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Hürther VergiftungsfälleIst die Polizei einem Serienmörder auf der Spur?

Lesezeit 4 Minuten
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Das Haus wurde von der Polizei beschlagnahmt und versiegelt.

  1. Im Fall der Giftanschläge von Hürth ist die Polizei offenbar auf der Suche nach weiteren Mordfällen.
  2. Verdächtigt wird der Hygieniker Manuel H., seine schwangere Freundin kämpft um ihr Leben.
  3. Von der Gifthexe vom Niederrhein bis zum mordenden Krankenpfleger Niels Högel sind zahlreiche Giftmörder bekannt.

Hürth – Die Giftanschläge von Hürth stehen derzeit ganz oben auf der Prioritätenliste des zuständigen Kölner Kommissariats für Todesermittlungen. Die eingesetzte Mordkommission wurde personell hochgefahren. Wie der „Kölner Stadt-Anzeiger“ erfuhr, gehen die Strafverfolger der Frage nach, ob der inzwischen inhaftierte Hygieniker Manuel H. weitere Giftmorde mit dem Schwermetall Thallium verübt haben könnte. Offenbar besteht der Verdacht, dass man einem Serienmörder auf die Spur gekommen ist.

Hierzu werten die Ermittler beschlagnahmte Datenträger, PCs und Handys aus, überprüfen Internetrecherchen des Verdächtigen. Außerdem wird ermittelt, zu welchen, bereits verstorbenen Personen, er Kontakt gehabt hat. Manuel H.s komplettes Umfeld wird durchleuchtet. Bisher, so hieß es, habe es keine Hinweise auf weitere Fälle gegeben.

36 Jahre alte Lehrerin kämpft um ihr Leben

Der 41 Jahre alte Gesundheitskontrolleur einer Pflegestiftung steht im Verdacht, vor gut einem Jahr seine Ehefrau und die Großmutter seiner jetzigen Freundin mit Thallium tödlich vergiftet zu haben. Die Mordfälle gerieten erst Ende November 2021 ans Tageslicht, nachdem der Tatverdächtige versucht haben soll, seine schwangere Partnerin mit dem hochtoxischen Schwermetall zu ermorden. Die 36-jährige Lehrerin kämpft derzeit in einer Klinik um ihr Leben. Ob ihr Fötus das Attentat überstehen wird, bleibt ungewiss.

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Nachdem die Ermittler Thallium im Haus des Beschuldigten gefunden hatten, durchforsten die Beamten nun seine Finanztransaktionen. Das hochtoxische Thallium Sulfat darf zwar nicht mehr als Rattengift verwendet werden, allerdings ist die Substanz problemlos in Online-Shops erhältlich. Nun suchen die Kriminalbeamten nach Abbuchungen und Belegen, die den Kauf des Schwermetalls dokumentieren.

Schon 0,8 Gramm Thallium sind tödlich

Thallium findet sich im Periodensystem nahe bei Polonium. Weil das silber-weiße Metallpulver geruch- und geschmacklos ist, lässt es sich unbemerkt in Nahrung mischen. 0,8 Gramm davon genügen, um einen Menschen zu töten. Eine Thallium-Vergiftung ist tückisch, weil entsprechende Symptome erst nach 13 Tagen auftreten: Die Haare fallen aus, Nieren und Leber versagen. Nerven-Störungen können zum Tod führen.

Die Beamten analysieren akribisch die Lebensverhältnisse des mutmaßlichen Doppelmörders. Hatte er Schulden? Ist hier nach einem Motiv zu suchen? Schließlich hatte der Tatverdächtige nach dem Tod der Großmutter mit seiner Freundin deren Haus in Hürth bezogen. Vor einigen Wochen soll er dann seine schwangere Lebensgefährtin auf dieselbe Weise vergiftet haben wie zuvor die anderen beiden Opfer.

Tatverdächtiger will sich schweigend verteidigen

Nach seiner Festnahme hatten die Todesermittler H. sechseinhalb Stunden verhört und mit der Videokamera aufgezeichnet. Immer wieder hatte der Beschuldigte die Vorwürfe abgestritten. Als die Beamten ihn allerdings mit dem Thallium-Fund konfrontierten, verlangte er nach einem Anwalt. Fortan sagte er kein Wort mehr. „Mein Mandant wird sich auch weiterhin schweigend verteidigen“, bekundete sein Strafverteidiger Martin Bücher gegenüber dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Erst nach Akteneinsicht werde man über den weiteren Verfahrensgang entscheiden.

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Statistisch gesehen greifen Frauen bei Tötungsabsichten häufiger zu Gift als Männer. Meist töten sie aus finanziellen Interessen. Irmgard Swinka war die letzte Mörderin, die 1949 in Köln die Todesstrafe erhielt. Die Serviererin brachte binnen zwölf Monaten fünf Männer mit einem toxischen Getränkemix oder vergifteten Zigaretten um. Anschließend raffte sie Schmuck, Geld und Lebensmittelkarten ihrer Opfer zusammen. Am Tag nach ihrer Verurteilung wurde mit der Republikgründung die Todesstrafe in Deutschland abgeschafft. Und so verbüßte die Giftmischerin eine lebenslange Haftstrafe.

Gifthexe vom Niederrhein

Die Kriegswitwe Maria Velten, genannt die „Gifthexe vom Niederrhein“, mischte bevorzugt das Pflanzenschutzmittel E605 in ihren Blaubeerpudding, um zwischen 1963 und 1982 fünf Angehörige und Ehemänner ins Jenseits zu befördern. Das Geld aus dem jeweiligen Erbe ließ sie ihren Kindern und Enkeln zukommen.

Kaum ein Schuldspruch sorgte für mehr Schlagzeilen als jener über die Altenpflegerin Marianne Nölle durch das Kölner Schwurgericht im Jahr 1993. Laut der Strafkammer hatte sie zwischen 1986 und 1991 sechs Patienten aus Habgier mit einer Überdosis des Beruhigungsmittels Truxal vergiftet. Bei ihr zu Hause fanden sich Schmuckstücke der Opfer, die sie offenbar gestohlen hatte.

Doch auch Männer benutzen Gift als Mordwaffe: So sollen etliche russische Dissidenten wie Alexej Nawalny oder der russisch-britische Doppelagent Sergej Skripal solchen Attentaten zum Opfer gefallen sein. Beide Male führte die Spur nach Moskau in den Kreml.

Krankenpfleger spritzte mehr als 85 Patienten in den Tod

Ein monströses Verbrechen verübte Niels Högel. Mehr als 85 Patienten injizierte der Krankenpfleger einen tödlich wirkenden Arzneicocktail. In den Jahren 2000 bis 2005 spritzte Högel in den Kliniken Oldenburg und Delmenhorst Männer und Frauen im Alter 34 und 96 mit Medikamenten zu Tode. Nach den Injektionen versuchte Högel die Opfer wiederzubeleben, was oft misslang. Sein Motiv: Langeweile und Selbstsucht. 2019 wurde der Serien-Mörder zu lebenslanger Haft verurteilt.

Im kommenden Februar müssen sich seine Vorgesetzten aus den Kliniken vor Gericht wegen Tötung durch Unterlassung verantworten, weil sie frühen Hinweisen auf die Mordserie nicht nachgegangen waren.