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Korruption in FrechenSo sollen Rathaus-Mitarbeiter 1,2 Millionen Euro kassiert haben

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RathausFrechen

Die Schmiergeldaffäre im Rathaus soll jetzt aufgeklärt werden.

Frechen/Köln – Wenn am 7. Februar um 10 Uhr der Staatsanwalt die Anklageschrift verlesen wird, dann wird klar, wie umfangreich die Ermittlungen waren. Auf 147 Seiten steht, wie das Rathaus in Frechen zum Schauplatz von Korruptionsfällen wurde.

Dabei geht es in erster Linie um Untreue, Bestechung und Steuerhinterziehung. Angeklagt sind drei Mitarbeiter der Stadtverwaltung: der damalige Leiter der Abteilung Wohnen und Soziales, sein Vertreter zu dieser Zeit sowie der Hausmeister einer städtischen Schule, der zuvor für ein Sicherheitsunternehmen aus Hürth tätig war, das im Rahmen der Vorwürfe eine entscheidende Rolle spielte.

Frechen: Mitarbeiter Verwaltung sollen 1,2 Millionen Euro kassiert haben

Alle stehen unter Verdacht, sich im Zusammenhang mit der Flüchtlingskrise 2015/2016 illegal bereichert zu haben. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass die Angeklagten Werte in Höhe von 1,2 Millionen Euro erlangt haben.

Zur Vorgeschichte: 2015 kamen mehr als eine Million Flüchtlinge nach Deutschland, viele über die Balkanroute. Den Städten wurden busweise Schutzsuchende zugeteilt. Mit Vorlauf von mitunter nur wenigen Stunden mussten sie Platz für die Geflüchteten schaffen. In der Not wurde die Turnhalle am Gymnasium Frechen zur Unterkunft umfunktioniert. Hochkonjunktur für die Sicherheitsunternehmen, die zum Schutz der Menschen und Gebäude beauftragt worden waren.

So sollen die Angeklagten an das Geld gekommen sein

Der Hausmeister arbeitete zu diesem Zeitpunkt für das Hürther Sicherheitsunternehmen und hatte gute Kontakte zur Frechener Stadtverwaltung. So wurden die Geschäftsführer der Sicherheitsfirma und der frühere Abteilungsleiter schnell einig.

Als es Klagen über angeblich mangelnde Qualität des Essens für die Flüchtlinge gab, weil Joghurts abgelaufen und Haare in der Suppe gewesen sein sollen, soll der Abteilungsleiter einen neuen Vertrag abgeschlossen haben. Das Sicherheitsunternehmen übernahm nun auch das Catering.

125.000 Euro soll das den Steuerzahler im Monat gekostet haben. Und der Abteilungsleiter, der die Verträge im Namen der Stadt geschlossen haben soll, soll an der lukrativen Vereinbarung partizipiert haben wollen. Wie bereits in einem gesonderten Verfahren gegen die beiden Geschäftsführer der Sicherheitsfirma im Mai 2019 bekannt wurde, habe man sich auf monatliche Zahlungen in Höhe von 10.000 Euro an den Abteilungsleiter geeinigt.

Frechen: Angeklagte sollen Tausende Euro per Brief erhalten haben

Als dann der Stadt Frechen noch mehr Geflüchtete zugewiesen wurden und in der Anne-Frank-Schule ebenfalls Menschen beköstigt werden mussten, soll der Abteilungsleiter erneut die Hand aufgehalten haben. Diesmal soll er weitere 5000 Euro pro Monat erhalten haben. Die insgesamt 15.000 Euro soll er immer zu Monatsbeginn in einem Kuvert zu Hause erhalten haben.

Bei einer dieser Übergaben soll der damalige Abteilungsleiter Druck gemacht haben, weil angeblich sein Stellvertreter nun auch Geld haben wollte. Die 15.000 Euro reichten bald nicht mehr. 1000 Euro pro Monat soll der städtische Mitarbeiter mehr verlangt haben. Im Gegenzug wurde der Verpflegungsvertrag geändert. Für jedes Essen musste die Behörde einen Euro mehr bezahlen.

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Als im August 2016 die Flüchtlingswelle abriss und somit die Sicherheitsleistungen und der Catering-Service auszulaufen drohten, wollten die Beteiligten offenbar weiter abkassieren. In den Verträgen waren zunächst Kündigungsfristen von 15 Tagen vereinbart.

Diese Fristen sollen die Beteiligten kurzerhand auf drei Monate geändert haben, wodurch den Behörden Mehrkosten von 320.000 Euro entstanden sein sollen. 13 Verhandlungstage sind angesetzt. Ende Mai wird mit einem Urteil gerechnet.

Zu den Hintergründen: Frechener Rathaus mehrfach durchsucht

Im Rahmen der Ermittlungen gegen die Hürther Sicherheitsfirma wegen Steuerhinterziehung in anderen Fällen stießen die Ermittler auf den Fall in der Frechener Stadtverwaltung. Mehrere Durchsuchungen von Büros im Rathaus und in Privatwohnungen der Angeklagten folgten. Nachdem sich der Verdacht gegen die drei Angeklagten erhärtet hatte, wurden sie festgenommen, kamen aber nach kurzer Zeit wieder auf freien Fuß, weil keine Fluchtgefahr bestand.

Unabhängig von dem nun beginnenden Prozess hatte die Frechener Stadtverwaltung 2019 ein Gutachten bei einer Düsseldorfer Anwaltskanzlei in Auftrag gegeben. Die Juristen sollten die Abläufe in der Verwaltung überprüfen und untersuchen, ob es Verdachtsmomente für weitere Bestechungsfälle gibt. Bürgermeisterin Susanne Stupp (CDU) war erleichtert, als sie im Juni vergangenen Jahres das Ergebnis verkünden konnte: „Über die bereits bekannten Fälle hinaus gibt es kein strafrechtlich relevantes Verhalten der Mitarbeiter“, sagte die Verwaltungschefin damals.

Gutachten kostet die Stadt Frechen 670.000 Euro

Die Gutachter hatten 67 Aktenordner und 25.000 digitale Datensätze ausgewertet. Sie fanden keine Anhaltspunkte für weitere Straftaten. Wie es hieß, seien die Untersuchungen eng mit der Staatsanwalt abgestimmt worden, die ebenfalls keinen Anlass für weitere Ermittlungen gesehen habe.

Dennoch ließ das Gutachten aufhorchen. Wegen der Kosten, die sich nach zwei Jahren auf fast 670.000 Euro summiert hatten. Und wegen den Handlungsempfehlungen der Juristen. Sie mahnten unter anderem die konsequente Einhaltung des Vier-Augen-Prinzips an, auch bei Kleinigkeiten. Zudem seien Vergabevorschriften teils nicht eingehalten worden. Über manche Vorgänge habe es keine schriftlichen, sondern nur mündliche Vereinbarungen gegeben. (rtz)