulrich nochmals aufgeführt.