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VortragBraumeister schenkten in Hürth beim Biertasting auch nach kölscher Brauart aus

Lesezeit 3 Minuten
Frauen und Männer sitzen an einem Tisch, Anlass ist ein Biertasting.

Ulrich Klugius schenkt hier zum Biertasting ein: ein Pröbchen Pils aus der Bierbrauerei Coltro.

Stadtarchivar Michael Cöln gab lehrreiche und amüsante Geschichten zum Thema Bierbrauen und Konsum zum Besten.

Braumeister Christoph Coltro, Ulrich Klugius und Herbert Hand, der Vorsitzende des Hürther Vereins zur Quartier-Erhaltung Stotzheim Sielsdorf, schenkten aus im Saal des Kulturgasthauses „Op d'r Eck“. Was in den Bierstangen schäumte, waren würziges Pils, fruchtiges englisches Pale Ale mit Hopfen aus bevorzugt warmen Anbaugebieten sowie der „Stotzheimer und Sielsdorfer Kulturschluck“, ein Wieß der Coltro Brauerei nach kölscher Brauart.

Im Kulturgasthaus ging es einmal nicht um Musik, Tanzen oder Yoga, sondern um Bierkultur. Für einen abendfüllenden Vortrag zum Thema „Bierbrauen und Konsum“ in Hürth hatte Stadtarchivar Michael Cöln tief in seine Bestände gegriffen und einiges an lehrreicher Geschichte und unterhaltsamen Geschichten zutage gebracht.

Wirt schenkte alle zwei Wochen 1100 Liter Bier aus

Die erste schriftliche Erwähnung der Bierbraukunst fand er in einer Inventarliste der Burg Kendenich aus dem Jahr 1577. Etwa zu jener Zeit hatten sich auch Ferngaststätten etabliert, Haltepunkte für Reisende in Kutschen, die nicht selten auch als Zollhäuser fungierten. „Oftmals der einzig beleuchtete Ort in einer ansonsten dunklen Welt“, sagte Cöln.

Auch in Hermülheim habe es einen solch lichten Ort im Dunkel der Nacht gegeben, ein Gasthaus namens „Zur Krone“, wo Wirt Cornelius Breuer ausschenkte, nämlich 1100 Liter Bier monatlich, im Sommer die gleiche Menge im Zweiwochenrhythmus, und das bei damals 110 Einwohnern. Die erste gewerbliche Hürther Brauerei führte Cöln 1848, die Brauerei Firmenich.

Eisenbahn sollte Gasthäuser verbinden

Gründer Theo Firmenich sei ein geschäftstüchtiger Mensch gewesen. In einer Zeit, als die Kölner Stadtbevölkerung auf Landpartie in die Wälder des Villerückens fuhr – ungeachtet späterer Chemiewerke habe Knapsack dazugezählt – hatte Theo Firmenich die Idee, eine Eisenbahn zu bauen, die die Gasthäuser in Hermülheim mit Knapsack verbinden sollte. Doch die Bahn sei leider nie gebaut worden, bedauerte der Archivar.

Gasthäuser wie die „Talmühle“, der „Victoria-Saal“ in Berrendorf oder „Zur Alten Post“ in Hermülheim seien mit der beginnenden Braunkohleindustrie wie Pilze aus dem Boden geschossen. Dort wurden nicht nur die Städter bedient, sondern auch die Hauer, Stemmer oder Heizer. Im Schichtrhythmus hätten die Arbeiter dort Bier trinken können.

Arzt gab Patientin skurrile Ratschläge

Über bloße Gaststätten sei deren Funktion mit ihren großen Sälen als Brennpunkt sozialen Lebens als Versammlungsorte oder Wahllokale hinausgegangen, führte der Stadtarchivar aus. In einer hinteren Ecke des Saals „Zur Alten Post“ habe der Arzt und Sanitätsrat in der Bürgermeisterei Hürth Arnold Kürten arme Menschen behandelt.

Michael Cöln schilderte anschaulich den Humor des Mannes, dessen Denkmal ihn im Gehrock mit Melone heute in einer Alt-Hürther Grünanlage zeigt. Eine Frau mit Kopfschmerzen habe Kürten versichert, sie befinde sich schon bei einem anderen in Behandlung. Der habe ihr geraten, Sauerkraut zur Linderung auf die schmerzhafte Hälfte zu legen.

Kürten soll ihr geraten haben, sie solle sich zur besseren Heilung noch „ein Hämmchen“ auf die andere Seite legen. Der Arzt selbst sei ein Freund von zwei Glas Bier am Abend gewesen. Heute gebe es zwei Brauereien in Hürth, die Coltro Brauerei neben dem AOK-Gebäude und die Bischoff Brauerei.

Wenn auch die Stadt Brühl die Privatbrauerei für sich beanspruche, eigentlich liege deren Gebäude, der Weilerhof, aber noch auf Hürther Stadtgebiet, so der Archivar. Das Vereinsbier der Kulturkneipe „Stotzheimer und Sielsdorfer Kulturschluck“ aus dem Hause Coltro ist übrigens richtig lecker und kostet 2,50 Euro das Fläschchen.

Eine Spende für die rührigen Vereinsmitglieder, die die Gaststätte „Op d'r Eck“ am Leben erhalten, sei im etwas teureren Verkaufspreis enthalten, sagte Herbert Hand.