Laut Lärmmessung kann der Schallschutz am geplanten Standort für die Wohncontainer nicht eingehalten werden.
WohncontainerHürth setzt Flüchtlinge Verkehrslärm an Straße zum Chemiepark aus
Auf der einen Seite donnern Sattelschlepper auf dem Weg vom oder zum Chemiepark Knapsack vorbei, auf der anderen liegt eine Bundesstraße mit viel Verkehr: Ausgerechnet auf das brachliegende Dreiecksgrundstück zwischen Luxemburger Straße (B 265) und Industriestraße will die Stadt Hürth einen Wohncontainer für bis zu 22 Geflüchtete verlegen.
Eine Lärmmessung hat bereits ergeben, dass die Containeranlage dort die Anforderungen an den Schallschutz nicht erfüllen wird. Dennoch hält die Verwaltung an dem Standort fest.
Wohncontainer müssen für geplanten Bewegungspark in Hürth Platz machen
Drei Wohncontainer zur Unterbringung von Geflüchteten stehen bislang auf einem ehemaligen Sportplatz an der Theresienhöhe. Doch die Fläche soll geräumt werden, weil sie für den geplanten Fitness- und Bewegungspark am Stadion in Alt-Hürth gebraucht wird.
Bereits im September musste das „Gewandhaus“ den Standort freimachen. Die Stadt finanzierte den Umzug der Containeranlage, in der das Sozialkaufhaus untergebracht war, an die Winterstraße ins Gewerbegebiet Kalscheuren mit 230.000 Euro aus dem Stärkungspakt NRW. Auch die Verlegung der Wohncontainer soll mit Fördermitteln des Landes bezahlt werden, diesmal aus dem „Sondervermögen Ukraine“.
Hürth will fast eine halbe Million Euro für Verlegung der Container ausgeben
Der Umzug geht ins Geld. „Die geschätzten Kosten für die Umsetzung aller drei Wohncontainer belaufen sich auf circa 468.000 Euro“, sagt Stadtbaudirektor Manfred Siry auf Anfrage. Die Verwaltung steht unter Zeitdruck. Siry: „Die Aufträge müssen bis Ende 2023 vergeben worden sein. Dann müssen die Container bis zum 1. April versetzt sein, sonst verfällt die Förderung.“
Schon im Februar hatte der Planungsausschuss beschlossen, eine Containeranlage an den Frielsweg in Stotzheim und eine an die Spijkenisser Straße in Hermülheim zu versetzen. Die dritte Containerunterkunft sollte zunächst auf eine Fläche am Tennisplatz und am Friedhof Auf der Aue in Kendenich verlegt werden.
Doch wegen erwarteter Probleme bei Starkregen und Hochwasser sowie hoher Erschließungskosten ruderte die Verwaltung zurück und schlug stattdessen den Standort an der Industriestraße vor, der noch in der Gemarkung Kendenich liegt – dort gibt es bislang noch keine Wohncontainer. Eine andere städtische Fläche stehe in dem Ortsteil nicht zur Verfügung.
Allerdings sind die Erschließungskosten auch dort hoch. „Auf die Container, die an die Industriestraße versetzt werden soll, entfallen 220.000 Euro“, sagt Stadtbaudirektor Siry. Darin enthalten seien neben Planungs- und Umsetzungskosten die Anschlüsse für Wasser, Abwasser und Strom, die Vorbereitung des Untergrunds und eine Zufahrt.
Standort für Wohncontainer in Hürth-Kendenich wird nur befristet genehmigt
Dazu komme, dass die Flüchtlingsunterkunft wegen der Lärmschutzprobleme nur auf begrenzte Zeit genehmigt werden könne – laut Siry für höchsten drei Jahre. Der Stadtbaudirektor räumt ein, dass der Standort „nicht optimal“ sei: „Niemand ist mit der Lösung glücklich.“ Allerdings handele es sich um eine Abwägung. „Wir haben kein anderes Grundstück in Kendenich.“
Der Planungsausschuss hat dem Standort mit breiter Mehrheit zugestimmt. „Im ersten Moment habe ich auch gedacht, das ist unzumutbar“, gibt Rüdiger Winkler zu, planungspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion. „Aber das ist immer noch besser als ein Bett in einer Turnhalle, wie das in Nachbarkommunen der Fall ist.“ Die Verwaltung habe zugesichert, dass an der Industriestraße keine Geflüchteten mit Bleibeperspektive langfristig untergebracht werden sollten.
Der frühere Hürther Sozialdezernent übt Kritik an der Entscheidung
Hendrik Fuchs, Sprecher der Grünen, erklärt: „Den Standort finden wir nicht ideal.“ Die Container müssten aber umgesetzt werden. Seine Fraktion habe den Angaben der Verwaltung vertraut, wonach es kurzfristig keine andere Lösung gebe.
Michael Kleofasz, SPD-Sprecher im Planungsausschuss, sagt, er halte es für richtig, dass Geflüchtete dezentral über das Stadtgebiet verteilt statt in Sammelunterkünften untergebracht würden. „Wir haben das aus Kendenicher Perspektive gesehen“, so Kleofasz. „Dort gibt es keinen anderen geeigneten Standort.“
Einzig Christian Karaus (FDP/FWH) lehnt den Standort an der Zufahrt zum Chemiepark als „unzumutbar“ ab. Der frühere Sozialdezernent der Stadtverwaltung gibt zu bedenken: „Da ziehen womöglich Familien mit Kindern ein.“ Er verstehe nicht, so der FDP-Mann, warum eine Lärmmessung durchgeführt worden sei, wenn man sich über das Ergebnis hinwegsetze.