AboAbonnieren

„Von feiern kann keine Rede sein“Hürther Berli-Theater feiert trauriges Jubiläum

Lesezeit 3 Minuten

Die Inneneinrichtung des Berli-Theaters stammt aus den 50er Jahren. Das macht den Charme des Kinos aus.

Hürth – Das ewige Hoffen und Bangen ist kräftezehrend. „Es fehlen Perspektiven, um zuversichtlich zu sein“, sagt André Jansen, der in vierter Generation das Berli, das Berrenrather Lichtspieltheater, als Familienbetrieb führt. Seit einem Jahr gibt es hier in einem der ältesten Filmpaläste Deutschlands kein Bild und keinen Ton mehr.

„Die Kultur, das Kino ist ein Anker der Gesellschaft. Der fehlt“, betont der Hürther. „Wir nehmen diese Pandemie sehr ernst. Wir wissen, wie wichtig Abstand, Kontaktreduzierung, Hygiene und das Maskentragen sind, aber wir Kinobetreiber und Verleiher brauchen eine bundesweite Planungssicherheit.“

Seit einem Jahr muss das Kino seine Türen geschlossen halten.

Und eigentlich sollte dieses Jahr für das Berli ein ganz besonders werden, denn es feiert sein 75-jähriges Bestehen. „Von feiern kann natürlich keine Rede sein“, sagt Jansen. Es bleibe nur der Blick zurück in die Zeiten ohne Pandemie, „in der das Berli nie geschlossen und immer ein Treffpunkt für Jung und Alt über Hürth hinaus war“.

Das Berli-Kino war bisher – und will es wieder sein – ein Treffpunkt für Jung und Alt.

„In 75 gemeinsamen Jahren haben wir viel erlebt, haben im Dunkeln des Kinosaals zusammen gelacht, geweint, gestaunt, geklatscht, geknutscht, Eis und Popcorn gegessen“, schreibt Jansen auf seiner Website. „Wir haben Konzerte und private Feiern veranstaltet, all das und noch viel mehr. Hier an diesem einen Ort gab es eine ganze Packung Leben“, heißt es weiter. „Da kann man schon emotional werden“, findet der 39-Jährige. „Ich habe hier viel Zeit verbracht und schon als Kind meinem Opa oft geholfen.“ Die Idee für das Lichtspielhaus hatte bereits sein Urgroßvater, der 1946 aus einem Tanzsaal ein Kino machte. Dieses Haus stand aber ein paar Kilometer entfernt. An die Wendelinusstraße kam das Berli erst Ende der 50er Jahre, als das Dorf aufgrund des Abbaus der Braunkohle umgesiedelt wurde. Ab Mai 1958 liefen dann die Filme hier über die Leinwand. „Es folgten die Wirtschaftswunderjahre, und auch das Kino boomte bis weit in die 60er hinein“, blickt Jansen zurück. „Dann kam das Fernsehen und mit dem Aufkommen der Multiplex-Kinos nahm die Zahl der Zuschauer ab. Das machte das Dasein nicht leicht, aber mein Opa ließ nie los, er öffnete immer wieder die Türen“, erinnert er sich. „Ende der 90er erlebte das Kino eine Renaissance, besonders durch die Blockbusters, und davon haben wir wieder profitiert.“

Vor 75 Jahren öffnete das Berli-Theater erstmals seine Türen.

Die blaue Wandbespannung, die Holzverkleidung, einige Lampen und die Notbeleuchtung erinnern an das Jahr 1958, was das besondere Ambiente des Kinos ausmacht. „Natürlich haben wir restauriert, aber die meisten Sachen sind noch original“, berichtet der Inhaber. „Aus dem früheren Kartenhäuschen ist ein Schaukasten geworden, kassiert wird jetzt alles an der Theke“, erzählt Jansen weiter. „Das Bild ist natürlich inzwischen digital und man sitzt bequemer.“

Das könnte Sie auch interessieren:

Das Haus ist nicht nur für die Hürther eine Institution. „Die Leuten kommen gern hierher, weil es gemütlich und überschaubar ist, weil sie hier einen netten Abend verleben können. Viele tauschen sich hinterher auch bei einem Glas Wein aus, denn zum Kino gehört eine Weinstube“, sagt Jansen. „Auch wenn heute Streaminganbieter eine Konkurrenz darstellen, gibt es hier eine gute Stammkundschaft. Was wir aber jetzt alle brauchen, sind vor allem politische Impulse, die Hoffnungen geben können.“