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„Verwahrlosung“Konrektor der Realschule in Frechen kritisiert die Zustände an seiner Schule

Lesezeit 4 Minuten
Auf dem Bild ist die Schulleitung der Realschule zu sehen.

Die Direktorin der Realschule, Ursula Hardt, und ihr Stellvertreter und Konrektor Christian Porth, sorgen sich um den Zustand ihrer Schulgebäude.

Die Schulleitung beklagt „unhaltbare Zustände“ wie Gebäudeschäden, mangelnde Digitalisierung und allgemeine Benachteiligung der Realschule.

Verzweiflung, Wut und Empörung – der Konrektor der Realschule Frechen, Christian Porth, hat einen Brief an die politischen Parteien geschrieben, um Unterstützung für seine Schule zu bekommen.

Der Pädagoge hat nicht nur gravierende Mängel in und an den Schulgebäuden und eine völlig unzureichende Digitalisierung zu beklagen, er entrüstet sich vor allem über die jahrelange Vernachlässigung der Realschule: „Wir bitten Sie inständig darum, auf dem Primat der Politik zu bestehen und auf die Verwaltung deutlich einzuwirken, dass die Frechener Realschülerinnen und -schüler nicht weiterhin schlechtere Verhältnisse haben als die Schülerschaft anderer Schulen. Das kann nicht hingenommen werden. Sollen die Benachteiligung und Verwahrlosung der städtischen Gebäude auf unbestimmte Zeit so weitergehen?“

Sollen die Benachteiligung und Verwahrlosung der städtischen Gebäude auf unbestimmte Zeit so weitergehen?
Christian Porth, Konrektor und stellvertretender Schulleiter Realschule Frechen

Die Mängelliste ist lang und biete doch nur eine Auswahl, so der Pädagoge. Die Schule verfüge als einzige nicht über eine Mensa, der als Notbehelf gedachte mobile Kiosk werde zum Dauerzustand. Vor allem der Gebäudezustand werde immer schlechter, es habe den Anschein, dass mittlerweile gar nichts mehr getan werde. Er führt auf, dass es regelmäßig zu Wassereinbruch kommt, wenn es stärker regnet – Wände und Flure wiesen jetzt schon deutliche Schäden auf. Auch in einem Chemieraum falle der Putz von der Wand, weil Wasser eintrete.

Auf dem Bild ist ein herabhängender Blitzableiter zu sehen.

Auch an dem alten Gebäude, in dem zudem der ehemalige Kioskraum verrottet, hängt ein Blitzableiter seit Jahren frei in der Luft.

Die Blitzableiter an einigen Gebäuden hingen schon seit rund vier Jahren frei in der Luft, was ein gravierender Sicherheitsmangel sei. Im ehemaligen Kioskraum, der verschlossen sei, fielen Deckenplatten herunter. Auch die ehemals versprochene Möblierung des Schulhofs fehle bislang. „Es geht uns um die Kinder, nicht um uns, sie brauchen eine Lobby“, bestätigt die Direktorin der Schule, Ursula Hardt. „In den Neubauten haben wir zwar einige schöne Klassenräume, aber die alten Gebäude sind zum Teil über ihre Haltbarkeit hinweg.“

Die Realschule nutzt mit knapp 1000 Schülern die Gebäude von vier Schulen – unter anderem von der 1931 erbauten Lindenschule und 1969 errichtete, gelbe Pavillons, die auf dem Schulhof nur „die Baracken“ genannt werden. Und genau diese alten Gebäudeteile sorgen bei den beiden Pädagogen für besonderen Unmut. Darin untergebracht sind 17 Klassen und vier Fachräume – ohne WLAN-Anschluss. Dies sei extrem hinderlich, da es an der Schule nicht nur 70 Inklusionskinder gibt, die besondere Online-Lernmittel nutzen müssten, sondern auch knapp über 40 Kinder mit Deutsch als zweite Sprache.

Kinder müssen ihre privaten Handys nutzen, sofern sie welche haben

„Zum Teil müssen wir sie noch alphabetisieren, sie können nicht lesen oder schreiben. Geschweige denn Deutsch verstehen.“, so Porth. Insofern seien sowohl die Schüler als auch die Lehrer auf Übersetzungs-Apps zwingend angewiesen. Aktuell müssten die Kinder ihre privaten Handys nutzen, sofern sie welche hätten. „Mit der Technik von 1950 werden wir diesen Kindern einfach nicht gerecht.“

Auch die übrigen Gebäude hätten eine Vernetzungs-Technik von 2004, seitdem sei kein Handschlag mehr getan worden, erregt sich Porth. Dies sei um so ärgerlicher, als dass die Hardware schon lange angeschafft worden sei, es gäbe ausreichend Laptops und Ipads, nur der Zugang zum Internet liege im Argen. „Wenn in den neueren Gebäuden viele Klassen online sind, gibt es einen Totalausfall.“ Um wenigstens die neuen elektronischen Tafeln, mit denen alle Klassen ausgestattet wurden, nutzen zu können, sind nun Fritz-Boxen angeschafft und eingerichtet worden.

Mit viel Engagement eines Verwaltungsmitarbeiters und der Schulleitung wurden in kleine weiße Medizinschränkchen, die die Boxen aufbewahren sollen, Luftlöcher gebohrt. Diese wurden mit Klebeband verschlossen, die Schränke wurden an die Wand montiert. „Das ist aber doch nur eine Notlösung, keine Modernisierung“, klagt Porth.

Schon seit Jahren werde der Schule eine neue Technik versprochen. In der heutigen Sitzung des Schulausschusses gibt die Verwaltung auf Anfrage der CDU-Fraktion allerdings das Statement ab, dass für die Netzwerkverkabelung in den älteren Gebäuden „keine Planung existiert“. „Die Erstellung eines Planes setzt die Schaffung einer zusätzlichen Ingenieurstelle im Elektrobereich voraus. Stellenvergabe und Freigabe-Verfahren für die Stelle wurden noch nicht angegangen“, heißt es in der Vorlage.

Wir finden es empörend, dass ein guter Teil der Frechener Kinder weiterhin im digitalen Tal der Ahnungslosen zu leben hat.
Christian Poth, Konrektor und stellvertretender Schulleiter Realschule Frechen

Porth erregt sich: „Als Schule muss man das schlicht – metaphorisch gesprochen – als Ohrfeige empfinden. Das heißt, dass die unhaltbaren Zustände für unsere Schüler noch jahrelang so weitergehen. Wir finden es empörend, dass ein guter Teil der Frechener Kinder weiterhin im digitalen Tal der Ahnungslosen zu leben hat, weil es offenkundig keinen Willen des Schulträgers gibt, ihnen digitale Bildung zeitnah zu ermöglichen.“ Er fragt, warum die Realschüler im Vergleich zu anderen Schulen seit Jahren derart ungerecht behandelt würden. Die Schulgemeinde habe dafür schon lange kein Verständnis mehr.