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RatsbeschlussSechs neue Standorte gegen die Wohnungsnot in Frechen

Lesezeit 3 Minuten
Auf dem Bild ist ein Grundstück zu sehen.

Der vorgeschlagene Standort „An der Ziegelei“ für eine neue Bebauung stößt auf Kritik.

Die Zahl der Geflüchteten in Frechen steigt an, die Unterbringungsmöglichkeiten werden immer knapper.

„Die Lage spitzt sich zu, eine Entspannung zeichnet sich nicht ab“ – eindringlich beschrieb Dezernent Andreas Pöttgen in der Ratssitzung die Probleme bei der Unterbringung von Geflüchteten in Frechen. Aktuell leben in den zur Verfügung stehenden Einrichtungen 748 Personen, Frechen hat Platz für insgesamt 924 schutzsuchende Menschen. Theoretisch sind also noch 176 Plätze frei.

Zur Zeit kommen im Durchschnitt acht Geflüchtete pro Woche nach Frechen

Allerdings gebe es zurzeit auch noch eine Verpflichtung zur Aufnahme von 204 weiteren Menschen, so Pöttgen. Zum ersten Mal sei Frechen damit „im Minus“ – sollte die Aufnahmequote des Landes erfüllt werden müssen, fehlen aktuell 28 Plätze. Zurzeit kommen im Durchschnitt seit März 2022 acht Personen pro Woche nach Frechen.

Insbesondere die Unterkunft in der Gerhard-Berger-Halle in Königsdorf, in der zur Zeit 113 Menschen untergebracht sind, stößt auf viel Kritik: Vereine, Trainer und Sportler drängen auf eine Öffnung der Halle, die nun seit fast zwei Jahren nicht mehr zur Verfügung steht.

Hinzu kommt, dass sich eine neue Unterkunft an der Europaallee weiter verzögert. In dem im Juni 2023 von der Stadt angekauften Hotel sollten im Oktober 2023 rund 100 Menschen Zuflucht finden. Der Einzug verschob sich erst auf Januar, nun soll es offiziell voraussichtlich im Mai so weit sein. Grund sind Verzögerungen bei der Instandsetzung.

Auf dem Bild ist ein ehemaliges Hotel zu sehen.

Das ehemalige Hotel an der Europaallee gehört der Stadt und wird momentan zur Flüchtlingsunterkunft umgebaut und saniert.

Um mehr Wohnraum für die Geflüchteten im Stadtgebiet zu schaffen, hat die Verwaltung eine Vielzahl von städtischen Flächen untersucht – auch aufgrund des dringenden Wunschs aller Beteiligten, schnellstmöglich und dauerhaft keine Hallen für die Unterbringung nutzen zu müssen.

Hinzu komme die bis Frühjahr 2025 befristete Nutzung der Unterkunft Sybilla sowie das „perspektivische Überschreiten der Nutzungsdauer der Containeranlage am Mühlenbach“, so die Verwaltung. Es bestehe ein Bedarf von mindestens 260 weiteren Plätzen in Unterkünften.

Am Rosmarweg soll eine Unterkunft gebaut werden

Bereits im März 2016 hatte der Rat beschlossen, am Standort Rosmarweg für Geflüchtete zu bauen. Dieser Beschluss wurde nun weiterentwickelt: Der Rat beschloss in seiner jüngsten Sitzung einstimmig, dort „im Rahmen der planungsrechtlichen Möglichkeiten, die schnellstmögliche Realisierung einer zusätzlichen Unterkunft. Die städtebauliche Qualität soll sich in die spätere Entwicklung der Planungszellen für die Grube Carl einfügen“.

Auf einer 2,1 Hektar großen Fläche, die der Stadt gehört, sollen rund 100 Personen in einem oder mehreren Gebäuden untergebracht werden. Der Bauantrag könnte im besten Fall bereits Ende 2024 eingereicht werden.

Zudem beschloss der Rat mehrheitlich, fünf weitere Standorte für sozialen Wohnungsbau und als neue Unterbringungsmöglichkeiten für Geflüchtete vorzusehen. Es sei zu prüfen, ob die Flächen über Erbpacht an Investoren zweckgebunden vergeben werden könnten, heißt es. Genannt werden eine Fläche am Marienhofer Weg in Königsdorf, an der Willi-Giesen-Halle in Habbelrath, an der Matthias-Werner-Straße in Grefrath, an der Rosmarstraße sowie eine Fläche in der Straße „An der Ziegelei“, die derzeit unbefestigt ist und zum Teil als Parkplatz genutzt wird.

Der letzte Standort wurde von den Grünen, der FDP und den Linken mit einer gemeinsamen Presseerklärung kritisiert. Sie stimmten auch im Rat dagegen: „Wir lehnen eine weitere Bebauung des städtischen Grundstücks An der Ziegelei kategorisch ab, die Auswahl erscheint uns sogar richtiggehend unverständlich.“

Die Auswahl dieser verhältnismäßig kleinen Baulücke in unmittelbarer Nähe zu vielen kleineren Wohnungen und deren kleinen Balkonen erscheint mithin den Vertretern der drei Fraktionen ebenso undurchdacht wie zutiefst unsozial.
gemeinsame Erklärung von FDP, Grüne und Linke in Frechen

Und weiter: „Das von der Verwaltung ausgemachte städtische Grundstück ist umgeben von einer Bebauung mit Mehrfamilienhäusern. Ein weiteres Mehrfamiliengebäude in der Mitte dieses Wohnensembles würde zu einer extremen Bevölkerungsdichte mit einem empfindlichen Konfliktpotenzial führen. Außerdem wird das aktuell freie Grundstück – bestenfalls noch durch Anpflanzung weiterer Bäume – benötigt, um in der Hitze der Sommermonate für eine Frischluftentlastung vor Ort zu sorgen und das Mikroklima zu verbessern. Die Auswahl dieser verhältnismäßig kleinen Baulücke in unmittelbarer Nähe zu vielen kleineren Wohnungen und deren kleinen Balkonen erscheint mithin den Vertretern der drei Fraktionen ebenso undurchdacht wie zutiefst unsozial“, so die Politiker.