Vom Testzentrum zurück ans MischpultHürther Discjockey darf endlich wieder auflegen
Hürth – Wenn Michael Grulich an seinem Mischpult auf der Bühne steht, dann ist er in seinem Element. Als Discjockey gibt er die Rhythmen vor, er bestimmt den Takt, in dem sich die Menschen auf der Tanzfläche vor ihm bewegen. Ohne Worte kommuniziert er mit seinem Publikum und geht auf dessen Wünsche ein – egal, ob er bei einer Geburtstagsparty mit Jugendlichen, beim Hochzeitsfest mit einer altersgemischten Zuschauerschar oder bei einem wilden Clubwochenende auflegt. Die Stimmung in den Sälen lasse Rückschlüsse auf die Charaktere seiner Zuhörer zu, und so könne er entsprechend reagieren, beschreibt Grulich.
Der DJ kennt die allermeisten alten und neuen Hits und die aktuellen Charts aus dem Effeff. „Das gehört zu den Grundvoraussetzungen im Job.“ Mehr als 3000 CDs gehören zu seinem Repertoire. Seine digitale Sammlung, deren Rechte zum Abspielen er gekauft hat, umfasst inzwischen mehr als 80.000 Songtitel. „Von den 1950ern bis ins Jahr 2021 ist alles dabei.“
„Da bekommt man plötzlich sehr große Existenzängste“
Doch dann wird er leise. Denn mit Ausbruch der Pandemie war erst einmal Schluss mit seinem geliebten Beruf. „Von jetzt auf gleich wurden alle Buchungen storniert“, erinnert er sich an den März 2020. „Ich stand von heute auf morgen völlig ohne Einnahmen da. Da bekommt man plötzlich sehr große Existenzängste.“
Monatelang habe er das Gefühl gehabt, als seien er und seine Berufskollegen aus der Veranstaltungstechnik von der Politik vergessen worden. Doch Grulich ist eine Kämpfernatur. Seit einigen Monaten hat er wieder eine feste Arbeit. „Ich arbeite in einem Corona-Testzentrum“, sagt er. Die Bezahlung passe, und die Aufgabe mache ihm Spaß. In einer Schulung sei er vorbereitet worden und habe erfahren, wie die Teststraße funktioniere. „Dabei geht es nur in eine Richtung – niemals zurück“, beschreibt er das Einbahnstraßensystem.
Seine Erfahrungen im Umgang mit Menschen aller Art kämen ihm bei seiner neuen Aufgabe zugute. „Wichtig ist, die Menschen bei der Entnahme der Probe nicht zu verletzten und ihnen die Angst zu nehmen“, sagt er. Er rede mit den Leuten und erkläre genau, was er mache. Immerhin müsse er das Wattestäbchen bis in den Rachenraum durch die Nase des zu testenden Menschen führen. „Nur in Ausnahmefällen nehmen wir auch Proben aus dem Mund.“ Dort sei es wichtig, am Rachenzäpfchen vorbei zu kommen, sonst setze der Würgereflex ein.
Jetzt geht es wieder aufwärts für den Hürther DJ
100-prozentig steht der 43-Jährige hinter den Testungen. „Testen und Impfen ist so wichtig und unser einziger Weg hinaus aus dieser Pandemie, damit wir alle unsere Freiheit zurückbekommen.“ Ein wenig dieser alten Freiheit könne er mit zunehmenden Impffortschritt schon spüren, sagt Grulich.
Denn es geht aufwärts. „Ich wurde in diesem zweiten Corona-Sommer vereinzelt wieder als DJ gebucht“, sagt er und strahlt. Dort arbeiten zu können, wo andere feiern, das sei für ihn schon als Jugendlicher ein Traum gewesen. 14 Jahre war er alt, als er bei einer Party der Jugendfeuerwehr in Hürth eher zufällig mit seinen damals gerade mal fünf CDs als DJ zum Einsatz kam. Mit knapp 16 Jahren durfte er für 30 Minuten einen großen DJ auf der Bühne am Otto-Maigler-See vertreten. „Zurückblickend war das mein Durchbruch.“
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Hauptberuflich absolvierte Grulich zunächst eine Ausbildung zum Zimmermann und arbeitete anschließend als Geselle in seinem Beruf. Erst vor acht Jahren hat er es gewagt, sich mit seinem Hobby selbstständig zu machen.
„Ich konnte damals schon gut von meinen Buchungen leben“, sagt er und hofft, dass es bald wieder so sein wird.